Ephraim Triemer ist ein strategischer Denker und Innovator bei Soley. Er ist einer der Podiumsgäste auf dem Maschinenbau-Gipfel Salon am 18. September.

Ephraim Triemer ist ein strategischer Denker und Innovator bei Soley. Er ist einer der Podiumsgäste auf dem Maschinenbau-Gipfel Salon am 18. September. (Bild: Soley)

Wie sahen die Lieferketten der vergangenen zwei Jahre aus? Was sind die Learnings?

Ephraim Triemer: Die Geschäftswelt ist in den letzten Jahren zunehmend volatiler und komplexer geworden, was massive und oft schwer vorhersehbare Auswirkungen auf die Lieferketten hatte. Geopolitische Unsicherheiten, Logistikprobleme, Engpässe wie die Chipkrise und der Klimawandel haben diese Situation weiter verschärft.

Ein zentrales Learning war die Notwendigkeit, Lieferketten zu diversifizieren und Abhängigkeiten zu reduzieren. Viele Unternehmen haben begonnen, ihre Lieferantenbasis breiter aufzustellen und stärker auf lokale Produktion zu setzen, um Transportwege zu verkürzen und Risiken zu minimieren.

Auch die verstärkte Investition in digitale Lösungen zur Verbesserung der Supply Chain Visibility hat sich als entscheidend erwiesen, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und schneller reagieren zu können. Technologien wie IoT, KI und Big Data spielen dabei eine wichtige Rolle. Hier kommt auch Product Mining ins Spiel: Indem Unternehmen gezielt ihre Produkte, Komponenten- und Lieferantenlandschaft analysieren, werden erstmalig die Beziehungen und Abhängigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufgezeigt.

Unternehmen haben dadurch die Möglichkeit, die Resilienz ihrer Lieferketten präventiv zu stärken und bei externen Ereignissen sofort den Business Impact zu verstehen und entsprechend zu reagieren.

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(Bild: mi-connect)

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Wie sehen sie die Lieferketten jetzt aus und was sind die größten Probleme?

Triemer: Im Vergleich zu den starken Disruptionen während der Pandemie haben sich die globalen Lieferketten heute zwar wieder stabilisiert, dennoch nehmen die Schwankungen der Auftragseingänge der produzierenden Industrie nach wie vor zu, laut dem Statistischen Bundesamt. Insgesamt sind die Lieferketten über die letzten Jahre deutlich komplexer geworden und Auswirkungen von Ereignissen innerhalb der Lieferketten noch schwerer nachvollziehbar.

Hinzu kommen Preisschwankungen durch Inflation, die zu Unsicherheiten bei der Kostenplanung und Kalkulation führen. Im Ergebnis ist für operative und strategische Entscheidungen (datenbasierte) Transparenz ungleich wichtiger.

Haben sich die Beschaffungsstrategien im Hinblick auf Themen wie Resilienz und Risikomanagement verändert? Etwa in Richtung mehr Lagerhaltung?

Triemer: Ja, die Beschaffungsstrategien haben sich in Richtung eines ‚Just-in-case‘-Ansatzes entwickelt, bei dem Unternehmen vermehrt Lagerbestände an kritischen Materialien vorhalten, um sich gegen potenzielle Engpässe abzusichern. Auch die Diversifizierung der Lieferantenbasis, insbesondere durch Multi-Sourcing, ist eine zentrale Strategie, um Risiken zu minimieren. Darüber hinaus setzen Unternehmen verstärkt auf flexible Produktionskapazitäten, um schneller auf Nachfrageschwankungen und Lieferkettenstörungen reagieren zu können.

Das Product Mining spielt dabei eine zentrale Rolle, indem es Unternehmen ermöglicht, ihre Lieferketten transparent einzusehen und dadurch zu verstehen, wo Risiken durch Ausfallpotentiale bestehen und welches Geschäft dadurch betroffen wäre. Dadurch können frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, die die Resilienz der Lieferketten stärken und ein ganzheitliches Risikomanagement ermöglichen.

Welche Rollen spielen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility im Kontext der Beschaffung?

