
Sieht futuristisch aus, ist aber kein Science Fiction: Der Hyperloop. - (Bild: Hyperloop TT)
Ende Juli dürften in München wieder einmal die Sektkorken geknallt haben. Zum vierten Mal in Folge gewann das WARR-Hyperloop-Team der Technischen Universität die von Elon Musk 2015 ins Leben gerufene SpaceX Hyperloop Pod Competition. Die Münchner Kapsel schoss mit 463,5 km/h durch die 1,6 km lange Röhre auf der Teststrecke bei Los Angeles.
Mit diesen Prototypen bringen die Studierenden – dieses Mal waren Teams von weltweit 21 Universitäten beteiligt – ein Transportsystem voran, das sich einmal zur klimafreundlichen Alternative zum Flugzeug auf der Mittel- und Kurzstrecke entwickeln soll. Mit dem Münchner Pod ließe sich beispielsweise die Fahrt auf der Strecke von München nach Hamburg auf rund 1 h und 15 min verkürzen.
Wie der Hyperloop funktioniert
Doch wie funktioniert der Hyperloop – ein Konzept, das SpaceX-Gründer und Tesla-Chef Elon Musk 2013 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert hatte? Es handelt sich dabei um einen überschallschnellen Zug, der in einer Art Rohrpostsystem mit Geschwindigkeiten von bis zu 1200 km/h „fliegt“.
Bei konventionellen Hochgeschwindigkeitszügen begrenzen Luftwiderstand und Rollreibung der Räder die Endgeschwindigkeit für einen wirtschaftlichen Betrieb. Bei Hyperloop minimiert ein Teilvakuum in den Transportröhren, bei dem der Luftdruck auf etwa 1 Prozent der normalen Atmosphärenbedingungen abgesenkt wird, nahezu alle wesentlichen Verluste.
Dabei gleiten die Kapseln entweder auf Luftpolstern durch die Röhre oder schweben elektromagnetisch angetrieben hindurch. Die aktuellen Konzepte sehen vor, dass die Röhren auf Stelzen ruhen. Speziell in dicht besiedelten und bergigen Gebieten und aufgrund der großen Kurvenradien wird man jedoch nicht um die unterirdische Verlegung umhinkommen. Experten gehen davon aus, dass rund 50 Prozent der Infrastruktur unter der Erde verlaufen müsste.
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Welche Technologien zum Einsatz kommen
Was für Laien wie eine utopische Lösung für die ferne Zukunft erscheint, ist für diejenigen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, zumindest aus technologischer Sicht durchaus beherrschbar. Man werde nicht daran scheitern, dass es unmöglich ist. Die Technologie existiere, man müsse sie zusammensetzen und vor allem an offenen Regulierungsfragen arbeiten, sagte Dirk Ahlborn, CEO von Hyperloop Transportation Technologies in einem Interview. Das US-amerikanische Unternehmen baut derzeit in Toulouse eine 320 Meter lange Strecke auf.
Auch für Dominik Härtl ist Hyperloop alles andere als eine Utopie oder Science Fiction. „Wir setzen in vielen Bereichen auf bekannte und teilweise etablierte Technologien wie Magnetschwebe- oder Vakuumtechnik. Diese werden lediglich nur auf neue Weise miteinander kombiniert“, sagt der Mitarbeiter der Geschäftsentwicklung beim niederländischen Unternehmen Hardt Hyperloop.
Die Ausgründung der TU Delft betreibt dort eine 30 Meter lange Teststrecke in Originalgröße mit einem Rohrdurchmesser von 3 Metern. Damit lassen sich zwar keine großen Geschwindigkeiten umsetzen, jedoch die Testung „aller relevanten Komponenten des Hyperloopsystems, wie die Magnetschwebetechnik oder die Elektroantriebe“, merkt Härtl an.
Er verweist auf das typische Henne-Ei-Problem bei der Einführung neuer Technologien. Für die Tests seien erhebliche Investitionen vonnöten, diese Gelder würden jedoch nur bei entsprechenden technischen Entwicklungen fließen. „Deshalb wollen wir mit einem möglichst geringen Investitionsaufkommen möglichst viele Ergebnisse validieren“, betont Härtl.

