Lothar Horn, Paul Horn GmbH

"Elektromobilität, Digitalisierung und additive Fertigung sind die die Schlagworte, die immer wieder fallen", Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH. - (Bild: Paul Horn GmbH)

Herr Horn, wie wird sich Ihre Branche 2019 aus Ihrer Sicht entwickeln?

Der VDMA Fachverband Präzisionswerkzeuge weist in der Statistik zum Auftragseingang zurzeit ein Minus von 10,4 Prozent aus. Da unser Ziel auch für 2019 ist, uns besser als die Branche zu entwickeln, gehen wir davon aus, dass wir 2019 auf Vorjahresniveau abschließen oder leicht darunter.

Wo sehen Sie derzeit die größten Veränderungen in Ihrer Branche?

Elektromobilität, Digitalisierung und additive Fertigung sind die Schlagworte, die immer wieder fallen und auch uns zum Teil stark beeinflussen. Manche Veränderungen beinhalten ein Risiko, andere bieten wiederum neue Möglichkeiten.

Veränderungen gehören zur täglichen Arbeit. Man darf sich davor nicht verstecken, sondern man muss diese aktiv angehen. Beispiel Elektromobilität: In der Automobilindustrie ist neben der Stückzahlentwicklung der Wandel zu hocheffizienten Motoren und Hybridkonzepten ein wesentlicher Aspekt. Hierfür fragt die Automobilindustrie neue Werkzeugkonzepte nach.

Da rein batterieelektrische Fahrzeuge aber andererseits weniger Werkzeuge in der Fertigung benötigen, steht fest, dass hier das Bearbeitungsverhältnis deutlich sinkt. Hintergrund ist die Komponentenvielfalt. Während bisherige Antriebskonzepte rund 4.000 Bauteile hatten, beschränkt sich ein rein elektrisches Antriebskonzept auf etwa 320 Bauteile. Bei Hybridlösungen hingegen steigen die benötigten Bauteile mengenmäßig an.

Die Hybridisierung wird in den nächsten Jahren zu einem höheren Anteil an Personenkraftwagen führen. Das Bearbeitungsvolumen wird hier mittelfristig entsprechend zunehmen. Unabhängig davon gibt es viele weitere Unsicherheitsfaktoren: Wie entwickelt sich das Thema Strafzölle USA/China, wie geht es weiter mit dem Brexit, wie entwickeln sich die Russlandembargos und wie geht es mit dem Iran weiter, um nur einige zu nennen.

Derzeit diskutiert die Politik über eine CO2-Steuer. Wie stehen Sie dazu und welche Auswirkungen könnte eine solche Steuer auf Ihre Branche haben?

Grundsätzlich macht es absolut Sinn, sich Themen wie CO2 oder Nachhaltigkeit zu widmen. Eine generelle staatliche Regelung halte ich allerdings nicht für sinnvoll. Wenn ich beispielsweise unser Unternehmen ansehe, machen wir schon sehr viel zum Thema Nachhaltigkeit.

Wir haben eine der größten in Tübingen gewerblich genutzten Photovoltaikanlagen auf dem Dach, bauen unsere Produktionsgebäude zum Teil zweistöckig, kühlen mit Bachwasser durch einen Parallelkreislauf, haben eine selbstentwickelte und selbstgebaute Kühlmittreinigungs­anlage, über die wir unseren Kühlschmierstoff reinigen und bis zu zehn Jahre wiederverwenden können, wiederverwerten den Anguss unserer Spritzgussrohlinge bis zu dreimal und verwenden in der gesamten Produktion energiesparende LED-Beleuchtung.

Das ist nur ein Auszug an Themen und Tätigkeiten, die in den Bereich ‚Green Production‘ fallen. Ich sage bewusst Nachhaltigkeit, denn das hört ja nicht bei CO2 auf. Mit solchen Aktionen (CO2-Steuer) wird nicht agiert sondern nur reagiert. Außerdem schwächt eine CO2-Steuer die deutschen Unternehmen auf dem Weltmarkt. Ich gebe auch eine klares Signal an die Politik: Es kann nicht sein, dass die Politik mit solchen Aktionen ihre Kernindustrien gefährdet.

Die Regularien in Deutschland und Europa binden immer mehr Kapazitäten, machen uns langsam, träge und unflexibel – vor allem die KMUs. Stichwort DSGVO, Geoblocking, EU-Entsenderichtlinie und vielem mehr. Es muss Regeln und Gesetze geben, aber es darf dabei nicht überreguliert und kurzsichtig gehandelt werden.

"Wir müssen dafür sorgen, dass die Produktionen noch effizienter werden. Bereits heute machen 50 Prozent unserer Aufträge kundenspezifische Sonderwerkzeuge aus." - Lothar Horn

Mit welcher Schulnote bewerten Sie die Konjunktur für die 2. Jahreshälfte 2019?

Das Jahr 2019 würde ich konjunkturell mit einer 2- benoten, da wir uns trotz der teilweise spürbaren Auftragsrückgänge in einigen Kundenbranchen auf hohem Niveau bewegen. In die Benotung fließen daher auch die letzten zehn Jahre ein, die nach der Finanzkrise durchgehend Wachstum zu verzeichnen hatten.

Mit welcher Strategie planen Sie, um auf ein Abflauen der Konjunktur zu reagieren?

Absolute Kundenorientierung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Produktionen noch effizienter werden. Bereits heute machen 50 Prozent unserer Aufträge kundenspezifische Sonderwerkzeuge aus. Firmen, die bisher aufgrund voller Auftragsbücher keine Zeit hatten, etwas Neues auszuprobieren, sollten die freigewordenen oder freiwerdenden Kapazitäten nutzen, um sich für den nächsten Boom fit zu machen. Auch Prozesse sollten in diesem Zusammenhang zum Teil neu überdacht werden. Hierbei unterstützen wir unsere Kunden durch den Horn-Außendienst und durch unsere Anwendungstechnik.

Bei welchen Ihrer Kundenbranchen rechnen Sie mit einem Abschwung? Können andere Kundenbranchen dies kompensieren?

Die Bereiche Automotive und der allgemeine Maschinenbau entwickeln sich in Deutschland voraussichtlich rückläufig. Je nach Abhängigkeit ist das zum großen Teil kaum zu kompensieren. Dagegen ist der Bereich Medizintechnik in der Regel stabil beziehungsweise verzeichnet im Bereich Zerspanung ein kontinuierliches Wachstum von jährlich etwa fünf Prozent im Gesamtmarkt.

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