Triemer: Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) haben in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und spielen eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Reputation und Markenwahrnehmung von Unternehmen. Im Bereich der Beschaffung bedeutet das konkret, dass Unternehmen zum Beispiel zunehmend auf nachhaltige Materialien, Wiederverwendung und umweltfreundliche Produktionsmethoden setzen.

Auch hier findet das Thema Product Mining Anknüpfungspunkte, da es die Möglichkeit bietet, Bewertungen und Nachhaltigkeitsscores von Lieferanten innerhalb der Lieferketten mit zu berücksichtigen.

Wie erreicht man denn als Unternehmen resiliente Lieferketten?

Triemer: Um Lieferketten resilienter zu gestalten, ist es elementar für Unternehmen, ein Verständnis über Zusammenhänge und Abhängigkeiten von Lieferanten, Portfolio, und Kunden entlang der Wertschöpfungskette zu gewinnen. Auch die hohe Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Produkte spielen eine große Rolle. Unternehmen mit transparenten Lieferketten können Probleme schneller identifizieren und beheben, da sie genau wissen, wo ihre Produkte sich befinden.

Durch die gezielte Analyse der eigenen Produktpalette und Komponenten können Unternehmen unnötige Komplexitäten in der Lieferkette identifizieren und eliminieren. Dies trägt dazu bei, die gesamte Wertschöpfungskette schlanker, agiler und widerstandsfähiger zu machen.

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Wie setzen Zulieferer das um?

Triemer: Genauso wie Lieferanten, ist es auch für die Zulieferer unumgänglich, sich mit ihren eigenen Lieferketten auseinanderzusetzen. Hier geht es mehr darum, die Rohstoffe aus unterschiedlichen Quellen und aus verschiedenen geografischen Regionen zu beziehen, eventuell Produktionsstandorte umzuverlagern und Lagerbestände zu erhöhen.

Wie stellen sich moderne Sourcing-Strategien dar und was müssen sie zwingend beinhalten?

Triemer: Ein zentraler Bestandteil moderner Sourcing-Strategien ist vor allem zu verstehen, welche Auswirkungen jeder einzelne Lieferant auf das Kerngeschäft des Unternehmens haben kann. Basierend darauf ergibt sich die Notwendigkeit zu evaluieren, an welchen Stellen Multi-Sourcing eine wichtige Entscheidung darstellt, um kritische Materialien, Komponenten oder Dienstleistungen nicht nur von einem einzigen Lieferanten zu beziehen.

Dadurch können Abhängigkeiten von einem einzelnen Lieferanten verringert und somit das Risiko von Versorgungsengpässen minimiert werden. Und auf der anderen Seite sollte allerdings auch geprüft werden, welche Lieferanten nicht länger für das Kerngeschäft von Bedeutung sind.

Wo drückt der Schuh aktuell; welche Probleme für die Zukunft sind absehbar?

Triemer: Unternehmen haben nicht die Möglichkeit einzusehen, welche Auswirkungen Lieferantenausfällen in Bezug auf Kunden, Produkte, und Umsätze haben. Die Volatilität bleibt bestehen und wird sich in Zukunft noch weiter verstärken. Deswegen ist es umso wichtiger in der Supply Chain flexibel zu sein und als Unternehmen manövrierfähig zu bleiben, indem die Komplexität in Portfolio und Supply Chain reduziert wird. Weiterhin kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass unterschiedliche Strategien notwendig sind, um auf verschiedene Szenarien vorbereitet zu sein.

Ephraim Triemer ist ein strategischer Denker und Innovator bei Soley. Er ist einer der Podiumsgäste auf dem Maschinenbau-Gipfel Salon am 18. September.
. (Bild: Soley)

Ephraim Triemer ist Gesellschafter und Advisor Enterprise Accounts bei Soley. Soley wurde im Jahr 2015 als Spin-off-Unternehmen des Lehrstuhls für Produktentwicklung der Technischen Universität München (TUM) gegründet.

 

Das Software-as-a-Service-Unternehmen sieht sich selbst als Marktführer für Product Mining. Die gleichnamige Softwarelösung verwandelt komplexe Produktdaten in konkrete Maßnahmen und hilft Organisationen, in einem Umfeld komplexer Produktvielfalt schneller bessere Entscheidungen zu treffen.

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