
Sie laufen und greifen bald wie Menschen: Humanoide Roboter sind in der Industrie immer öfter ein Thema. (Bild: EZPS - stock.adobe.com (KI generiert))
Deutschland ist führend in der humanoiden Robotikforschung mit Institutionen wie KIT, DLR und der Universität Bonn. Doch die Kommerzialisierung bleibt hinter den USA und China zurück.
„Unsere Marktanalyse „2025 Humanoid Robot Study“ zeigt, dass 45 Prozent der Unternehmen aus China stammen, 27 Prozent aus den USA – während Deutschland nur ein einziges aktives Unternehmen hat“, erklärt Tobias Bock, Managing Partner bei Nexery. Angesichts dieser globalen Marktverteilung stellt sich die dringende Frage, wie Deutschland gezielt Wege finden kann, um ausreichend Kapital – insbesondere für Startups in der Skalierungsphase – zu generieren.
„Startups brauchen wesentlich mehr ‘geduldiges‘ Kapital für Skalierung“, warnt Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer des VDMA Robotik und Automation. Er fordert daher eine nationale Strategie zur Serienproduktion: „Scale baby, scale!“ Steuerliche Anreize, vereinfachte Genehmigungen und Förderprogramme wie die WIN Initiative könnten die Skalierung beschleunigen.
Denn Deutschland verfügt über alle Kerntechnologien zur Entwicklung humanoider Roboter. Trotzdem fehlt es an Nachfrage, insbesondere von KMU. Hohe Kosten und Investitionsrisiken schrecken ab, da der wirtschaftliche Nutzen nicht sofort ersichtlich ist. Zudem fehlen ausgereifte Modelle, die sich flexibel in Arbeitsprozesse integrieren lassen. KMU benötigen praxisnahe Lösungen mit klarem Mehrwert, doch bislang gibt es nur wenige etablierte Einsatzbereiche. „Forschungseinrichtungen müssen interdisziplinär zusammenarbeiten, um Erkenntnisse aus Robotik, KI, Neurowissenschaften und Mensch-Maschine-Interaktion zu integrieren“, erklärt Bock. „Praxisnahe Testfelder können den Technologietransfer erheblich beschleunigen.“
Das ist die WIN-Initiative
„Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland“ ist ein Programm der Bundesregierung zur Förderung von Start-ups und innovativen Unternehmen. Sie wurde ins Leben gerufen, um die Rahmenbedingungen für Wachstums- und Innovationskapital in Deutschland zu verbessern und die Finanzierung von jungen Unternehmen zu erleichtern.
Obwohl die Initiative nicht speziell auf Robotik ausgerichtet ist, könnte sie indirekt auch Unternehmen in diesem Bereich unterstützen, insbesondere solche, die sich mit KI-gesteuerter Automatisierung und Robotik beschäftigen. Die teilnehmenden Unternehmen haben sich verpflichtet, bis 2030 rund zwölf Milliarden Euro in das deutsche Venture-Capital-Ökosystem zu investieren.
Deutschland setzt auf spezialisierte Industrieroboter
Bock schlägt vor, dass Unternehmen gezielt in deutsche Pilotprojekte investieren und offene Innovationsformate wie Konsortien oder Industriepartnerschaften nutzen sollten, um Entwicklungsaufwände zu teilen und Wissen zu bündeln.
Schließlich braucht es, um das Wachstum zu fördern, klare wirtschaftliche Anreize und einen erleichterten Zugang zu Robotik-Technologien für KMU. „KMU profitieren jetzt schon von Plug-and-Play-Lösungen“, so Dr. Eric Maiser, Geschäftsführer VDMA Forschung und Innovation, FKM e.V., und Leiter VDMA Competence Center Future Business. „Austauschbare KI-Module ermöglichen flexible Upgrades ohne Komplettinvestitionen.“ Das senkt Einstiegshürden und macht humanoide Robotik wirtschaftlich attraktiv.
Die Demokratisierung der Robotik setzt genau hier an. „Humanoide werden die Mensch-Roboter-Interaktion auf ein ganz neues, intuitives Niveau heben“, erklärt Schwarzkopf.
