Auf dem nächsten Maschinenbau-Gipfel Salon dreht sich alles um das Thema resiliente Lieferketten.

Auf dem nächsten Maschinenbau-Gipfel Salon dreht sich alles um das Thema resiliente Lieferketten. (Bild: ipopba - stock.adobe.com)

Wie sahen die Lieferketten der vergangenen zwei Jahre aus? Was sind die Learnings?

Ghebrekedus Ashera: In den letzten zwei Jahren waren die Lieferketten im deutschen Maschinenbau von verschiedenen Herausforderungen geprägt. Es gab globale Engpässe in der Halbleiterindustrie und weiteren Elektronikkomponenten.

Geopolitische Konflikte, wie beispielsweise in der Ukraine, haben ebenfalls zu Unsicherheiten in den Lieferketten beigetragen, welche die Materialbeschaffung störten. Die Lieferketten zeigten jedoch einen positiven Trend hin zum Vorkrisenniveau.

Wie sehen sie jetzt aus und was sind die größten Probleme?

Ashera: Die Lieferketten haben sich gegenüber den vorherigen Jahren stabilisiert. Die Situation hat sich für Lieferungen von Materialerzeugnissen, Chemikalien und Kunststoff/Gummi erholt. Die Situation bei Elektronikkomponenten hat sich ebenfalls verbessert, ist jedoch weiterhin herausfordernd.

Hat sich die Beschaffungsstrategie der VDMA-Mitgliedsunternehmen im Hinblick auf Themen wie Resilienz und Risikomanagement verändert? Gibt es mehr Lagerhaltung?

Ashera: Die Diversifizierung der Lieferanten ist eine Reaktion auf die Herausforderungen der letzten Jahre. Die Lagerhaltung in der Branche wurde erhöht, um Verzögerungen zu kompensieren. Weiterhin ist die Erhöhung des Bestellvorlaufs ein Werkzeug der Mitgliedsunternehmen, neben der Substitution von Teilen. Hierbei hängt es jedoch stark von der Kompatibilität der verbauten Teile und den daraus resultierenden Anpassungen ab.

Maschinenbau-Gipfel Salon mit Ghebrekedus Ashera

Ghebrekedus Ashera
(Bild: VDMA)

Ghebrekedus Ashera ist Referent Service und Projektmanagement beim VDMA und wird auf dem nächsten Maschinenbau-Gipfel Salon zum Thema "Resiliente Lieferketten: Wie und warum der Maschinenbau seine Supply Chains stärken muss" diskutieren.

  • Die Veranstaltung findet am 18. September in Blomberg bei Phoenix Contact (inklusive Werksführung) in Präsenz oder digital in unserer Community-App statt.
  • Weitere Gäste sind: Frank Stührenberg, CEO Phoenix Contact sowie Ephraim Triemer, Advisor Enterprise Accounts bei Soley.
  • Hier können Sie sich kostenlos anmelden!

Welche Rollen spielen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) im Kontext der Beschaffung?

Ashera: Berücksichtigt man soziale und ökologische Aspekte in der Lieferkette, bildet man eine nachhaltige und somit auch robuste Struktur. Dies minimiert das Risiko von Störungen in den Lieferketten.

Hierbei sollte man aber nicht außer Acht lassen, dass es einen nicht unerheblichen Mehraufwand bedeutet. Weiteres Personal wird benötigt, die neuen Regularien zu implementieren und zu überwachen. Falls bestehende Zulieferer aufgrund der Nichteinhaltung der Regularien nicht mehr in Frage kommen, gilt es ein neues Netzwerk an Zulieferern aufzubauen. Das Thema Nachhaltigkeit bietet neben den Vorteilen zusätzliche Komplexität in der Beschaffung.

Wie erreicht man denn als Maschinen- und Anlagenbauer resiliente Lieferketten?

Ashera: Es bestehen verschiedene Ansätze, um die Lieferketten resilienter zu gestalten:

  • Diversifizierung: Die Materialien von mehreren Zulieferern beziehen, um bei Ausfällen das Risiko eines Produktionsstopps zu minimieren.
  • Lokale Beschaffung: Dies verkürzt die Transportzeiten und macht im besten Fall unabhängig von geopolitischen Krisen.
  • Transparente Kommunikation: Ein offener Austausch bezüglich Kapazitäten, Lieferzeiten und Risiken kann Reaktionszeiten verkürzen.
  • Risikomanagement: Durch Risikoanalysen der Materialgruppen können potenzielle Schwachstellen erkannt werden. Eine Minimierung der erkannten Risiken kann dadurch abgeleitet werden, indem die Lagerbestände für kritische Bauteile erhöht wird.

Wie setzen deren Zulieferer das um?

