„Chips from the North“: Mehr Chip-Resilienz für Europa

Mikroelektronik-Ökosystem: Treiber des EU Chips Act

Im Rennen um Europas technologische Souveränität und zur Umsetzung des EU Chips Act etabliert sich Finnland als zentraler Akteur in der Mikroelektronik und Photonik. Das Land nutzt seine enge Verzahnung von Spitzenforschung und agiler Industrie.

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Vaisala, Anbieter von Umwelt- und Industriemesssystemen, unterstützt mit fortschrittlichen Sensortechnologien, hochpräzisen Messgeräten und der Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung das finnische Mikroelektronik-Ökosystem
Vaisala, Anbieter von Umwelt- und Industriemesssystemen, unterstützt mit fortschrittlichen Sensortechnologien, hochpräzisen Messgeräten und der Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung das finnische Mikroelektronik-Ökosystem.

Strategische internationale Kooperationen stärken dabei die europäische Mikroelektronik-Wertschöpfungskette. Erfolgreiche Beispiele bieten Unternehmen wie ASM und Bosch Sensortec. Angesichts globaler Lieferkettenrisiken und des intensiven Wettbewerbs setzt Finnland gezielt auf Schlüsseltechnologien wie Photonik, Quantentechnologie und fortschrittliche Sensoren (MEMS). Die ehrgeizige nationale Strategie „Chips from the North“ untermauert diese Bestrebungen mit klaren Wachstumszielen. Dadurch möchte das Land dazu beitragen, Europas Position im globalen Chipmarkt nachhaltig zu stärken. „Ob Automobilbranche, Gesundheitswesen oder Kommunikationstechnologie: Die globale Nachfrage nach Chips steigt stetig. Nur acht Prozent der Fertigungsstandorte sind in Europa angesiedelt“, sagt Toni Mattila, Head of Microelectronics, Photonics and Quantum (HW Tech) – "The Chips Campaign" bei Business Finland. Um die technologische Souveränität zu stärken und resilienter gegenüber geopolitischen Spannungen und Lieferengpässen aus Asien oder den USA zu sein, hat die EU-Kommission 2022 den EU Chips Act ins Leben gerufen.

Finnlands ehrgeizige Ziele

Das klare Ziel ist, Europas Marktanteil an der globalen Chipproduktion bis 2030 auf 20 Prozent verdoppeln. Finnland positioniert sich als Schlüsselpartner, um diese europäischen Ziele zu erreichen. Die Stärke des Landes liegt in der engen Verzahnung von Forschung und Industrie. Die nationale Wachstumsstrategie „Chips from the North“, herausgegeben vom Verband der finnischen Technologieindustrien, unterstreicht diese Ambitionen: Der Branchenumsatz soll von 1,6 Milliarden Euro (2022) bis 2035 auf 5-6 Milliarden Euro nahezu vervierfacht werden. Die Zahl der in der Branche Beschäftigten soll in diesem Zeitraum von 7.000 auf 20.000 steigen. Die Strategie forciert die Wachstumsbereiche hochentwickelte Materialien, Prozesstechnologien, Chipdesign, Sensoren (insbesondere Micro-Electro-Mechanical Systems, MEMS), Photonik und Quantentechnologie.

Um Europas Position nachhaltig zu stärken, braucht es eine Bündelung der Kräfte – nicht nur zwischen Forschung und Industrie, sondern auch über Ländergrenzen hinweg.

Toni Mattila, Head of Microelectronics, Photonics and Quantum

Internationale Kooperation: Motor für Innovation

Unternehmen wie Vaisala, Anbieter von Umwelt- und Industriemesssystemen, tragen aktiv zum finnischen Mikroelektronik-Ökosystem bei. Dazu setzen sie auf fortschrittliche Sensortechnologien, hochpräzise Messgeräte sowie die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung für Wetter-, Luftqualität- und industrielle Überwachungsanwendungen. Grundlage für das angestrebte Wachstum ist das unternehmensfreundliche Umfeld Finnlands, das erhebliche Anreize für finnische sowie internationale Unternehmen bietet, darunter Zuschüsse zur Forschung und Entwicklung sowie die Förderung einer engen Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Industrie. So gründeten etwa das niederländische Unternehmen ASM und die Universität Helsinki 2022 gemeinsam ein Exzellenzcenter für die Atomlagenabscheidung (Atomic Layer Deposition, ALD) – eine Schlüsseltechnologie für die Herstellung von Chips in Smartphones und Computern.