Die USA und China investieren massiv in humanoide Robotik, während Deutschland auf spezialisierte Industrieroboter setzt. Strenge arbeitsrechtliche Vorgaben und Skepsis gegenüber neuen Technologien erschweren die Integration. „Gezielte Förderprogramme und vereinfachte Zulassungsprozesse sind essenziell“, fordert Schwarzkopf daher. „Wir bündeln derzeit viele Energien und vernetzen Akteure“, beschreibt er die VDMA-Strategie. Ziel sind konkrete Aktionspläne für eine wettbewerbsfähige Serienproduktion in Europa.

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Humanoide Roboter in der Produktion: Das sind die Herausforderungen
Bisher werden Humanoide in Deutschland nur für einfache, repetitive Aufgaben wie Transport oder Befüllung eingesetzt. Doch gerade findet ein bedeutender Entwicklungssprung statt: Sie können zunehmend komplexe, feinmotorische und kognitiv anspruchsvolle Tätigkeiten wie die Montage in getakteten Fertigungsprozessen übernehmen. Dazu ist „im Cluster 'Autonomous Factory' des VDMA Startup-Radars zu erkennen, dass derzeit besonders viele Lösungen zur Produktionsautomatisierung und zur kollaborativen Robotik entstehen“, erklärt Dr. Eric Maiser.
Wenn diese Projekte erfolgreich sind, könnten innerhalb von drei bis fünf Jahren humanoide Roboter bis zu 40 Prozent der Tätigkeiten in standardisierten Produktionsumgebungen übernehmen. Herausforderungen bestehen allerdings noch in Geschwindigkeit, kognitiver Flexibilität und Interaktion in unstrukturierten Umgebungen, doch Fortschritte zeichnen sich ab.
Zweibeinige humanoide Roboter haben im Ausland in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Hyundai setzt sie in Südkorea für Montagearbeiten in der Industrie ein. Amazon nutzt sie in den USA und China für Transport- und Sortieraufgaben. Und der südkoreanische Schiffbau lässt sie zukünftig Schweißarbeiten durchführen.
Japan und China setzen in der Altenpflege und Krankenhäusern auf sie. In Japan und den USA empfangen und informieren sie Gäste in Hotels und Einkaufszentren.
Ungewöhnliche Einsatzbereiche in den USA und Japan umfassen Begleitung für einsame Menschen, bei denen sie Gespräche führen, an Medikamente erinnern und emotionale Unterstützung bieten. In China treten sie sogar in der „Beijing Humanoid Robot Sports Competition“ in Turnen und Fußball gegeneinander an.
Kukas Robotik-Chef Reinhold Groß über autonome mobile Roboter
„KI muss erklärbar und kontrollierbar sein“
Vorbehalte kommen von Menschen, die nur wenig Berührungspunkte mit Robotik haben. Dass sie seit längerer Zeit schon mit und durch KI unterstütz werden, ist ihnen nicht einmal bewusst. Natürlich: „KI muss erklärbar und kontrollierbar sein“, betont Maiser. „Das ist zunächst ein Widerspruch, denn die KI als „Black Box“ ist ein nicht deterministisches System. Schulungstools und Demonstratoren – etwa im Stil eines „Assistenz-Buddys“ – sind Mittel, um Vertrauen aufzubauen.“
Deshalb empfiehlt der VDMA eine transparente Kommunikation und die enge Integration der Belegschaft bei der Einführung solcher Systeme. „Entscheidend ist, dass Roboter als Werkzeuge verstanden werden – nicht als Ersatz, sondern als Erweiterung der menschlichen Fähigkeiten“, fährt Maiser fort.
AI Literacy (KI Kompetenz), also das Verständnis und die Fähigkeit, mit KI umzugehen, ist eine entscheidende Fähigkeit für den Menschen, um KI bewusst und kompetent zu nutzen. Dazu gehören das Verständnis der KI Grundlagen, kritisches Denken, ethische Überlegungen und praktische Fähigkeiten KI-Tools anzuwenden. Der EU AI Act betont diese Notwendigkeiten. Doch eines ist sicher: „Die Zukunft gehört hybriden Kompetenzen – technologische Grundbildung kombiniert mit sozialer Intelligenz“, erklärt Maiser.