Ashera: Die Zulieferer des Maschinenbaues sind häufig selbst Maschinenbauer und ebenfalls Mitglieder. Daher gehen wir von ähnlichen Strategien aus.

Wie stellen sich moderne Sourcing-Strategien dar und was müssen sie zwingend beinhalten?

Ashera: Moderne Sourcing Strategien sind strategische Partnerschaften, Multi Sourcing, Nearshoring und Digitalisierung. Zu diesen genannten Strategien ist der Multi Sourcing Ansatz eine Maßnahme, die unter anderen bereits Anwendung findet. Weiterhin können nachhaltige Beschaffung, agiles Sourcing, kollaborative Beschaffung und ein Risikomanagement als Strategie in der Beschaffung dienen. Dies wird durch die Art der Produkte und Ressourcen innerhalb der Unternehmen bestimmt.

Wie helfen KI-gestützte Lieferzeitenprognosen und Automatisierung?

Ashera: Lieferzeitenprognosen und Automatisierung spielen eine Rolle bei der Optimierung von Lieferketten und der Verbesserung der Effizienz in der Logistik. KI gestützte Systeme analysieren große Datenmengen und helfen bei der Datenanalyse Muster und Trends zu erkennen und erlauben verbesserte Lieferzeitenprognose.

Echtzeittracking relevanter Datenquellen ermöglichen eine dynamische Anpassung der Prognosen oder eine Routenoptimierung zur Effizienzsteigerung. Weiterhin ermöglicht Maschinelles Lernen der KI eine ständige Verbesserung der Prognosen durch Erweiterung der Datengrundlage.

In Bezug auf Automatisierungstechnologien können hierbei repetitive Aufgaben in der Lieferkette übernommen werden, wie zum Beispiel die Eingabe von Bestellungen oder die Aktualisierung von Bestandsdaten. Dies bedeutet eine Effizienzsteigerung und wird schon eingesetzt.

Diese Hilfsmittel finden Anwendung in der Lieferkette, hängen jedoch stark von der Art der Fertigung und der Größe des Unternehmens ab. Die Anwendung für KI-Lösungen und Automatisierung bedarf spezieller Ressourcen. Hierbei ist die Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Mittel für Unternehmen mit entsprechender Größe zu prüfen.

Können die fünf großen Rs - also Refuse, Reduce, Reuse, Recycle und Repair - nicht auch eine Alternative sein?

Ashera: Mit 80 Prozent Umsatz im Neumaschinengeschäft kann dies je nach Art des Produktes als Teillösung dienen. Dies wird bereits gelebt, wenn man sich die Servicestrukturen anschaut. Ein weiterer Ausbau in diese Richtung ist daher erstrebenswert im Hinblick auf die Herausforderungen in der Beschaffung.

Positive Seiteneffekte finden sich in der langfristigen Kundenbindung, der weiteren Sicherung der Materialversorgung und der Senkung des CO2-Fußabdruckes.

Wo drückt der Schuh aktuell?

Ashera: Neben dem Fachkräftemangel ist die Auftragslage im Maschinenbau aktuell die größte Herausforderung.

Welche Probleme sind für die Zukunft jetzt schon absehbar?

Ashera:

  • Geopolitische Konflikte: Spannungen zwischen Ländern können Lieferketten stören und den Zugang zu bestimmten Märkten oder Ressourcen einschränken.
  • Cybersecurity: Mit der zunehmenden Digitalisierung der Beschaffungsprozesse werden Angriffe auf IT-Systeme zentrales Thema in der Beschaffung.
  • Legislativer Rahmen: Neue gesetzliche Richtlinien, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung, können die Beschaffungsstrategie von Unternehmen beeinflussen. Die Einhaltung dieser Vorschriften erfordert möglicherweise Anpassungen in den Lieferketten.
  • Handelspolitik: Veränderungen in der Handelspolitik können die Kosten und Verfügbarkeit von Rohstoffen beeinflussen.
maschinenbau-Gipfel Salon
(Bild: mi-connect)

Kommen Sie zum Maschinenbau-Gipfel Salon!

Der Maschinenbau-Gipfel ist richtungsweisend und impulsgebend für die gesamte Branche. Damit Sie nicht ein ganzes Jahr auf spannende Diskussionen verzichten müssen, laden wir Sie zu unserem Networking-Format "Maschinenbau-Gipfel Salon" mit anschließendem Catering ein – live vor Ort oder digital.

 

Der nächste Maschinenbau-Gipfel Salon findet am 18. September in Blomberg bei Phoenix Contact (inklusive Werksführung) in Präsenz oder digital in unserer Community-App statt. Das Thema: "Resiliente Lieferketten: Wie und warum der Maschinenbau seine Supply Chains stärken muss"

 

Weitere Informationen gibt es hier!

Sie möchten gerne weiterlesen?