Portrait von Michael Finkler in weißem Hemd und dunkelblauem Jacket

Michael Finkler ist Geschäftsführer Business Development bei Proalpha. Das Unternehmen unterstützt Kunden mit passenden Funktionen in ihren ERP-Systemen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. (Bild: Pro Alpha)

Am 11. und 12. Oktober 2022 findet in Berlin der 13. Deutsche Maschinenbau-Gipfel von VDMA und PRODUKTION statt. Auch Michael Finkler, Geschäftsführer Business Development Proalpha wird teilnehmen. Hier erklärt er, warum besonders der Schwerpunkt Nachhaltigkeit für ihn relevant ist.

PRODUKTION: Wie wichtig ist Ihnen 'Nachhaltigkeit' in Verbindung mit dem Klimawandel? Was halten Sie in diesem Zusammenhang vom Thema ‚Green Coding‘?

Michael Finkler: Welch eine Frage? Die gesteckten Ziele bezüglich des Klimawandels sind ohne deutlich mehr Nachhaltigkeit, sowohl im wirtschaftlichen als auch im privaten Bereich, definitiv nicht erreichbar. Eine Fortsetzung unreflektierter Ausbeutung sowie Zerstörung unserer Ressourcen und Ökosysteme – übrigens vor allem zulasten nachfolgender Generationen – darf es nicht weiter geben. Wir dürfen Systemen nur so viel entnehmen, wie „nachwächst“.

Lassen Sie mich als Vertreter von Proalpha und führenden Anbieter von ERP+ Softwarelösungen dabei auf unsere Rolle reflektieren: Wir müssen mit unseren Systemen unsere Industriekunden dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsziele, wie z.B. CO2-Neutralität, zu erreichen. ERP steht für Enterprise Ressource Planning und drückt die Aufgabe des Ressourcenmanagements bereits im Namen aus. Darüber hinaus sind ERP-Systeme der zentrale Daten- und Prozesshub der Unternehmen und steuern analog einem Nervensystem alle relevanten Prozesse – von der Produktentwicklung über die Supply-Chain bis hin zur Produktion.

In diesen Prozessen und Daten müssen zukünftig die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Klimaneutralität integriert abgebildet werden. Hier befinden wir uns als Branche noch am Anfang. Ich selbst bin in Gesprächen mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesumweltamt eingebunden, bei denen es um eine Bestandsaufnahme und Festlegung der Anforderungen auf Seiten der Softwareanbieter geht. Hier ist noch Pionierarbeit zu leisten. Als Proalpha haben wir ein größeres Forschungsprojekt beim FIR RWTH Aachen in Auftrag gegeben. Dieses soll die Anforderungen an das ERP – bezogen auf die Erstellung von Klimabilanzen – auf die möglichen Hebelwirkungen innerhalb des ERP sowie der Integration von Spezialsystemen zur Erhebung und zum Tracking von CO2-Emissionen ermitteln. Ziel muss sein, dass wir unseren Kunden möglichst schlüsselfertige Funktionen liefern können, um ihre teils gesetzlich notwendigen Nachhaltigkeitspflichten zu erfüllen.

Green Coding spielt übrigens vor diesem Hintergrund keine nennenswerte Rolle. Das Thema ist sicherlich mittel- und langfristig zu berücksichtigen. Aber zuerst sind die Hausaufgaben mit den größten Nachhaltigkeitseffekten zu erledigen. Hier haben alle Softwareanbieter noch ein großes Feld vor sich.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION freuen sich, wenn Sie auch 2025 in Berlin dabei sind!

 

Hier geht es zur Website des Maschinenbau-Gipfels.

Inwiefern kann ein ERP-System den Ansatz der Kreislaufwirtschaft stützen?

Finkler: Selbstverständlich ist die Kreislaufwirtschaft einer der wesentlichsten Faktoren, wenn es um die Nachhaltigkeitsziele der Unternehmen und natürlich auch der Staaten geht. Es muss für alle klar sein, dass in einer Welt mit endlichen Ressourcen nur Produktionsverfahren mit einem wirklichen, stofflichen Kreislauf unbeschränkt fortgeführt werden können. Unsere Industrie muss daher massiv darauf zielen, möglichst ohne Abfälle (zero waste) und ohne Emissionen (zero emission) zu wirtschaften.

Natürlich müssen ERP-Systeme dies in allen benötigten Prozessen und Daten ermöglichen. Dabei sind alle Unternehmensbereiche tangiert, angefangen von der Produktentwicklung über die Supply Chain und die Produktion bis hin zur Instandhaltung, Reparatur, Wiederverwendung sowie dem Re-Manufacturing. Auch hier steht die ERP-Industrie noch am Anfang und muss umfangreiche, effiziente Standardfunktionalitäten in allen relevanten Unternehmensbereichen sowie APIs zu Spezialsystemen, wie z.B. zur Ermittlung der individuellen CO2-Klimabilanz, zur Verfügung stellen. Die Datenbereiche und Funktionen zur Abbildung dieser Anforderungen werden umfangreich und sehr übergreifend sein und bedürfen noch einiges an Zeit bis zur Bereitstellung.

"Ich bin in Berlin beim Maschinenbau-Gipfel, weil es für mich als Vorstandsvorsitzender des Fachverbandes Software und Digitalisierung eine wunderbare Möglichkeit ist, mich mit den Mitgliedern des Fachverbandes und den Vorstandskollegen wieder persönlich auszutauschen und weil wir das Thema der strategischen Business Transformation und unseren neu entwickelten Praxisleitfaden allen Mitgliedern bekannt machen wollen." - Michael Finkler, Geschäftsführer Business Development Proalpha

Wie stützen ERP-Systeme heute verschiedene Supply Chain-Ansätze wie Single-Sourcing oder Multi-Sourcing und auf welche Weise können sie helfen, resiliente Lieferketten auszuprägen?

Finkler: Auch heute schon unterstützen ERP-Systeme, so auch Proalpha, diese Anforderungen umfangreich, sonst würde unsere Wirtschaft nicht funktionieren. Die aktuellen Krisensituationen haben uns aber gezeigt, dass die praktizierten Supply-Chain-Prozesse häufig auf „Kante“ genäht sind und sich dadurch für verändernde Rahmenbedingungen anfällig zeigen. Resilienz muss in unserer volatilen Welt insofern eine strategische Zielsetzung bei der Ausgestaltung der eigenen Produkte, Produktion sowie der Beschaffungs- und Vertriebsprozesse sein.

Aus den gemachten Erfahrungen heraus wird es zudem stärker notwendig werden, mehr Transparenz über die eigenen Supply Chain-Prozesse bis hinein in die vorgelagerten Unternehmen zu erhalten, aktive und systemgestützte Warnfunktionen zu integrieren und vor allem flexible sowie systemgestützte Steuerungsmechanismen zu etablieren. Auch hier liegt es auf der Hand, dass ERP und in Einzelfällen spezielle Supply-Chain-Management-Systeme diesbezüglich weiter ausgebaut werden müssen. Besonders wichtig wird sicherlich auch der Ausbau der horizontalen sowie digitalen Vernetzung von Unternehmen in gemeinsamen Supply-Chain-Systemen. Auch dadurch werden Transparenz und Steuerungsfähigkeit sowie letztendlich die Resilienz der Systeme deutlich erhöht.

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