Industrie: Personalabbau nimmt zu

Ifo-Barometer: Industrie streicht weiter Stellen

Ein historisch schwacher Wert im Beschäftigungsbarometer des Ifo-Instituts lässt aufhorchen: Besonders im verarbeitenden Gewerbe hält der Personalabbau ungebremst an – mit Folgen für die gesamte industrielle Struktur in Deutschland.

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Die Aussichten für den Arbeitsmarkt haben sich verschlechtert. Zuletzt waren sie in der Corona-Pandemie auf einem ähnlich niedrigen Niveau.
Die Aussichten für den Arbeitsmarkt haben sich verschlechtert. Zuletzt waren sie in der Corona-Pandemie auf einem ähnlich niedrigen Niveau.

Wie schlecht steht es aktuell um den Arbeitsmarkt?

Das Ifo-Beschäftigungsbarometer ist im November auf einen neuen Tiefstand gefallen. Der Wert sank um einen Punkt auf saisonbereinigt 92,5 Punkte. Damit liegt das Barometer auf dem gleichen Niveau wie im September und Dezember dieses Jahres – schlechter war es zuletzt im Sommer 2020, während der Corona-Pandemie. Das zeigt: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich deutlich eingetrübt.

Warum befindet sich die Industrie im Abschwung?

Besonders alarmierend ist der Blick auf das verarbeitende Gewerbe. Der Teilindex dieses Sektors fällt auf einen Wert von minus 20,9. Damit ist das verarbeitende Gewerbe besonders stark vom Personalabbau betroffen. Laut dem Ifo-Institut setzt sich der Trend zum Stellenabbau in nahezu allen Industriebranchen fort. Die Ursache liegt in der schwächelnden Konjunktur, die Unternehmen dazu zwingt, ihre Belegschaft zu reduzieren.

Dr. Klaus Wohlrabe, Leiter Befragungen des Ifo-Instituts.
Dr. Klaus Wohlrabe, Leiter Befragungen des Ifo-Instituts.

„Viele Unternehmen streichen weiter Stellen“, erklärt Dr. Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Aufgrund der stotternden Konjunktur bleibt die Entwicklung am Arbeitsmarkt schwach.“ Die Aussage unterstreicht die generelle Unsicherheit, die derzeit über weite Teile der Industrie liegt.

Welche Branchen sind besonders betroffen?

Nicht nur die Industrie zeigt sich stark betroffen. Auch im Handel sieht es düster aus: Der Teilindex liegt bei minus 14,4 Punkten. Auffällig ist, dass selbst das normalerweise beschäftigungsintensive Weihnachtsgeschäft keine positiven Impulse mehr setzt. Die Unternehmen planen auch hier mit weniger Personal – ein ungewöhnliches Signal in einem traditionell umsatzstarken Quartal.

Im Dienstleistungsbereich sinkt das Barometer besonders stark. Der aktuelle Wert liegt nun bei minus 4,2 Punkten. Innerhalb dieses Sektors ist das Gastgewerbe negativ hervorgehoben: Es plane, weitere Stellen zu streichen. Die Unsicherheit und Zurückhaltung im Konsumverhalten der Kunden schlägt sich direkt auf die Personalplanung nieder.

Gibt es auch positive Signale?

Trotz der überwiegend negativen Tendenzen am Arbeitsmarkt gibt es auch Ausnahmen. Im Bereich der Rechtsberatungen und Steuerbüros zeigen sich die Beschäftigungsaussichten positiv. Diese Sektoren profitieren offenbar von stabileren Auftragslagen und geringerer Abhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen.

Besonders deutlich zeigt sich die positive Entwicklung im Bauhauptgewerbe. Der Teilindex ist dort auf 4,5 Punkte gestiegen – das ist der höchste Stand seit Mai 2022. Diese Entwicklung ist bemerkenswert, da gerade das Baugewerbe in den vergangenen Monaten stark unter Druck geraten war. Der Zuwachs deutet darauf hin, dass sich Investitionen in Infrastruktur und Wohnungsbau langsam stabilisieren könnten.

Was bedeutet das für den Industriestandort Deutschland?

Die zunehmende Zahl an Stellenstreichungen in der Industrie wirft Fragen zur Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland auf. Wenn gerade im produzierenden Gewerbe – traditionell Rückgrat der deutschen Wirtschaft – Stellen in großem Umfang abgebaut werden, droht nicht nur ein kurzfristiger Beschäftigungsrückgang. Auch Innovationskraft, Fachkräftebindung und internationale Wettbewerbsfähigkeit könnten darunter leiden.

Ein langanhaltender Beschäftigungsrückgang gefährdet mittelfristig die industrielle Wertschöpfungskette. Die enge Verzahnung von Zulieferern, Mittelstand und Großindustrie verlangt stabile Rahmenbedingungen – auch personell.

Wie reagieren Unternehmen auf die Situation?

Die Reaktionen der Unternehmen sind differenziert. Während im produzierenden Gewerbe Personalabbau als Maßnahme zur Kostensenkung gesehen wird, versuchen andere Branchen, ihre Mitarbeitenden zu halten oder gezielt umzuschichten.

Vor allem Dienstleistungsbereiche mit stabiler Auftragslage nutzen die Gelegenheit, um qualifiziertes Personal aus den schwächelnden Branchen zu rekrutieren. Damit könnte sich eine Verschiebung im Arbeitsmarkt ergeben – weg von klassischen Industrieberufen hin zu stärker spezialisierten Dienstleistungsprofilen.

Welche Rolle spielen politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen?

Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen beeinflussen die aktuelle Entwicklung entscheidend. Unsicherheit durch geopolitische Krisen, steigende Energiekosten und Lieferkettenprobleme belasten die Industrie seit Monaten.

Ohne gezielte Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes und zur Förderung industrieller Arbeitsplätze könnten sich die negativen Trends verfestigen. Förderprogramme, steuerliche Entlastungen und Investitionen in Forschung und Digitalisierung gelten als zentrale Stellhebel zur Stärkung des industriellen Kerns.

FAQ – Arbeitsmarktentwicklung laut Ifo-Barometer

  • Was misst das Ifo-Beschäftigungsbarometer?
    Es zeigt monatlich die Erwartungen deutscher Unternehmen zur Beschäftigungslage in verschiedenen Branchen.
  • Wie entwickelt sich die Beschäftigung in der Industrie?
    Im verarbeitenden Gewerbe setzt sich der Personalabbau laut Ifo-Institut branchenübergreifend fort.
  • Welche Branchen zeigen positive Signale?
    Positiv ist die Entwicklung im Bauhauptgewerbe sowie in Rechtsberatungen und Steuerbüros.
  • Warum sinkt die Beschäftigung trotz Weihnachtsgeschäft?
    Der Handel plant trotz saisonal hoher Umsätze mit weniger Personal – ein Indiz für große Unsicherheit.
  • Welche Folgen hat der Stellenabbau für den Industriestandort?
    Langfristig drohen Fachkräftemangel, Innovationsverluste und eine Schwächung der industriellen Wertschöpfungskette.