Das FCAS wurde als integriertes Kampfsystem entworfen, das nicht nur ein einzelnes Flugzeug, sondern auch eine Vielzahl von Plattformen und Technologien umfasst, um eine überlegene Luftkampffähigkeit zu garantieren.

Das FCAS wurde als integriertes Kampfsystem entworfen, das nicht nur ein einzelnes Flugzeug, sondern auch eine Vielzahl von Plattformen und Technologien umfasst, um eine überlegene Luftkampffähigkeit zu garantieren. (Bild: Airbus)

Im Rahmen des europäischen Future Combat Air System (FCAS) sind geplant, bemannte Kampfjets der nächsten Generation zusammen mit unbemannten Systemen unterschiedlicher Größe einzusetzen.

Diese werden miteinander verbunden und bilden einen Systemverbund auf Basis offener Architekturen, der die Integration bestehender Plattformen wie A400M oder A330 MRTT ermöglicht. Die zentrale Komponente dieses komplexen Systems wird die Air Combat Cloud sein, die kooperative Kampffähigkeiten zwischen den Plattformen ermöglicht.

Aber was genau ist die Air Combat Cloud? Ignacio Rosell ist FCAS Combat Cloud Product Solution Lead bei Airbus. Ihm wird diese Frage oft gestellt.

„Schauen wir uns das Apple-Ökosystem an: Wir haben das Apple-iOS-Betriebssystem, das die Integration von Anwendungen verschiedener Anbieter ermöglicht. All dies wird durch eine Kommunikationsinfrastruktur wie 5G, Bluetooth oder Wi-Fi unterstützt. Wenn wir diese Analogie auf FCAS anwenden, entwickeln wir einen wichtigen Teil des ‘Internets der militärischen Dinge.’”

„Unser Äquivalent zum Mobiltelefon kann ein Kampfflugzeug, ein unbemanntes Luftfahrzeug (UAV), ein Kriegsschiff, ein Satellit oder sogar ein Soldat am Boden sein, die jeweils unterschiedliche Funktionen integrieren. Unsere Air Combat Cloud verfügt über die klassischen Kernkomponenten – eine Kommunikationsinfrastruktur, ein Betriebssystem und unterschiedliche Anwendungen -, die eine Kollaboration ermöglichen."

Was ist das Future Combat Air System (FCAS)?

Das FCAS (Future Combat Air System) ist ein europäisches Rüstungsprojekt zur Entwicklung eines neuen Kampfflugzeugsystems, das ab etwa 2040 die heutigen Kampfflugzeuge wie den Eurofighter Typhoon und die Dassault Rafale ablösen soll. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von Deutschland, Frankreich und Spanien.

Ziel des FCAS ist ein vernetztes System von Systemen, das verschiedene Komponenten umfasst: Einen Next-Generation Fighter (NGF), unbemannte Flugsysteme (Remote Carrier, Drohnen), die mit dem bemannten Kampfflugzeug zusammenarbeiten, sowie ein umfassendes System für Datenaustausch und KI-gestützte Analyse. Damit soll die Effektivität und Flexibilität moderner Luftkriegsführung erhöht werden.

Das FCAS ist nicht nur als einzelnes Flugzeug konzipiert, sondern als integriertes Kampfsystem, das eine Vielzahl von Plattformen und Technologien umfasst, um eine überlegene Luftkampffähigkeit zu bieten. Dazu gehören auch fortschrittliche Technologien in den Bereichen Tarnkappentechnologie, Sensorfusion und künstliche Intelligenz.

Europa an der Spitze der Militär-Technologie

FCAS ist eines der wichtigsten europäischen Verteidigungsprogramme der nächsten Jahrzehnte, so Airbus. Es wurde von Frankreich, Deutschland und Spanien mit Airbus, Dassault Aviation und Indra als nationale industrielle Koordinatoren initiiert. Vor dem Hintergrund zunehmender globaler Instabilität geht es laut dem europäischen Luftfahrt-Unternehmen bei diesem Projekt um nichts Geringeres als die Entwicklung eines Luftverteidigungssystems, das Europa schützt und gleichzeitig seine strategische Autonomie und technologische Souveränität stärkt.

Lernende Technologien für den Luftkampf

Airbus leitet die Combat Cloud-Säule mit Thales und Indra als Hauptpartnern. Die Combat Cloud ist einer von sieben Entwicklungsbereichen der FCAS-Technologie, die bei Airbus von Marc Paskowski geleitet wird.