Denn genauso sicher ist, dass der Fach- und Arbeitskräftemangel unser Wachstumspotenzial massiv gefährdet. „Insofern sind wir gut beraten, die bisherige Jobkiller-Debatte endgültig einzumotten“, stellt Patrick Schwarzkopf fest. „KI-basierte Robotik und Automation kann helfen, die vorhandenen Arbeitskräfte von repetitiven Aufgaben zu entlasten und Lücken zu füllen.“
Und Bock fügt hinzu, dass Technologien wie digitale Zwillinge einen entscheidenden Beitrag leisten können: „Sie ermöglichen autonomes simulationsgestütztes Training, kontinuierliche Optimierung sowie den Aufbau eines softwaredefinierten Robotik-Ökosystems.“
Erklärbare KI bzw. XAI

Explainable AI, XAI bezeichnet Methoden und Prozesse, die es ermöglichen, die Entscheidungen und Ergebnisse von KI-Systemen für Menschen nachvollziehbar zu machen. Da viele moderne KI-Modelle, insbesondere solche auf Basis von Deep Learning, als „Blackboxen“ gelten – also ihre Entscheidungsprozesse nicht direkt ersichtlich sind –, ist erklärbare KI entscheidend für Vertrauen, Transparenz und verantwortungsvollen Einsatz?
Erklärbare KI hilft:
- KI-Entscheidungen verständlich zu machen, sodass Nutzer nachvollziehen können, warum eine bestimmte Empfehlung oder Vorhersage getroffen wurde.
- Fehlentscheidungen zu erkennen und zu korrigieren, indem die zugrunde liegenden Mechanismen sichtbar gemacht werden.
- Regulatorische Anforderungen zu erfüllen, da in vielen Bereichen – etwa Medizin oder Finanzwesen – Transparenz und Nachvollziehbarkeit gesetzlich vorgeschrieben sind.
- Ein Beispiel für erklärbare KI sind Systeme, die ihre Entscheidungslogik in verständlicher Sprache oder grafischen Darstellungen präsentieren, sodass Nutzer die zugrunde liegenden Muster erkennen können.
Erklärbare KI ist ein Muss in sicherheitskritischen Anwendungen
Doch dazu bedarf es Modularisierung und Volumenproduktion von humanoider Roboter, die die Kosten drastisch senken. „Der „As-a-Service“- und „Pay-per-Use“-Ansatz haben den Vorteil geringer Investitionskosten“, erklärt Maiser. „Das gilt auch für „Robot-as-a-Service“-Modelle. Sie können Einstiegshürden senken.“
Doch Deutschland ist weit davon entfernt, humanoide Roboter flexibel in der Produktion einzusetzen, denn was beispielsweise „die Automobilindustrie zurzeit macht, sind eher erste Gehversuche, und das im wahrsten Wortsinn“, betont Schwarzkopf.
In diesem Kontext wird die Notwendigkeit von ethischen Standards und Transparenz in der Entwicklung von KI-Technologien besonders deutlich, „Erklärbare KI, als XAI, ist ein Muss in sicherheitskritischen Anwendungen“, erklärt Maiser. „Das VDMA-Trendradar betont, dass Nachvollziehbarkeit und Transparenz nicht nur regulatorisch, sondern auch für die Akzeptanz essenziell sind.“
Dazu ist es unerlässlich 'Ethik-by-Design', also ethische Prinzipien bereits in der Entwicklungsphase durch diverse Trainingsdaten und dokumentierte Entscheidungsprozesse zu verankern. Hier liegt definitiv eine Schwachstelle, da Programme und Algorithmen von Menschen entwickelt werden.
Auch die Sicherheit, die Persönlichkeitsrechte und der Datenschutz müssen gewährleistet sein. Denn Automatisierung sollte immer vom beteiligten Menschen aus, gedacht werden. „Wir sprechen vom "humanzentrierten Ansatz", wie er in der Good Work Charter der europäischen Robotikindustrie beschrieben ist“, erklärt Schwarzkopf
Warum ethische Überlegungen besonders relevant sind
Diese ethischen Überlegungen sind besonders relevant, wenn man die dynamische Entwicklung in der Technologiebranche betrachtet. Startups setzen technologische Trends oft schnell in Geschäftsmodelle um, weshalb gezielte Vernetzungen mit Maschinenbauunternehmen entscheidend sind.
