Andrea Alboni arbeitet seit mehr als vier Jahren beim Roboterhersteller Universal Robots in München. Als General Manager Western Europe hat er ein Gespür für die Trends auf dem Automatisierungs- und Robotikmarkt.
PRODUKTION: Herr Alboni, wenn Sie für die Industrie oder speziell für die Automatisierungstechnik etwas verändern könnten in Deutschland, was wäre das?
Andrea Alboni: Die Robotik- und Automatisierungsbranche ist sehr dynamisch. Es gibt viel Innovation. Aber wir bräuchten als Industriestandort viel mehr Geschwindigkeit im Innovationsprozess. Weil die Makrodynamik dahinter sich so schnell entwickelt.
Welche Faktoren dieser Makrodynamik sind für Roboter besonders relevant?
Alboni: Einerseits der Fachkräftemangel, wobei das ein sehr romantischer Begriff ist. Ich würde eher von einer Arbeitskräftekrise sprechen. Was wir jetzt spüren, sind nur die ersten Zeichen. Das wird noch Jahrzehnte dauern. Dazu kommt das Thema Reshoring: Die Lieferketten sind nach wie vor wackelig und es werden vielleicht noch weitere Werke zurückgeholt nach Deutschland. Das dritte Thema ist die Umwelt. Wir brauchen aus meiner Sicht mehr Geschwindigkeit, um diese Themen abzubilden. Wir versuchen als Universal Robots unseren kleinen Beitrag zu leisten.
KI für Robotik-Anwendungen
Wie sieht es mit KI aus? Künstliche Intelligenz war im ersten Halbjahr 2023 ein großer Hype und in Kombination mit Robotern sind sehr spannende Anwendungen denkbar, beispielsweise eine KI, die den Schweißprozess alleine organisiert.
Alboni: Über dieses Thema könnte man, glaube ich, tagelang diskutieren. Ich denke, einerseits gibt es gewisse Arten von Wissen und Erfahrung, die sich nur schwer in eine Maschine oder eine Software integrieren lassen. Zum Beispiel die Frage, wie ein bestimmtes Bauteil geschweißt werden muss. Oder auch, welche Überraschungen in einem speziellen Prozess auftreten können. Wie ich Werkzeug nutze, um Prozesse zu vereinfachen und in welchem Maße ich die Umgebung einbeziehen muss.
Andererseits gibt es tatsächlich Ansätze, diese Informationen zu sammeln und zu nutzen. Aber wann eine solche Software diese Art Expertise sinnvoll anwenden kann, ist nicht abzusehen. Ich glaube, dass Menschen für solche Prozesse, insbesondere für das Schweißen, aber auch das Kleben, entscheidend bleiben werden.
Strategie des Cobot-Herstellers Universal Robots
Welche Strategie verfolgt Universal Robots bei seinen Robotern momentan?
Alboni: Unser jüngster Roboter ist der UR 20 mit 20 Kilogramm Tragkraft und 1,75 Meter Reichweite. Er ist das erste Exemplar einer neuen Generation von Roboteren. Er ist nicht nur sehr leicht, sondern er hat eine komplett neue Architektur in den Gelenken. Technisch ist das ein Sprung nach vorne für uns. Dieses Modell erreicht viel mehr Geschwindigkeit und Drehmoment. Es wird in Zukunft die Basis für die Weiterentwicklung der Hardware und Software sein.
Außerdem haben wir auf der Automatica unser neues Betriebssystem Polyscope X vorgestellt. Es ist komplett individualisierbar und webbasiert. Die Programmierung ist unkompliziert, aber vor allem sind Roboter damit sehr einfach zu nutzen. Wenn eine Person den Roboter an einer anderen Maschine verwenden will, muss sie nur ein paar Parameter verändern.
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Einerseits sollen Roboter ganz einfach zu bedienen sein, andererseits sollen sie Teil von sehr komplexen Prozessen sein und sich dort perfekt einfügen. Das widerspricht sich doch, oder?
Alboni: Ich denke, es gibt auf dem Markt vielfältige Bedürfnisse. Deshalb werden auch vielfältige Lösungen benötigt. Für einige Fälle sind klassische Industrieroboter ideal, woanders sind es Cobots und einige Aufgaben werden am besten von Menschen erledigt.
Tatsächlich haben wir uns genau in diese zwei von Ihnen genannten Richtungen entwickelt in den letzten Jahren. Wir haben einerseits viel gelernt in der Zusammenarbeit mit Großkunden. Firmen wie VW, Siemens oder Schäffler benötigen Komplexität, eine Anbindung an übergeordnete Steuerungssysteme, verschiedene Roboter für verschiedene Maschinen und so weiter.
Andererseits gibt es den Mittelstand, wo die Bedürfnisse sehr unterschiedlich sind, und die kleinen Unternehmen. Wir haben einen Kunden, da besteht die Firma aus zwei Personen. Hier ist eine einfache Bedienung auf jeden Fall ein zentrales Thema. Es muss allerdings praxisorientiert bleiben: Denn ein Roboter ist trotz allem eine Maschine.
Noch mehr von Andrea Alboni im Podcast Industry Insights
Kein Hype um KI bei Roboter-Herstellern
Im Gegensatz zur allgemeinen Stimmung sind die Unternehmen aus der Automatisierungstechnik sehr vorsichtig, wenn es um KI geht. Warum ist das so?
Alboni: Sie würden eine KI keine E-Mail schreiben lassen, ohne den Text vor dem Absenden zu prüfen. Für Prozesse in Fabriken gilt das Gleiche: Sie müssen die Fähigkeit haben, die Ergebnisse zu kontrollieren, welche die KI liefert. Sonst können Sie Schäden an Menschen oder Maschinen nicht ausschließen. Es gibt ein prägnantes deutsches Wort dafür: Prozesssicherheit. Der Mensch muss die Verantwortung übernehmen. Die Frage ist: Wo sind wir schon so weit? Wann wir den nächsten großen Schritt mit KI in der Automatisierung sehen werden, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber es ist ein sehr spannendes Thema.
UR-Zukunftspläne: Wenn der Roboter die Anlage steuert
Was können Sie mir konkret über die Zukunft bei Universal Robots sagen?
Alboni: Wir werden die Leistung der Controller erhöhen. Denn unsere Partner wollen ihre Anlagen vereinfachen und vom Roboter aus auch den Rest der Anlage steuern. Wir planen, unsere Roboter mit höherer Controllerleistung dieses oder nächstes Jahr anzubieten.
Und wenn jemand den Roboter steuerungstechnisch nicht ins Zentrum der Anlage rücken möchte oder mehrere Roboter in einer Anlage einsetzt?
Alboni: Die Roboter können trotzdem wie bisher mit einer SPS eingesetzt werden. Es gibt kein Muss, den Roboter steuerungstechnisch ins Zentrum zu stellen.
Werden wir auch mal einen nicht-kollaborativen Roboter von Universal Robots sehen?
Alboni: Roboter mit kollaborativen Fähigkeiten sind die einzige Art Roboter, die wir entwickeln und produzieren. Und diesem Konzept bleiben wir auch treu.
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