Bosch Rexroth-CEO Rolf Najork

"Präsenzkultur, das war gestern. Es geht um das Ergebnis", weiß Bosch Rexroth-CEO Rolf Najork. - (Bild: Anna McMaster)

Ob Bildung und Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie – die Digitalisierung durchdringt alle Bereiche. Für die Fabrik der Zukunft ermöglicht sie eine nie dagewesene Geschwindigkeit und Menge an Informationen und sie schafft die Voraussetzungen für Industrie 4.0.

Najork: Digitalisierung ändert alles

"Die Digitalisierung verändert alles, auch die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten: Sie verlangt flache Hierarchien, interdisziplinäres Arbeiten, mehr Spielräume für Kreativität. Präsenzkultur, das war gestern. Es geht um das Ergebnis", weiß Bosch Rexroth-CEO Rolf Najork.

Dieser Mindset muss nach Einschätzung des Top-Managers gelebt und vorgelebt werden. Er brauche die richtige Organisationsstruktur, die Agilität und Verantwortung fördere sowie solide digitale Kompetenzen und eine konsequente Orientierung am Markt und Kunden.

Ganz ähnlich sieht das auch der Augsburger Robotik- und Automatisierungsprofi Kuka: „Durch die Digitalisierung verschwimmen die Grenzen zwischen unterschiedlichen Disziplinen wie Software und Hardware. Interdisziplinäres Arbeiten wird wichtiger, Silodenken wird abgebaut. Auch auf bestehende Hierarchien wird dies Einfluss haben“, erklärt Konzernpressesprecherin Katrin Stuber-Koeppe.

Selbstmanagement, Flexibilität und die Fähigkeit, mit heterogenen Teams zu arbeiten, spielten in Zukunft daher eine immer größere Rolle beim Thema Führung.

Führungskräfte müssen Wandlungsbedarf erkennen

Dr. David Antons, Associate Professor, Head of Innovation, Strategy, and Organization Group an der RWTH Aachen argumentiert indes, dass sich die Führung eines Unternehmens in der digitalisierten Welt nicht sich per se von der klassischen Führung unterscheiden muss.

"Der Kern-Unterschied ist der Prozess der Digitalisierung. Dieser benötigt eine Veränderung bis hin zu einer Transformation bestehender Unternehmen und Geschäftsmodelle. Diesen Wandlungsbedarf müssen Führungskräfte erkennen und aktiv angehen. Und diesen Wandel erfolgreich durchzuführen bedarf häufig Änderungen in der Unternehmens- und Mitarbeiterführung", sagt Antons.

Der Grund: Zum einen sei der Wandel bzw. die Transformation des Unternehmens an sich eine organisatorische Innovation und müsse entsprechend wie eine solche gemanagt werden. "Zum anderen ist insbesondere die Veränderung und Digitalisierung der bestehenden Geschäftsmodelle eine Geschäftsmodell-Innovation. Und hier haben Unternehmen noch erheblichen Nachholbedarf", bemerkt Antons.

Trumpf: Auch gestandene Chefs müssen dazulernen

Zusätzlich prägen in Zeiten der digitalen Transformation Widersprüche und Gegensätze den Führungsalltag. Dennoch könne „Mitarbeiterführung 4.0“ in einer Welt voller Spannungsfelder funktionieren, erklärt Mischa Kohler, Leiter der Mitarbeiter- und Führungskräfteentwicklung bei Trumpf.

„Wir sollten dazu aber nicht versuchen, die Welt um uns herum auf Biegen und Brechen zu ordnen, sondern lieber mit den vielen Gegensätzen jonglieren“, so der Human Ressource-Experte des Ditzinger Maschinenbauers. Es komme mehr denn je auf Haltung und Kompetenzen an.

„Jeder sollte sein Führungsverhalten situations- und menschenbezogen anpassen. Führungskräfte brauchen den Mut, Dinge künftig immer wieder anders zu machen. Auch gestandene Führungskräfte müssen heute ständig dazulernen“, sagt Kohler.

