Auf dem „Maschinenbaugipfel-Salon“, der von Peter Koller, Chefredakteur der Fachzeitschrift Automation NEXT, moderiert wurde, stand ein zentrales Thema im Mittelpunkt: resiliente Lieferketten. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, dass Unternehmen im Maschinenbau, die ihre Lieferketten stärker und flexibler gestalten, in einer zunehmend volatilen Welt entscheidende Wettbewerbsvorteile haben. Branchenexperten wie Ghebrekedus Ashera vom VDMA, Frank Stührenberg von Phoenix Contact und Ephraim Triemer von Soley teilten in kontroversen Diskussionen ihre Erkenntnisse und praxiserprobten Strategien, um globale Lieferketten zu schützen und zu stärken.
Die Relevanz dieses Themas war durch die jüngsten globalen Krisen, darunter die COVID-19-Pandemie, geopolitische Spannungen und Rohstoffknappheit, offensichtlich. Diese Ereignisse haben die Fragilität bestehender Lieferketten offengelegt und die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit und Krisenfestigkeit verdeutlicht.
Ghebrekedus Ashera, Vertreter des VDMA, verwies darauf, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder massive Störungen in den globalen Lieferketten gegeben habe. „Die Maschinenbauindustrie hat in diesen Krisen wertvolle Lehren gezogen“, stellte Ashera fest. Er betonte, dass Unternehmen heute vermehrt darauf angewiesen seien, ihre Lieferketten robuster und nachhaltiger zu gestalten, um auf künftige Krisen besser reagieren zu können. „Wir haben gesehen, dass Flexibilität und Prävention zentrale Elemente einer zukunftsfähigen Lieferkette sind“, fügte er hinzu.
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Digitalisierung als Schlüssel zur Lieferkettenresilienz
Ein zentraler Aspekt der Diskussion war die Rolle der Digitalisierung bei der Gestaltung resilienter Lieferketten. Frank Stührenberg, Vorstandsvorsitzender von Phoenix Contact und damit Gastbeger der Veranstaltung, beleuchtete in seinem Vortrag die entscheidende Bedeutung digitaler Technologien. „Ohne die Digitalisierung werden wir die Herausforderungen der globalen Lieferketten nicht bewältigen können“, betonte er.
Denn digitale Lösungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, Lieferketten in Echtzeit zu überwachen und Störungen frühzeitig zu identifizieren. Störungen können durch Transparenz und eine datengesteuerte Entscheidungsfindung schneller behoben werden. Stührenberg stellte dabei die von Phoenix Contact eingesetzten Tools vor, die eine präzise Überwachung der gesamten Supply Chain ermöglichen.
Er hob insbesondere die Bedeutung von Predictive Analytics hervor, einer Technologie, die durch Vorhersagemodelle mögliche Engpässe oder Störungen in der Lieferkette bereits im Vorfeld erkennt. „Durch den Einsatz von KI-basierten Systemen können wir Ausfälle antizipieren und rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen“, erklärte er. Dies ermögliche es Phoenix Contact, Risiken proaktiv zu managen und alternative Lieferwege zu entwickeln, bevor Engpässe überhaupt auftreten.
Darüber hinaus unterstrich Stührenberg, dass die Einführung digitaler Plattformen auch die Kommunikation mit Lieferanten verbessert hat. Durch den schnellen Informationsaustausch und eine hohe Transparenz können Lieferantenstörungen schneller adressiert werden. „Wir sehen digitale Technologien als wesentlichen Enabler für Flexibilität in der Lieferkette“, so Stührenberg. Diese Flexibilität sei besonders in Zeiten globaler Unsicherheiten entscheidend, um Produktionsausfälle zu vermeiden.
Agilität als zentrale Fähigkeit für komplexe Lieferketten
Ephraim Triemer, CEO von Soley, einer auf die Digitalisierung und Optimierung von Lieferketten spezialisierten Softwarefirma, betonte in seinem Beitrag die wachsende Komplexität moderner Lieferketten und die damit verbundenen Herausforderungen. „Es reicht heute nicht mehr aus, Lieferketten nur effizient zu gestalten – sie müssen auch agil sein“, erklärte Triemer. Agilität bezeichnet die Fähigkeit von Unternehmen, ihre Lieferketten schnell und effektiv an neue Umstände anzupassen, sei es aufgrund geopolitischer Veränderungen, plötzlicher Nachfrageänderungen oder Lieferantenausfällen.