Fachkräfte im Fokus: Talente für die Zukunft sichern

Auch Bosch Sensortec setzt auf die finnische Expertise: Das deutsche Unternehmen betreibt zwei Standorte in Oulu und Espoo. Gemeinsam mit finnischen Fachkräften treibt Bosch Sensortec die Entwicklung von MEMS-Sensoren und das Chipdesign voran. Das Erreichen der Ziele steht und fällt mit der Verfügbarkeit hochqualifizierter Fachkräfte. Auch hier liefert Finnland konkrete Lösungsansätze: Die Forschungs- und Entwicklungsstrategie des nationalen Exzellenznetzwerks Microelectronics Finland umfasst die Fortführung des 2024 ins Leben gerufenen Pilotprojekts MIELI (MIcroELectronics). Dieses gemeinsame Projekt der Universitäten Aalto, Tampere und Oulu sowie des Forschungszentrums VTT schafft 30 Doktorandenstellen und verfolgt die Ziele, die Anzahl der Expertinnen und Experten im Bereich Mikroelektronik zu erhöhen, die Dauer der Promotion auf drei Jahre zu verkürzen und eine sofortige Anstellung der Absolvierenden zu ermöglichen.

Europäische Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern

Darüber hinaus plant Finnland den Ausbau der Ausbildungskapazitäten und die gezielte Rekrutierung internationaler Studierender in Kooperation mit der Industrie. Zudem will das Land eine nationale Graduiertenschule für Mikroelektronik etablieren, um eine kontinuierliche Talentpipeline für Grundlagen- und Spitzenforschung zu gewährleisten. „Indem wir die finnische Expertise im Bereich Mikroelektronik konsequent ausbauen und die Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten und Unternehmen auf internationaler Ebene stärken, können wir die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt langfristig sichern“, sagt Mattila.

Wohlstand Finnlands durch nachhaltiges Wachstum fördern

Business Finland ist die offizielle finnische Organisation für Innovationsfinanzierung, Handels-, Investitions- und Tourismusförderung. Sie wurde am 1. Januar 2018 durch die Fusion von Finpro und Tekes gegründet. Als öffentliche Einrichtung unter dem finnischen Ministerium für Beschäftigung und Wirtschaft zielt Business Finland darauf ab, den Wohlstand Finnlands durch nachhaltiges Wachstum zu fördern. Die Organisation beschäftigt 760 Spezialisten an 37 ausländischen Standorten und 16 Büros in Finnland. Business Finland unterstützt Unternehmen bei ihrem globalen Wachstum, fördert Innovationen und Forschung und arbeitet daran, das Land als attraktiven Standort für Investitionen und Tourismus zu positionieren.

Quelle: Business Finland

FAQs zu „Chips from the North“

1. Welche Rolle spielt Finnland im Rahmen des EU Chips Act?
Finnland positioniert sich als zentraler Akteur im europäischen Bestreben nach technologischer Souveränität. Durch die enge Verbindung von Forschung, Industrie und internationalen Kooperationen stärkt das Land die europäische Mikroelektronik-Wertschöpfungskette und trägt aktiv dazu bei, den europäischen Anteil an der globalen Chipproduktion bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen.

2. Was umfasst die nationale Strategie „Chips from the North“?
Die Strategie „Chips from the North“ ist eine Wachstumsinitiative der finnischen Technologieindustrie. Sie sieht vor, den Branchenumsatz von 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2022 bis 2035 auf bis zu 6 Milliarden Euro zu steigern und die Beschäftigtenzahl von 7.000 auf 20.000 zu erhöhen. Im Fokus stehen Bereiche wie Chipdesign, Sensorik (MEMS), Photonik, Quantentechnologien und Prozesstechnologien.

3. Unternehmen/Kooperationen, die bedeutend für Finnlands Mikroelektroniksektor sind
Zu den zentralen Akteuren gehören ASM, Bosch Sensortec und Vaisala. ASM gründete gemeinsam mit der Universität Helsinki ein Exzellenzzentrum für Atomlagenabscheidung (ALD), während Bosch Sensortec in Oulu und Espoo MEMS-Sensoren entwickelt. Vaisala trägt mit innovativen Messsystemen und Forschungskooperationen zur Weiterentwicklung der finnischen Sensorik bei.

4. Wie fördert Finnland die Ausbildung und Forschung in der Mikroelektronik?
Finnland investiert gezielt in die Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte. Das Pilotprojekt MIELI schafft 30 neue Doktorandenstellen und beschleunigt den Abschluss von Promotionen auf drei Jahre. Zudem sind der Ausbau von Studienkapazitäten, internationale Rekrutierung und die Gründung einer nationalen Graduiertenschule für Mikroelektronik geplant.

5. Welche Rolle spielt Business Finland in dieser Entwicklung?
Business Finland ist die nationale Organisation zur Förderung von Innovation, Handel, Investitionen und Tourismus. Sie unterstützt Unternehmen mit Forschungszuschüssen, internationalen Kooperationen und Investitionsanreizen. Ziel ist es, nachhaltiges Wachstum zu fördern und Finnland als attraktiven Standort für Hightech-Industrien zu etablieren.