Wo die technologischen Herausforderungen liegen
Wo genau die Hürden liegen, listet die gerade erschienene Studie „The Future of Hyperloop“ auf. Der vom niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Wassermanagement in Auftrag gegebene Report analysiert detailliert die einzelnen Teile eine Hyperloopsystems.
Für die Schwebeführung gelten die derzeit in Magnetschwebebahnen eingesetzte elektrodynamische (EDS) und elektromagnetische (EMS) Variante den Studienautoren der Uni Delft zufolge als die beiden vielversprechendsten Technologien. Die Eignung für die Arbeitsgeschwindigkeiten eines Hyperloops müssten beide Technologien jedoch noch nachweisen.
Bei den Elektroantrieben konkurrieren der Linear-Synchronmotor (LSM) und der Linear-Induktionsmotor (LIM) miteinander. Während der LIM die beste Leistung in Bezug auf Kosten und Zuverlässigkeit biete, hat der LSM dem Report zufolge Vorteile bei erreichbarer Geschwindigkeit und dem Energieverbrauch. Bei den druckfesten Transportkapseln empfehlen die Autoren eine Passagieranzahl von 50 und einen Poddurchmesser von 2,7 Metern, so dass pro Reihe drei nebeneinander liegende Sitze einschließlich eines Ganges möglich sind.
Digitalisierung im deutschen Maschinenbau

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Wer gewährleistet die Sicherheit
Neben zahlreichen weiteren Aspekte wie Ausgestaltung des Vakuums, Werkstoffe für das Rohrsystem oder die passende Kommunikationstechnologie adressiert der Report vor allem das Thema Sicherheit, als wichtigsten Aspekt eines Hyperloop-Systems. Hier schlagen die Niederländer die Gründung einer europäischen Zertifizierungs-Agentur für die eingesetzten Komponenten vor.
Überhaupt treibt das Thema Standardisierung die Beteiligten ziemlich um. Ziel sei es, ein einheitliches System in Europa zu etablieren, betont Dominik Härtl. Die EU-Kommission unterstütze dies bereits. Und auch Dirk Ahlborn sieht hier besonderen Handlungsbedarf. Das größte Problem sei nicht die Technologie, sondern die Regulierung, da man Neuland betrete.
Schließlich ist ein Hyperloop kein Flugzeug und auch kein Zug. Innovation könnten ganz schnell gehen, Regulierung brauche da etwas länger, so der Chef von Hyperloop TT. Entsprechend sieht Ahlborn hier großen Bedarf, hier intensiv mit der Politik zusammenzuarbeiten.
Auch Prof. Walter Neu von der Hochschulen Emden/Leer und Oldenburg verweist darauf, unbedingt den Fehler zu vermeiden, den es bei der Eisenbahn mit den unterschiedlichen Schienenbreiten gab. Neu plädiert dafür, sich von Anfang an auf einen möglichst weltweit geltenden Standard zu einigen.
Warum sich der Hyperloop für den Gütertransport eignet
Doch werden sich tatsächlich einmal Menschen in einer Röhre mit Geschwindigkeiten von 1200 km/h befördern lassen? Prof. Neu sieht zumindest anfangs die hohen Geschwindigkeiten nicht. Denn für Menschen wäre dies vergleichbar mit einem Katapultstart auf einem Flugzeugträger.
Das wolle man als Passagier nicht wirklich erleben. Deshalb setzen die aktuellen Pilotprojekte auch auf den Warentransport. Das was man dabei lerne, könne man später in der Personenbeförderung anwenden, erläutert Neu die Strategie. Auch bei Hardt Hyperloop setzt man bei der geplanten neuen Teststrecke auf kleinere Röhrendurchmesser und den Transport von Gütern.
