Stahlindustrie in der Krise

Industriestrompreis soll Wettbewerbsfähigkeit sichern

Die Lage in der deutschen Stahlindustrie ist angespannt. Ein staatlich subventionierter Industriestrompreis soll für Entlastung sorgen und Planungssicherheit schaffen.

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Die deutsche Stahlindustrie ist schwer unter Druck, es geht um tausende Arbeitsplätze - die Bundesregierung stellt konkrete Hilfen in Aussicht.
Die deutsche Stahlindustrie ist schwer unter Druck, es geht um tausende Arbeitsplätze - die Bundesregierung stellt konkrete Hilfen in Aussicht.

Was ist geplant, um die Stahlindustrie zu entlasten?

Die Bundesregierung will mit einem Industriestrompreis von maximal 5 Cent pro Kilowattstunde die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Stahlbranche sichern. Ziel ist es, Unternehmen vor weiter steigenden Stromkosten zu schützen und Investitionssicherheit zu schaffen. Der Strompreis soll rückwirkend ab 2027 erstattet werden, gültig ab dem Jahr 2026.

Dazu müssen noch zentrale Fragen geklärt werden – unter anderem die Zustimmung der EU-Kommission, die Subventionen dieser Art unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt hat.

Welche Probleme belasten die deutsche Stahlindustrie aktuell?

Die Stahlindustrie steht in Deutschland vor mehreren gleichzeitigen Herausforderungen:

  • Hohe Energiepreise: Stromkosten liegen laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft derzeit bei bis zu 18 Cent/kWh – ein Vielfaches des geplanten Industriestrompreises.

  • Nachfragerückgang: Vor allem die Autoindustrie als einer der Hauptabnehmer befindet sich selbst in einer angespannten Lage.

  • Importdruck: Günstiger Stahl aus Ländern wie China verschärft den internationalen Wettbewerbsdruck.

  • Transformation zur Klimaneutralität: Die Umstellung auf eine CO₂-arme Produktion verursacht hohe Investitionskosten.

  • Zölle auf Exportmärkte: Besonders in die USA ist der Zugang durch Zölle erschwert.

Diese Entwicklungen führen dazu, dass erste Zulieferunternehmen in der Stahlbranche bereits mit Arbeitsplatzabbau reagieren.

Wie konkret sind die Pläne zum Industriestrompreis?

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) haben angekündigt, den Industriestrompreis politisch durchsetzen zu wollen. Die nötigen finanziellen Mittel sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes bereitgestellt werden.

Laut Reiche sollen die Gespräche mit der EU-Kommission bis Ende 2025 abgeschlossen sein, sodass Unternehmen ab Anfang 2026 mit dem subventionierten Preis planen können. Die rückwirkende Erstattung soll im Haushalt 2027 erfolgen.

Welche Forderungen kommen aus Gewerkschaften und Betrieben?

Bei einem Treffen von Betriebsräten, Gewerkschaften und Regierungsmitgliedern im Bundesfinanzministerium wurde der Druck aus der Branche deutlich. Die zentrale Forderung: Ein Industriestrompreis von höchstens 5 Cent pro Kilowattstunde ab Januar 2026.

Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), betont die Notwendigkeit klarer Rahmenbedingungen für Investoren. Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, fordert entschlossenes Handeln: „Die Bundesregierung muss die Stahlbranche stabilisieren und damit den Industriestandort Deutschland stärken.“

Welche weiteren Maßnahmen sind im Gespräch?

Neben dem Industriestrompreis gibt es weitere politische Überlegungen:

  • Schutzmaßnahmen gegen Dumpingimporte: Lars Klingbeil spricht sich für stärkere Maßnahmen zum Schutz der europäischen Stahlbranche gegenüber Billigimporten, insbesondere aus China, aus.

  • Bevorzugung von heimischem Stahl: Bei öffentlichen Infrastrukturprojekten könnte künftig gezielt Stahl aus deutscher Produktion eingesetzt werden. Dies soll zusätzliche Absatzsicherheit schaffen.

  • Strukturpolitische Maßnahmen: Auch Förderprogramme für den klimafreundlichen Umbau der Produktionsanlagen stehen im Raum.

Welche Rolle spielt die EU-Kommission?

Die Umsetzung des Industriestrompreises hängt maßgeblich von der Zustimmung der EU-Kommission ab. Diese hat grundsätzlich staatliche Subventionen zum Ausgleich hoher Energiepreise für energieintensive Unternehmen zugelassen – allerdings unter bestimmten Voraussetzungen.

Details wie Förderkriterien, Antragsverfahren und Kontrolle der Mittelverwendung müssen noch im Rahmen der Gespräche mit Brüssel geklärt werden.

Warum ist der Industriestrompreis wichtig für den Standort Deutschland?

Die Stahlindustrie zählt zu den klassischen Grundstoffindustrien. Sie ist ein zentraler Bestandteil zahlreicher industrieller Wertschöpfungsketten – vom Maschinenbau über den Fahrzeugbau bis zur Bauwirtschaft.

Ein Rückgang der Stahlproduktion in Deutschland hätte weitreichende Folgen für viele Industriezweige. Auch im Rahmen der Transformation hin zu einer klimaneutralen Industrie bleibt Stahl ein unverzichtbarer Werkstoff, etwa beim Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien.

Mit Material der dpa

FAQ: Industriestrompreis und Stahlindustrie

Was ist ein Industriestrompreis?
Ein staatlich subventionierter Stromtarif für energieintensive Branchen – vorgesehen sind maximal 5 Cent pro Kilowattstunde.

Warum ist das für die Stahlindustrie relevant?
Die derzeitigen Strompreise liegen weit über dem internationalen Wettbewerbsniveau, was die Wettbewerbsfähigkeit erheblich einschränkt.

Wann soll der Industriestrompreis gelten?
Spätestens ab dem 1. Januar 2026, rückwirkend erstattet durch den Bundeshaushalt ab 2027.

Wie stehen die Chancen auf Umsetzung?
Die Bundesregierung bekennt sich zum Industriestrompreis, eine endgültige Umsetzung hängt jedoch von der Zustimmung der EU-Kommission ab.

Gibt es weitere Unterstützungsmaßnahmen?
Diskutiert werden EU-Schutzzölle, Investitionsförderungen sowie die gezielte Nutzung von heimischem Stahl bei öffentlichen Bauprojekten.