Eine F-35 der US-Streitkräfte. Rheinmetall will künftig Rumpfmittelteile des Kampfjets in Weeze fertigen.

Eine F-35 der US-Streitkräfte. Rheinmetall will künftig Rumpfmittelteile des Kampfjets in Weeze fertigen. (Bild: Lockheed Martin)

Der Panzer- und Artilleriehersteller Rheinmetall übernimmt künftig den Bau eines zentralen Teils des Tarnkappenjets F-35, der zum Transport von Atombomben eingesetzt werden kann und damit Teil der nuklearen Abschreckung ist. Mit einem symbolischen ersten Spatenstich gab das Unternehmen am Dienstag, 1. August 2023, das Startsignal für den Bau einer 200 Millionen Euro teuren Fabrik im nordrhein-westfälischen Weeze, die Anfang 2025 in Betrieb gehen soll. „Wir schaffen einen neuen Nukleus der Luft- und Raumfahrttechnologie in Nordrhein-Westfalen“, sagte Firmenchef Armin Papperger.

Bis zu 450 Arbeitsplätze sollen entstehen, um Rumpfmittelteile zu fertigen. Die Oberfläche des Jets ist so gestaltet, dass sie Radarstrahlen absorbiert - das Flugzeug ist für das Radar praktisch unsichtbar. Das Rumpfmittelteil sei das „Herzstück“ des modernsten Kampfflugzeuges der Welt, sagte Luftwaffenchef Ingo Gerhartz bei der Veranstaltung auf einer Wiese neben dem Regionalflughafen Weeze unweit der niederländischen Grenze. Es sei bemerkenswert, dass eine entscheidende Komponente in Deutschland gefertigt werde.

Auch Hans Christoph Atzpodien vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) bewertete die Investition positiv. „Die Beteiligung von Rheinmetall an diesem Prestigeprojekt ist eine gute Nachricht für Deutschland“. Allerdings sei der deutsche Wertschöpfungsanteil an dem Milliardenprojekt eher gering.

Die Komponenten des Hightech-Flugzeugs werden in verschiedenen Ländern gefertigt, das Heck beispielsweise in Italien. Außerdem spielen die USA eine große Rolle - dort sitzen Lockheed Martin als Generalunternehmer für die F-35 und der Hersteller Northrop Grumman. Die Endmontage wiederum findet in den USA, Italien und Japan statt. Während bei den einzelnen Komponenten schon lange auf mehrere Zulieferer gesetzt wird, kamen die besagten Rumpfmittelteile bisher ausschließlich von Northrop Grumman. Das ändert sich nun, denn Rheinmetall, bisher eher schwach in der Luftfahrttechnik vertreten, kommt als zweiter Hersteller mit an Bord.

Erste Fabrik mit Auftrag aus dem Sondervermögen der Bundeswehr

Es ist das erste Mal, dass eine neue Fabrik mit einem Auftrag aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen des Bundes gebaut wird - diese Finanzspritze hatte die Bundesregierung nach Beginn des Ukraine-Krieges angekündigt, um die jahrzehntelang klamme Bundeswehr auf Vordermann zu bringen. Doch die Bestellungen ließen lange auf sich warten, in der Rüstungsindustrie wuchs die Ungeduld. Ende vergangenen Jahres gab das Bundesverteidigungsministerium bekannt, dass aus dem Topf 35 Tarnkappenbomber für 8,3 Milliarden Euro bestellt werden sollen. Airbus war als Baupartner im Gespräch, winkte aber wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit ab. Daraufhin erhielt Rheinmetall den Zuschlag.

Wie viel Geld Rheinmetall aus dem Bundesauftrag erhält, ist unklar - der Löwenanteil dürfte an die US-Konzerne Lockheed Martin und Northrop Grumman gehen. Es geht aber keineswegs nur um den deutschen Auftrag, sondern insgesamt um mindestens 400 F-35 - auch andere Nato-Staaten wie Finnland erhalten Maschinen.