Bei der Personenbeförderung sei man „noch nicht im Stadium, in dem dies relevant ist“, sagt Härtl. Aber auch die Teststrecke für den Warentransport werde man nicht ohne einen kommerziellen Produkthintergrund entwickeln, berichtet der Business Developer. Eine Option seien etwa Dienstleistungen im Bereich E-Commerce.

Wo entstehen die wichtigsten Teststrecken
Während die Niederländer noch nach einem passenden Standort für ihre Aktivitäten suchen, haben die Niedersachsen bereits eine spannende Alternative fest im Blick: die Nachnutzung der Transrapid-Teststrecke in Lathen. Die 1987 in Betrieb gegangene und 2011 stillgelegte Einrichtung soll zu einem europäischen Hyperloop Forschungs- und Technologiezentrum weiterentwickelt werden.
Die grob geschätzten Kosten für den Rückbau der rund 31 Kilometer langen Stelzenbahn sollen mit 40 Millionen Euro ungefähr denen für den Ausbau und den 10-jährigen Betrieb einer Hyperloop-Teststrecke entsprechen. Unter anderem in Anbetracht der zu erwartenden Genehmigungsverfahren bezeichnet Neu Lathen als weltweilt besten Standort.
Doch auch anderswo auf der Welt gibt es Aktivitäten. So ließ kürzlich die Vereinbarung des US-amerikanische Unternehmen Virgin Hyperloop One mit der Saudi Arabischen Regierung über den Bau einer 35 km langen Teststrecke in der Nähe der noch zu errichtenden Stadt der Zukunft „King Abdullah Economic City“ aufhorchen.
Bereits Ende vergangenen Jahres haben Hyperloop TT und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ein Joint Venture gegründet, mit der Maßgabe, die Idee des Containertransports mittels Hochgeschwindigkeit durch eine Röhre voranzutreiben. Dirk Ahlborn ist sich sicher: „Gemeinsam werden wir ein Transportsystem entwickeln, das nicht nur auf Geschwindigkeit und Effizienz ausgelegt ist, sondern auch die Herausforderungen der Häfen im täglichen Betrieb berücksichtigt.“
Mobilität der Zukunft und der deutsche Maschinenbau

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Hyperloop: Wie hoch der Energieaufwand ist
Sind die Vorbehalte auch noch so groß, viele Pluspunkte sammelt die Technologie auf jeden Fall beim Klimaschutz – ein Thema bei dem der Verkehrssektor besonders großen Nachholbedarf hat. Denn der Energieaufwand für die Fortbewegung ist äußerst gering.
Nachdem der Elektromotor das Fahrzeug auf seine Reisegeschwindigkeit gebracht hat, benötigt er nur noch einen Bruchteil der Energie, um diese Geschwindigkeit beizubehalten. Und beim Abbremsen lässt sich wie beim Elektroauto eine beträchtliche Menge an Energie zurückgewinnen.
Dominik Härtl bestätigt dies: „Der Energieaufwand für das Schweben des tonnenschweren Fahrzeugs liegt lediglich im Bereich einer Glühbirne.“ Hier schlägt auch das Vakuum nicht übermäßig zu Buche. Energieaufwändig ist dabei vor allem dessen Aufbau, für das Aufrechterhalten werde dagegen kaum Energie benötigt, so Härtl. „Man wird ja nicht stets das Vakuum rauf- und runterfahren“, erläutert er.
Optimismus verbreitet auf jeden Fall Dirk Ahlborn. Man baue mit dem Hyperloop ein System auf, das technologisch auf dem Stand des 21. Jahrhunderts beruht. Wenn man sich heute die Fern- und Nahverkehrsverbindungen auf der Schiene anschaue, sei das dort nicht so, sagte er kürzlich in einem Interview.
Kommerzielle Hyperloop Unternehmen im Jahr 2019
- DGWHyperloop (Indien)
- Hardt Global Mobility (Niederlande)
- HyperloopTT (USA)
- Hyper Poland (Polen)
- TransPod (Kanada)
- Virgin Hyperloop One (USA)
- Zeleros (Spanien)
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