Industrie kämpft mit Kompetenzlücken bei GenAI
Generative KI verspricht Revolution – doch in der Industrie bremst fehlendes Know-how die Umsetzung aus. Neue Zahlen zeigen: Die Realität ist komplex.
Warum scheitert GenAI in der Industrie an Know-how? Eine neue Umfrage zeigt, woran der Rollout in der Fertigung tatsächlich hakt.
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Kurz vor Beginn der Messe SPS zeigen neue, vom Softwareunternehmen ABBYY in Auftrag gegebene Forschungsergebnisse große Herausforderungen bei der Einführung generativer KI (GenAI) in der Fertigung. Viele Unternehmen setzen andere KI-Technologien ein, um Ergebnisse zu verbessern.
Die Umfrage zeigt: 34 Prozent der Führungskräfte in der Fertigung sehen Kompetenzlücken bei ihren Mitarbeitenden. Ihnen fehlen Fähigkeiten, um GenAI einzusetzen. 31 Prozent fanden das Trainieren der Modelle schwieriger als erwartet. 30 Prozent hatten Schwierigkeiten bei der Integration in bestehende Geschäftsprozesse. Mehr als ein Fünftel (21 Prozent) hatte keine KI-Richtlinie oder -Governance. Führungskräfte beklagten außerdem, dass Mitarbeitende die Tools missbrauchen (23 Prozent).
Als Reaktion darauf begegnen viele Unternehmensverantwortliche diesen Herausforderungen durch den Einsatz anderer Technologien. Das geht aus dem ABBYY State of Intelligent Automation Report 2025: GenAI Confessions hervor. 40 Prozent setzen auf KI-Agenten zur Verbesserung der Ergebnisse, 34 Prozent auf Process Intelligence und 25 Prozent auf RAG. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) investierte auch in Schulungen für Mitarbeitende.
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Prozesse vor Investitionen in GenAI evaluieren
Durch den Einsatz dieser Technologien waren letztlich 98 Prozent der Befragten aus dem Fertigungsbereich mit ihren GenAI-Tools zufrieden. Infolgedessen stellten 57 Prozent eine Verbesserung der Qualität und Konsistenz der Ergebnisse fest. 41 Prozent erzielten Kosteneinsparungen, 43 Prozent beobachteten genauere und verlässlichere Resultate und 44 Prozent sahen eine bessere Integration in bestehende Systeme.
Trotz dieses Optimismus erwarten die Befragten nur einen moderaten Budgetanstieg. Das durchschnittliche GenAI-Budget soll im Jahr 2026 um lediglich 18 Prozent steigen. Im Finanzsektor liegt der erwartete Zuwachs bei 24 Prozent, in Transport und Logistik bei 22 Prozent.
„Unternehmen geben Geld für GenAI-Tools aus, die mehr versprechen, als sie liefern können. In manchen Fällen benötigen sie sie nicht einmal“, sagte Maxime Vermeir, Senior Director of AI Strategy bei ABBYY. „Bevor Unternehmen GenAI-Tools oder agentenbasierte KI nutzen, sollten sie ihre aktuellen Prozesse evaluieren. Mithilfe von Datenanalysetools wie Process Intelligence lässt sich eine Übersicht über die Arbeitsabläufe erstellen.“
Vermeir fuhr fort: „Wenn sich das Trainieren von Modellen als schwieriger als erwartet erweist, stellt sich vortrainierte, zweckgebundene KI als die richtige Lösung heraus. Ein Beispiel ist eine globale Fast-Food-Kette, die wir unterstützt haben. Dort konnte die Extraktion von Daten aus Tausenden von Mietverträgen um 82 Prozent verbessert werden. Dafür wurde Document AI eingesetzt, um die GenAI-Ergebnisse gezielt zu optimieren.“
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Nicht autorisierte GenAI-Nutzung kann Unternehmen gefährden
Die Umfrage zeigte auch: 45 Prozent der Führungskräfte in der Fertigung berichteten, dass Mitarbeitende GenAI bereits eigenständig nutzten. Sie setzten die Technologie über Bring-Your-Own-Software (BYOS) für ihre persönliche Produktivität ein. Das wirft Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Schatten-IT auf.
Allgemein sagten Führungskräfte, dass Mitarbeitende GenAI gegenüber optimistisch eingestellt sind (92 Prozent). Die Hälfte (50 Prozent) sagte, die Technologie lasse Mitarbeitende „intelligenter und professioneller“ erscheinen. 58 Prozent gaben an, sie verbessere die Zusammenarbeit, und 57 Prozent meinten, sie fördere Kreativität und Innovation.
Ulf Persson, CEO von ABBYY, kommentierte: „GenAI schafft bemerkenswerte Möglichkeiten, die Arbeitsweise neu zu denken, was verständlicherweise große Begeisterung auslöst. Allerdings wirft Schatten-IT potenziell ernsthafte Fragen hinsichtlich Datenschutz und Compliance auf." Das betreffe vor allem Fälle, in denen Einzelpersonen frei verfügbare Tools wie ChatGPT, Grok oder Perplexity ohne Aufsicht am Arbeitsplatz verwenden. Der unternehmerische Nutzen des Potenzials von GenAI werde erst dann wirklich freigesetzt, wenn Führungskräfte eine sichere und strategische Einführung vorantreiben. Entscheidend sei dabei ein klarer Fokus auf Risikomanagement.
Quelle: ABBYY
FAQ zur ABBYY-Umfrage zu GenAI in der Industrie
1. Welche Herausforderungen sehen Industrieunternehmen beim Einsatz von GenAI?
Die größten Hürden liegen in fehlenden Kompetenzen (34 %), Schwierigkeiten beim Trainieren der Modelle (31 %) und Problemen bei der Integration in bestehende Prozesse (30 %). Zudem fehlt in 21 % der Unternehmen eine KI-Governance.
2. Wie reagieren Unternehmen auf die Schwierigkeiten mit GenAI?
Viele setzen alternativ auf andere Technologien: 40 % nutzen KI-Agenten, 34 % Process Intelligence und 25 % RAG (Retrieval-Augmented Generation). Über die Hälfte der Befragten (53 %) investiert zudem in Mitarbeiterschulungen.
3. Welche positiven Effekte konnten durch GenAI trotzdem erzielt werden?
98 % der Befragten im Fertigungsbereich zeigen sich mit GenAI-Tools zufrieden. Genannt werden bessere Qualität und Konsistenz (57 %), Kosteneinsparungen (41 %), genauere Ergebnisse (43 %) und bessere Systemintegration (44 %).
4. Welche Risiken entstehen durch unkontrollierte Nutzung von GenAI?
45 % der Führungskräfte berichten, dass Mitarbeitende GenAI eigenständig via Bring-Your-Own-Software (BYOS) nutzen. Dies birgt erhebliche Risiken im Bereich Schatten-IT, Datenschutz und Compliance.
5. Welche Empfehlung gibt ABBYY zur Einführung von GenAI in der Industrie?
ABBYY rät, vor der Einführung von GenAI zunächst bestehende Prozesse zu analysieren – etwa mit Tools wie Process Intelligence. Zudem sollten Unternehmen auf zweckgebundene, vortrainierte KI setzen, um Trainingshürden zu vermeiden.