Die Air Combat Cloud wird ein gemeinsames Situationsbewusstsein schaffen, indem sie riesige Datenmengen von allen angeschlossenen bemannten und unbemannten Plattformen erfasst, zusammenführt, verarbeitet und gemeinsam nutzt. Durch den Einsatz lernender Technologien werden diese Daten dann in verwertbare Informationen umgewandelt. „Die Idee hinter der Air Combat Cloud ist, dass alle Elemente ständig miteinander interagieren müssen, um ein zusammenhängendes System zu bilden, das auch als ein einziges System agiert“, sagt Paskowski.

„Unser ‚Betriebssystem‘ muss offen sein, um sowohl Standard- als auch maßgeschneiderte Anwendungen bedienen zu können. Das können unter anderem bemannte und unbemannte Plattformen sein, ganz egal, ob sie von Airbus oder anderen Industriepartnern stammen. Es wird ein evolutionäres System sein, in das mit der Zeit weitere Anwendungen wie neue Flugplattformen integriert werden“, sagt Rosell. „Unser Geschäftsmodell rund um die Combat Cloud wird nicht einzigartig sein. Man könnte Satellitenkonnektivität als Dienstleistung anbieten, während man eine ‚App‘ als Teil des Missionssystems eines Flugzeugs, als Produkt verkauft“, fügt er hinzu.

Die Demonstratoren der neuen Generation von Kampfflugzeugen im Zusammenspiel mit den Remote Carriers sollen 2028/2029 erstmals fliegen - alles verbunden durch die Combat Cloud.

Die Entwicklung von Zwischenlösungen im Rahmen dieses „Internet der militärischen Dinge“ dürfte es den Kunden ermöglichen, bestimmte Cloud-Funktionen und Remote Carrier (unbemannte Komponenten) zu nutzen, lange bevor das FCAS in den 2040er Jahren einsatzbereit sein wird.

Verantwortungsvolle KI für FCAS

Durch diesen schrittweisen Ansatz wird die Air Combat Cloud die Art und Weise verändern, wie militärische Operationen durchgeführt werden.

Zukünftige Szenarien werden einen weitaus höheren Automatisierungsgrad erfordern, sei es beim Informationsmanagement oder bei der Integration militärischer Dienste und Teilstreitkräfte über den gesamten Missionszyklus hinweg. Für FCAS werden Innovationen im Bereich „Deep Tech“ - unter anderem Big Data Processing, künstliche Intelligenz und Cyber - die Basis bilden, um beispielsweise Command-and-Control-Funktionen (C2) auch dem Kampfflugzeugpiloten zu übertragen und den Hauptakteuren einer Mission alle relevanten Informationen in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. „Dies wird den Entscheidungsträgern in der Luftwaffe einen noch nie dagewesenen Überblick verschaffen“, betont Paskowski.

Doch mit großer Macht kommt auch große Verantwortung. Die Integration von KI in das Herzstück der FCAS Air Combat Cloud bringt neue Herausforderungen mit sich. Fragen wie: „Inwieweit wird das System den Entscheidungsprozess unterstützen“ oder „Welche ethischen Kriterien können für den Einsatz dieser Technologie aufgestellt werden“ stehen im Raum.

Kontrollieren oder kontrolliert werden - das ist die Frage

Um diese ethischen Fragen und rechtlichen Grundsätze im FCAS-Projekt zu verankern, haben Airbus und das Fraunhofer-Institut 2019 eine gemeinsame Expertenkommission für verantwortungsvollen Technologieeinsatz ins Leben gerufen (Link). Sie bringt Stakeholder aus der Luftwaffe mit Universitäten, Forschungseinrichtungen und einem breiten Querschnitt aus politischen Stiftungen, Hochschulen sowie politik- und gesellschaftswissenschaftlichen Think Tanks zusammen.

Auf Basis dieser Leitlinien wird die KI in der FCAS Air Combat Cloud komplexe Situationen analysieren und geeignete Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge empfehlen. Der Mensch validiert diese Empfehlungen, woraufhin die nachfolgenden Prozesse wieder von der KI automatisiert werden. „Unser europäisches Luftverteidigungssystem wird zu jeder Zeit und unter allen Umständen unter der vollen Kontrolle eines verantwortlichen menschlichen Anwenders stehen“, so Paskowski abschließend.

Airbus

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