VBW-Studie

Energiepreise bedrohen Industrie-Standort

Industriekunden in Nordamerika zahlen nur halb so viel für Energie wie deutsche Betriebe. Die Folge: Produktion wird verlagert, Investitionen verschoben.

Veröffentlicht
Deutschland gehört weiterhin zu den Ländern mit den höchsten Strom- und Gaspreisen für die Industrie.
Deutschland gehört weiterhin zu den Ländern mit den höchsten Strom- und Gaspreisen für die Industrie.

Warum zählt Deutschland zu den teuersten Industriestandorten?

Deutschland gehört weiterhin zu den Ländern mit den höchsten Strom- und Gaspreisen für die Industrie. Das belegt laut einer Mitteilung die aktuelle Studie „Internationaler Energiepreisvergleich für die Industrie“, erstellt von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) im Auftrag der VBW – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Trotz erster Entlastungsschritte, etwa durch die Verstetigung der Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe oder den Bundeszuschuss zu den Netzentgelten, bleibe die Belastung für Unternehmen überdurchschnittlich hoch. Eine Trendumkehr sei derzeit nicht in Sicht.

Besonders energieintensive Branchen spüren demnach diesen Wettbewerbsdruck unmittelbar: die Produktion sinkt, Investitionen werden verschoben und zunehmend ins Ausland verlagert. Wettbewerbsfähige Energiepreise seien jedoch eine Grundvoraussetzung für eine starke Industrie. „Wenn Deutschland ein führender Industriestandort bleiben will, muss dieser Kostenfaktor verlässlich, planbar und international wettbewerbsfähig werden“, erklärt VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Wie hoch sind die Strompreise im internationalen Vergleich?

Im Jahr 2024 lag der durchschnittliche Strompreis für Industriekunden in Deutschland bei rund 14 ct/kWh, so die Studie. Damit liegt Deutschland leicht über dem EU-27-Durchschnitt von 12 ct/kWh. Länder wie Frankreich, Spanien oder Norwegen bieten deutlich günstigere Konditionen. Der weltweite Vergleich fällt noch drastischer aus: Industriekunden in den USA und China zahlen nur rund die Hälfte.

„Vor allem die nationalen Preisbestandteile wie Netzentgelte, Steuern und Umlagen sind in Deutschland vergleichsweise hoch. Zwar sorgen die beschlossenen Entlastungen für eine Dämpfung, strukturelle Kostentreiber bleiben aber bestehen“, erklärt Brossardt.

Wie sieht die Situation beim Gaspreis aus?

FAQ – Energiepreise und Industrie

Warum sind die Energiepreise in Deutschland so hoch?
Wesentliche Gründe sind hohe Netzentgelte, Steuern, Umlagen sowie die Importabhängigkeit Europas bei Gas.

Wie stark weichen die Preise von anderen Ländern ab?
In den USA zahlen Industriekunden etwa die Hälfte, bei Gas sogar nur ein Drittel im Vergleich zu Deutschland.

Welche Branchen sind besonders betroffen?
Vor allem energieintensive Industrien wie Chemie, Metall oder Baustoffe leiden unter den hohen Kosten.

Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen?
Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe und Bundeszuschuss zu den Netzentgelten.

Was fordert die Industrie?
Ein Industriestrompreis, tiefgreifende Reformen bei Abgaben und Infrastruktur sowie eine langfristige Energiepolitik.

Auch beim Gas zähle Deutschland mit rund 6 ct/kWh im Jahr 2024 zu den teuersten Ländern weltweit. In den USA und Kanada liegt der Preis lediglich bei 1 bis 2 ct/kWh, in China bei etwa 3 ct/kWh. Die Ursachen liegen laut VBW in der anhaltenden Importabhängigkeit Europas, teureren LNG-Lieferungen und nationalen Abgaben.

„Zwar ist mittelfristig eine gewisse Annäherung an das asiatische Niveau denkbar, doch Länder mit eigener Förderung und günstiger Infrastruktur bleiben klar im Vorteil. Wenn der Staat nicht handelt, wird dieser wesentliche Wettbewerbsnachteil im globalen Standortvergleich bis auf Weiteres bestehen bleiben“, so Brossardt.

Was bedeutet das für energieintensive Branchen?

Für besonders energieintensive Industriezweige ist die Situation besonders prekär. Sie spüren die hohen Energiepreise unmittelbar. Produktion wird gedrosselt, Investitionen verschoben oder ganz gestrichen. Häufig kommt es zur Verlagerung in Länder mit günstigeren Energiebedingungen.

„Ohne tiefgreifende Reformen bei Netzentgelten, Abgaben und Infrastruktur droht eine weitere Schwächung der industriellen Basis. Die Unternehmen brauchen dringend einen wirksamen Industriestrompreis, der echte Entlastung bringt. Entscheidend ist eine energiepolitische Strategie, die Versorgungssicherheit, Klimaziele und internationale Wettbewerbsfähigkeit gleichermaßen in Einklang bringt“, sagt Brossardt.

Was fordern Industrievertreter konkret?

Die Forderungen der VBW sind eindeutig: Energiepreise müssten verlässlich, planbar und wettbewerbsfähig sein. Die bisherigen Maßnahmen werden als nicht ausreichend eingeschätzt. Statt punktueller Entlastung sei eine strukturelle Lösung gefragt. Ein Industriestrompreis, der tatsächliche Kosten senkt und international mithalten kann, gilt als zentrale Forderung.

Die Reform der Netzentgelte und nationalen Abgaben steht ebenso auf der Agenda wie Investitionen in eine leistungsfähige Infrastruktur. Ziel sei eine energiepolitische Gesamtstrategie, die mehr sei als ein Flickenteppich kurzfristiger Maßnahmen.

Mit Material der VBW