Jeder muss sich verantwortlich fühlen

Dies gilt umso mehr, wenn es um die Innovationskraft von Unternehmen geht. "Führung 4.0 schafft entscheidende Voraussetzungen, damit Innovationen entstehen können. Der Einzelne bringt sich ein, übernimmt Verantwortung. Mitarbeiter werden zu Unternehmern. Sie gründen Start-ups, arbeiten interdisziplinär zusammen, tauschen über Kontinente hinweg Daten aus, bilden Netzwerke", fasst Bosch Rexroth-Chef Najork zusamen.

Dafür gelte es, passende Rahmenbedingungen im Unternehmen zu schaffen. Es bedürfe einer neuen, offenen Unternehmenskultur, in der alle Ideen einbringen, Fehler kein Stigma bedeuten und sich jeder verantwortlich fühlt.

Innovationskultur braucht Fehlerkultur

„Um Innovationsführer zu bleiben, müssen Führungskräfte ihre Einstellungen und Verhaltensweisen weiterentwickeln. Neue, innovationsfördernde Arbeitsmethoden, cross-funktionale Zusammenarbeit und echte Verantwortungsdelegation fördern Innovation, erfordern aber auch ein neues Selbst- und Rollenverständnis der Führungskraft“, erklärt der Trumpf-Experte Kohler.

Die Förderung von Innovationskultur erfordere auch die Auseinandersetzung mit einer positiven und lebendigen Feedback- und Fehlerkultur.

Der Maschinenbauer setzt sich vor diesem Hintergrund tagtäglich mit Führungs-Herausforderungen auseinander. „Das geht von Pilotversuchen, ganz neu zusammenzuarbeiten, bis hin zu unternehmensweiten Initiativen und Programmen“, erzählt Kohler. Die Mitarbeiterbefragung gebe regelmäßig Rückmeldung zur Führungskultur.

Zudem bietet Trumpf im eigenen Unternehmen innovative Lern- und Austauschformate an sowie ein Programm, bei dem sich Mitarbeiter für die Umsetzung ihrer kreativen Geschäftsideen für einen Teil ihrer eigentlichen Arbeit freistellen lassen können.

Innovation ist Erneuerung

Auch bei Kuka nimmt man das Wort Innovation mit Blick auf Führungsanforderungen wörtlich. „Das Wort Innovation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "Veränderung" oder "Erneuerung". Neue Ideen und Erfindungen sind für Technologieunternehmen unverzichtbar, weshalb sie nicht dem Zufall überlassen werden dürfen. Sie müssen immer die Augen offen halten und über den Tellerrand in andere, neue Bereiche schauen, in Zeiten des digitalen Wandels mehr denn je“, sagt die Kuka-Sprecherin Katrin Stuber-Koeppe.

Bosch Rexroth treibt Kulturwandel massiv voran

Eine erfolgreiche Bewältigung der digitalen Transformation setzt aus Sicht von Bosch Rexroth-CEO Rolf Najork entsprechende Kompetenzen voraus: Interdisziplinäres Arbeiten, die Verknüpfung von Informations- und Produktionstechnik sowie Know-how in der IT würden immer wichtiger. Darüber hinaus seien soziale Kompetenzen wie Selbstorganisation, Flexibilität oder lebenslanges Lernen gefragter denn je.

"Genau dafür schaffen wir bei Bosch Rexroth die Voraussetzungen. Wir treiben einen massiven Kulturwandel voran, um unsere Arbeitsweise im Unternehmen nachhaltig zu verändern. In offenen Runden diskutieren wir auf Augenhöhe und über Hierarchiestufen und Länder hinweg, wie unsere Organisation sich entwickeln soll. Zudem haben wir unser Unternehmen seit gut einem Jahr in kleinere, eigenverantwortliche Einheiten aufgestellt. Diese eher mittelständische Struktur stärkt unternehmerisches Handeln bis hin zur Start-up Kultur", berichtet der Manager.

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