„Die erfolgreichen KI-Startups, die sich 2016 im Erscheinungsjahr unserer Zukunftsstudie 'Machine Learning' entwickelten, waren der Grund, die VDMA Startup-Machine zu gründen“, erklärt Dr. Eric Maiser. Sie beschleunigt Kooperationen durch strukturiertes Startup-Scouting, Matchmaking und Plattformen wie das Startup Radar Dashboard. „Innovations-Challenges adressieren konkrete Innovationsbedarfe, während Mitglieder-Coaching erfolgreiche Kooperationen unterstützt“, so Maiser weiter.
Zur Förderung der humanoiden Robotik setzen VDMA R+A und VDMA Future Business auf ein eigenes Forum. Denn „vielleicht haben wir auch humanoide Roboter auf dem Maschinenbau-Gipfel, damit man diese Technologie – im wahrsten Sinne – ‚be-greifen‘ kann“, hofft Patrick Schwarzkopf.
Lapp-Vorstand über Robotik in der Intralogistik und Industrie 5.0
Diese Unternehmen werden sich langfristig behaupten
Humanoide Roboter sind im Kern „softwaredefinierte Systeme“. Die entscheidende Differenzierung erfolgt durch die Software. Unternehmen, die robuste, skalierbare und adaptiv lernende Systeme entwickeln, werden sich langfristig behaupten.
„Ein konkretes Projekt wird im zweiten Quartal starten“, kündigt Schwarzkopf an. Die nächste Studie von VDMA Future Business widmet sich humanoider Robotik und skizziert verschiedene Zukunftsszenarien.
Unabhängig davon demonstriert Helix, wie generative KI humanoide Roboter in Echtzeit neue Aufgaben erlernen lässt. „Es handelt sich um ein sogenanntes Vision-Language-Action (VLA)-Modell, das visuelle Wahrnehmung, Sprachverständnis und präzise motorische Steuerung in einem einzigen System vereint“, beschreibt Maiser. Diese Technologie soll die Mensch-Maschine-Interaktion revolutionieren und flexible Automatisierung ermöglichen.
Datenbasierte Services, wie Echtzeit-Prozessoptimierung oder Predictive Maintenance, eröffnen neue Geschäftsfelder. KI-basierte Plattformen können Roboter zu aktiven Teilnehmern in Wertschöpfungsnetzwerken machen. „Unsere Studie 'Machine Learning 2030' zeigte, dass datengetriebene Plattformökosysteme den Rollout beschleunigen“, so Maiser.
Künstliche Intelligenz - verständlich erklärt

Ob in der Industrie oder im privaten Umfeld - Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Doch was bedeutet Künstliche Intelligenz. Wir beantworten in diesem Artikel die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
"Biologisierung der Industrie" eröffnet neue Möglichkeiten
Serviceroboter könnten emotionale Touchpoints schaffen und Personal entlasten. Diese Entwicklungen korrespondieren mit der Trendkarte des VDMA zu KI-gestützten Chatbots. Leichtbau, Biokomposite und optimierte Energieeffizienz machen humanoide Roboter zu einem möglichen Beitrag zur Klimastrategie. Sie könnten CO₂ reduzieren und kurzfristig Störungen wie Streiks oder logistische Probleme ausgleichen.
„Die ‚Biologisierung der Industrie‘ und ‚Biointelligenz‘ eröffnen einen ganzen Kosmos neuer Möglichkeiten – von Exoskeletten bis DNA-Datenspeichern“, erläutert Maiser. Künstliche Muskeln könnten hydraulische Systeme ersetzen, künstliche Haut ermöglicht präzise Interaktion.
KI-Modelle wie Helix oder Nvidia Isaac übertragen Fähigkeiten zwischen Robotern und schaffen so Lerneffekte auf Systemebene, ein entscheidender Hebel für Skalierung.