Das ist die F-35

Eine F-35 der japanischen Streitkräfte,
(Bild: Lockheed Martin)

Die F-35, auch bekannt als Lockheed Martin F-35 Lightning II, ist ein Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug der fünften Generation. Sie wurde entwickelt, um ältere Modelle wie die F-16 zu ersetzen und existiert in drei Grundvarianten: F-35A (konventionell startend und landend), F-35B (senkrecht startend und landend) und F-35C (Flugzeugträgerversion).

Technische Daten der F-35:

  • Die F-35A wird von einem einzelnen Mantelstromtriebwerk (Pratt & Whitney F-135-100) angetrieben, das einen maximalen Schub von ca. 128.000 Newton ohne Nachbrenner und ca. 191.000 Newton mit Nachbrenner erzeugt.
  • Höchstgeschwindigkeit: Mach 1,6
  • Belastbarkeit: 9g
  • Tarnkappen-Eigenschaften: Die F-35 verfügt über ausgeprägte Tarnkappeneigenschaften, die sie für Radaranlagen weniger sichtbar machen.
  • Bewaffnung: Die F-35 kann eine Vielzahl von gelenkten und ungelenkten Raketen, Marschflugkörpern, Bomben und sogar freifallende Nuklearwaffen tragen. Dazu kommt eine (je nach Modell interne oder externe) Bordkanone
  • Reichweite: Je nach Version bis zu 2.000 Kilometer
  • Länge: 15,70 Meter.
  • Spannweite: 10,70 Meter.
  • Nutzlast: 8.160 Kilogramm

Die Produktion ist langfristig angelegt, wie auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst betonte. „Hier entsteht ein hochmodernes Werk, das über Jahrzehnte gute Arbeitsplätze sichert." Pro Jahr sollen bis zu 30 Rumpfmittelteile gefertigt werden, im Umfeld des Standorts rechnet Rheinmetall mit weiteren 1.500 Arbeitsplätzen bei Zulieferern. „Das ist ein starkes industriepolitisches Signal und großartig für die Region“, sagte Wüst. Mehrere Bundesländer hatten sich um den Standort beworben, darunter Sachsen und Brandenburg, am Ende setzte sich Nordrhein-Westfalen durch.

Kommt das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen allmählich ins Rollen?

In der Rüstungsindustrie macht sich Unmut darüber breit, dass auch fast eineinhalb Jahre nach der Ankündigung des Fonds noch viel Unklarheit herrscht. Unternehmensvertreter verweisen auf Inflation und steigende Zinsen, die den realen Wert des Sonderfonds bereits geschmälert hätten.

Der oberste Beschaffer der Bundeswehr, Vizeadmiral Carsten Stawitzki, verwies auf Fortschritte bei der Verwendung des Milliardentopfes. Mehr als 30 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen seien bereits vertraglich gebunden, Ende des Jahres sollen es gut zwei Drittel sein. Viele neue Fabriken werden aber wohl nicht entstehen: Teilweise wickelten die Unternehmen die Aufträge mit ihrer bestehenden Infrastruktur ab, etwa indem sie von Ein- auf Zweischichtbetrieb umstellen, sagte Stawitzki in Weeze. „So kann man auch Produktionskapazitäten erhöhen.“

Es gebe aber auch andere Beispiele, wo vor dem Hintergrund der 100 Milliarden Euro neue Produktionskapazitäten aufgebaut würden, sagte der Vizeadmiral. So hätten Nato-Staaten, darunter Deutschland, mehr als 800 Lenkflugkörper für das Flugabwehrsystem Patriot bestellt, woraufhin der US-Konzern Raytheon gemeinsam mit dem europäischen Rüstungshersteller MBDA eine zusätzliche Produktionslinie im bayerischen Schrobenhausen aufbaue. Der deutsche Anteil an dem Auftrag werde aus dem Sondervermögen bezahlt, sagte Stawitzki.

Mit Material von dpa bearbeitet von Stefan Weinzierl

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