Ruf nach Reformen in der Industrie

Herrenknecht warnt: Kündigungsschutz zu starr

Die Industrie wankt, Jobs wackeln. Tunnelbau-Pionier Martin Herrenknecht kritisiert bestehende Arbeitsmarktregeln – und fordert spürbare Einschnitte.

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Martin Herrenknecht – hier bei der Durchbruchs-Zeremonie beim Bau des Gotthard-Basistunnels – fordert Änderungen beim Kündigungsschutz.
Martin Herrenknecht – hier bei der Durchbruchs-Zeremonie beim Bau des Gotthard-Basistunnels – fordert Änderungen beim Kündigungsschutz.

Sorge um Wettbewerbsfähigkeit

Der industrielle Mittelstand in Deutschland sieht sich zunehmend unter Druck. Während globale Märkte wachsen und Konkurrenten aus Asien mit enormer Dynamik auftreten, gerät der Standort Deutschland immer stärker ins Hintertreffen. Martin Herrenknecht, Gründer und Chef des gleichnamigen Tunnelbohrmaschinen-Weltmarktführers aus dem baden-württembergischen Schwanau, sieht dringenden Handlungsbedarf. In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ spricht er sich klar für arbeitsrechtliche Reformen aus – mit deutlichen Worten und konkreten Forderungen.

Kündigungsschutz im Fokus

„In einer Zeit, in der die Industrie massenhaft Arbeitsplätze abbaut, passt das nicht mehr“, sagt Herrenknecht mit Blick auf den Kündigungsschutz in Deutschland. „Da braucht es Flexibilität.“ Besonders in wirtschaftlich angespannten Phasen würden die starren Regeln zum Risiko.

Der Unternehmer, der 2017 den Preis Deutscher Maschinenbau erhielt, hebt die enormen Unterschiede zu anderen Ländern hervor: „Wenn wir uns in der Schweiz von einem Ingenieur trennen, zahlen wir zwei Monatsgehälter. In Deutschland ein Vielfaches mehr.“ Diese Diskrepanz mache sich nicht nur in betriebswirtschaftlichen Kalkulationen bemerkbar, sondern beeinflusse auch Standortentscheidungen.

Blick nach Osten

Der Vergleich mit anderen Volkswirtschaften fällt für Herrenknecht klar aus. Während in Deutschland Debatten über die Viertagewoche und Frührenten geführt werden, zeige sich in Asien ein ganz anderes Bild: „In Indien und China arbeiten die Menschen sechs Tage in der Woche. Die sind hungrig und wir sind gesättigt.“

Die Aussage lässt keine Zweifel an seiner Haltung zu den unterschiedlichen Arbeitsethiken zu. Er fordert eine Rückbesinnung auf Leistungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit, um im internationalen Vergleich wieder aufzuschließen.

DEUTSCHER MASCHINENBAU-GIPFEL

Der Preis Deutscher Maschinenbau wird auf dem Deutschen Maschinenbau-Gipfel in Berlin verliehen. Der nächste "MBG" findet am 10. & 11. NOVEMBER 2026 im VIENNA HOUSE ANDEL'S, BERLIN, statt. Hier gibt es mehr Infos dazu.

Kritik an sozialen Sicherungssystemen

Neben dem Kündigungsschutz nimmt Herrenknecht auch das deutsche Krankensystem ins Visier. Er plädiert für eine Verkürzung des Krankengeldbezugs von sechs auf drei Wochen und fordert gleichzeitig die Streichung der drei Karenztage im Krankheitsfall. Damit würde sich der Staat aus seiner Sicht aus überdehnten sozialen Verpflichtungen zurückziehen, was aus Unternehmenssicht wirtschaftlich geboten sei.

Steuerfreie Überstunden als Anreiz

Als eine weitere Maßnahme nennt der Mittelständler steuerliche Entlastungen bei Mehrarbeit. „Überstunden hingegen sollten steuerfrei sein“, so Herrenknecht. „Das würde viele motivieren.“ Die Aussage folgt einem klaren Prinzip: Wer mehr leistet, soll auch mehr behalten dürfen.

Leistung müsse sich in Deutschland wieder mehr lohnen, lautet seine Kernbotschaft. Aus unternehmerischer Sicht sind dies keine bloßen Floskeln, sondern ein klarer Appell an Politik und Gesellschaft.

Weltmarktführer aus Baden-Württemberg

Herrenknecht weiß, wovon er spricht. Das von ihm gegründete Unternehmen beschäftigt rund 5.500 Mitarbeitende und gilt als unangefochtener Marktführer für Tunnelbohrmaschinen weltweit. Zu den prominentesten Projekten zählen der Gotthardtunnel in der Schweiz, der Brenner Basistunnel in Österreich und das Bahnprojekt Stuttgart 21 in Deutschland. Die Maschinen aus Schwanau bohren sich seit Jahrzehnten zuverlässig durch die bedeutendsten Infrastrukturprojekte Europas.

Unternehmer mit klarer Haltung

Der Auftritt von Martin Herrenknecht ist nicht neu. Immer wieder meldet er sich zu Wort, wenn es um industriepolitische Fragen oder die Zukunft des Mittelstands geht. Mit seinen aktuellen Aussagen positioniert er sich einmal mehr als pragmatischer Vertreter unternehmerischer Interessen – mit einem klaren Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Reformbereitschaft.

Mit Material der dpa

FAQ zur Kritik von Martin Herrenknecht

Was kritisiert Martin Herrenknecht am Kündigungsschutz? – Er hält ihn für zu starr und kostenintensiv, besonders im internationalen Vergleich, etwa mit der Schweiz.

Welche Länder nennt Herrenknecht als Vergleich? – Die Schweiz, Indien und China werden als Beispiele herangezogen, um Unterschiede in Arbeitsmoral und Rahmenbedingungen aufzuzeigen.

Was fordert Herrenknecht beim Krankengeld? – Eine Verkürzung des Anspruchs von sechs auf drei Wochen sowie die Abschaffung der Karenztage.

Welche steuerpolitische Maßnahme schlägt er vor? – Überstunden sollten steuerfrei gestellt werden, um Anreize für Mehrarbeit zu schaffen.

Wie groß ist das Unternehmen Herrenknecht? – Der Tunnelbohrmaschinen-Spezialist beschäftigt rund 5.500 Mitarbeitende und gilt als Weltmarktführer.

Welche Großprojekte wurden mit Herrenknecht-Maschinen umgesetzt? – Zu den wichtigsten zählen der Gotthardtunnel, der Brenner Basistunnel und Stuttgart 21.