Er stellte heraus, dass Soley eine Reihe von Softwarelösungen entwickelt hat, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Lieferketten flexibler und reaktionsfähiger zu gestalten. Ein wesentlicher Aspekt ist die Fähigkeit, unterschiedliche Szenarien zu simulieren und so auf mögliche Störungen vorbereitet zu sein. „Unternehmen, die auf Szenarioanalysen setzen, können Risiken besser abschätzen und geeignete Notfallpläne entwickeln“, betonte er. Diese Simulationsmöglichkeiten ermöglichen es Firmen, präzise Vorhersagen zu treffen und sich dynamisch an Veränderungen im Marktumfeld anzupassen.
Triemer fügte hinzu, dass viele Unternehmen noch stark auf statische Prozesse angewiesen seien, die wenig Raum für Flexibilität lassen. Doch in einer Welt, in der Märkte und geopolitische Gegebenheiten sich zunehmend schneller verändern, sei eine dynamische Herangehensweise notwendig. „Dynamische Modelle, die eine flexible Anpassung in Echtzeit ermöglichen, sind der Schlüssel zur Resilienz“, sagte er.
Diversifizierung als langfristige Strategie
Ein weiterer wichtiger Punkt, der während des Maschinenbaugipfel-Salons intensiv diskutiert wurde, war die Diversifizierung der Lieferantenbasis. Ghebrekedus Ashera vom VDMA hob hervor, dass Unternehmen, die sich zu stark auf einzelne Lieferanten oder Länder verlassen, besonders anfällig für Lieferkettenstörungen sind. „Eine breite und gut diversifizierte Lieferantenbasis ist ein wesentlicher Pfeiler der Resilienz“, erklärte er. Unternehmen sollten daher langfristig danach streben, ihre Zulieferer über verschiedene Regionen hinweg zu verteilen, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu reduzieren.
Diese Einschätzung wurde auch von Stührenberg geteilt, der erklärte, dass Phoenix Contact seine Lieferantenbasis in den letzten Jahren erheblich diversifiziert habe. „Durch die Einbindung von Lieferanten aus verschiedenen geografischen Regionen konnten wir unsere Flexibilität erhöhen und das Risiko von Produktionsausfällen minimieren“, erläuterte er. Besonders hob er hervor, dass regionale Lieferanten durch kürzere Transportwege und schnellere Reaktionszeiten zu einer stärkeren Resilienz beitragen können.
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Diese geografische Diversifizierung sei auch in Zeiten politischer Spannungen, wie sie etwa durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China ausgelöst wurden, von großer Bedeutung. „Unternehmen, die ihre Lieferantenbasis geografisch streuen, sind besser in der Lage, auf geopolitische Risiken zu reagieren und ihre Lieferketten stabil zu halten“, fügte Ashera hinzu.
Nachhaltigkeit als Resilienzmotor
Während die Diskussionen sich primär um die Krisenfestigkeit der Lieferketten drehten, wurde auch die Bedeutung von Nachhaltigkeit hervorgehoben. Denn Nachhaltigkeit spielt nicht nur eine Rolle im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz, sondern trägt auch zur Resilienz von Lieferketten bei. Stührenberg betonte, dass Unternehmen, die ihre Lieferketten nachhaltig gestalten, langfristig von stabileren Lieferverhältnissen profitieren. „Nachhaltigkeit und Resilienz gehen Hand in Hand“, sagte er.
Besonders die Nutzung regional verfügbarer und nachhaltiger Ressourcen könne dazu beitragen, die Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu reduzieren. Ghebrekedus Ashera vom VDMA wies darauf hin, dass Unternehmen, die auf lokale Lieferanten und nachhaltige Materialien setzen, in Krisenzeiten weniger anfällig für Störungen sind. „Nachhaltige Lieferketten sind in vielerlei Hinsicht widerstandsfähiger gegenüber globalen Schocks“, betonte Ashera. Diese Entwicklung hin zu nachhaltigeren und gleichzeitig robusteren Lieferketten sei im Maschinenbau von strategischer Bedeutung.
Fazit: Resiliente Lieferketten als zentrale Herausforderung
Der „Maschinenbaugipfel-Salon“ zeigte eindrucksvoll, dass resiliente Lieferketten im Maschinenbau ein wesentlicher Faktor für den langfristigen Erfolg sind. Die Herausforderungen durch geopolitische Spannungen, pandemiebedingte Störungen und steigende Komplexität machen es unerlässlich, dass Unternehmen ihre Lieferketten robuster und flexibler gestalten. Digitalisierung, Agilität und eine breit diversifizierte Lieferantenbasis sind dabei entscheidende Bausteine.
Die Experten Ashera, Stührenberg und Triemer, zeigten klar auf, wie Unternehmen durch gezielte Maßnahmen ihre Lieferketten widerstandsfähiger machen können. Neben kurzfristigen Anpassungen wie dem Einsatz digitaler Technologien müssen Unternehmen auch langfristige Strategien entwickeln, um auf künftige Herausforderungen vorbereitet zu sein.