
Werden Abbaustellen wie diese in Europa bald wieder häufiger zu sehen sein? (Bild: Sergey Milovidov - stock.adobe.com)
Ohne Neodym läuft kein Windrad. Ohne Gallium und Indium erzeugen hocheffiziente Photovoltaikpaneele keinen Strom. E-Autos fahren nicht ohne Lithium und Kobalt. Für die Energie- und Verkehrswende ist die Europäische Union (EU) auf Rohstoffe angewiesen.
Insgesamt 32 davon hat sie in ihrer 2023 aktualisierten Critical Raw Materials List als „kritisch“ definiert, da die Metalle und Minerale überwiegend aus außereuropäischen Lieferländern kommen. So bezieht die EU 100 Prozent der von ihr verbrauchten Seltenerdmetalle aus China. Von dort kommen auch 90 Prozent des benötigten Galliums und Magnesiums. Außerdem verfügt die Volksrepublik über die Hälfte der weltweiten Kapazitäten für die Raffinade von Kobalt und Lithium.
Bor wiederum, das wie Neodym oder Praseodym zur Herstellung von Dauermagneten für Windturbinen gebraucht wird, liefern zu 98 Prozent Betriebe aus der Türkei. Viele Lieferstaaten sind zudem nicht nur weitgehende Monopolisten. Sie sind auch politisch instabil. In Staaten ohne ausreichende Rechtssicherheit lagern weltweit 64 Prozent aller Rohstoffressourcen.
Aktuelles aus der Industrie
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben, was in der Welt der produzierenden Industrie gerade geschieht? Dann melden Sie sich hier zu unserem Newsletter an oder folgen Sie uns auf LinkedIn.
Bedarf an kritischen Rohstoffen steigt weiter
Die Abhängigkeit von solchen Lieferanten ist heute schon problematisch und könnte es künftig noch mehr werden. Denn der globale Bedarf an Metallen und Mineralen wird sich bis 2060 verdoppeln, erwartet die Industrieländerorganisation OECD. Die Nachfrage nach Rohstoffen für die Energie- und Mobilitätswende wächst sogar noch schneller. Schon 2040 wird bis zu sechs Mal soviel Lithium benötigt wie heute, hat die Deutsche Rohstoffagentur berechnet.
Der Bedarf an Seltenen Erden wird bereits 2030 rund 34 Mal so groß sein wie noch 2019. Der Bau von E-Autos, der Ausbau Erneuerbarer Energien, die Robotik und der Maschinenbau verschlingen dann jedes Jahr 170.000 Tonnen Seltene Erden, prognostiziert die Europäische Rohstoffallianz (ERMA). „Lithium und Seltene Erden werden bald wichtiger sein als Öl und Gas“, fasste daher die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, in ihrer Rede zur Lage der Union 2022 zusammen.
Kritische Rohstoffe: Der große Überblick

Sie wollen alles zum Thema kritische Rohstoffe wissen? In unserem großen Überblick erfahren Sie, welche es gibt, warum sie kritisch sind und welche Industriebranchen sie einsetzen - und bei einem Mangel am stärksten betroffen sind. Plus: Rohstoff-Steckbriefe und ein aktueller Rohstoff-Ticker.
Europa sollte wenigstens zehn Prozent seiner Rohstoffe selbst abbauen
Metalle die, versorgungskritisch und zugleich essenziell für Technologien sind, „die dem grünen und dem digitalen Wandel zugrunde liegen, oder für Verteidigungs- oder Luft- und Raumfahrtanwendungen von hoher strategischer Bedeutung“ sind, führt die EU auf einer speziellen Liste „strategischer“ Rohstoffe. Auf ihr stehen auch Kupfer und Nickel, die keine kritischen Rohstoffe, aber unverzichtbar für die Mobilitäts- und Energiewende sind.
Um die Versorgungssicherheit und – soweit das geologisch möglich ist – die Gewinnung dieser Rohstoffe in der EU zu fördern, hat die Gemeinschaft im März 2023 den Critical Raw Materials Act (CRMA) verabschiedet. Er schreibt vor, dass ab 2030 mindestens zehn Prozent der in der EU benötigten Rohstoffe auch dort gewonnen werden müssen. Wenigstens 40 Prozent der Materialien sollen aus Raffinade- und Weiterverarbeitungsbetrieben in der Gemeinschaft stammen, mindestens 15 Prozent aus eigenem Recycling. Zudem soll nur noch maximal 65 Prozent der benötigten Menge eines Rohstoffs aus einem einzigen Lieferland stammen. „Wir müssen verhindern, dass wir wieder in eine Abhängigkeit geraten, wie wir es bei Öl und Gas getan haben“, erklärt Kommissions-Chefin von der Leyen.
Verfügt die EU überhaupt über nennenswerte Rohstoffvorkommen?
Um Unternehmen beim Rohstoffabbau in Europa zu unterstützen, verkürzt der CRMA Genehmigungsverfahren für Explorations- und Abbauprojekte auf längstens 24 Monate, wenn die EU diese als „strategisch“ einstuft. Jeder Mitgliedsstaat muss außerdem eine Behörde als einheitliche Anlaufstelle einrichten. Das ist ein One-Stop-Shop, der Unternehmen in allen Verwaltungsfragen rund um ein strategisches Bergbauvorhaben unterstützt. Wer ein solches vorhat, soll zudem leichter an Fördergelder der EU kommen.
Das alles klingt nach einer netten Idee, die sich nicht verwirklichen lässt, gilt Europa doch als rohstoffarmer Kontinent. Das stimmt so aber nicht. Immerhin zwölf der Metalle auf der EU-Liste der kritischen Rohstoffe werden in Europa gefördert. Von fünf weiteren gibt es bislang unerschlossene Vorkommen.
So verfügen Spanien, Portugal, Finnland, Tschechien und Deutschland über große Lithiumlagerstätten. Im nordschwedischen Kiruna und in der südnorwegischen Telemark haben Geologen umfangreiche Vorkommen an Seltenen Erden entdeckt. In Schweden lagern zudem 90 Prozent der europäischen Eisenerzreserven. Vor der norwegischen Küste gibt es in der Tiefsee Vorkommen von Mangan, Zink, Kupfer, Magnesium und Kobalt. Österreich war 2023 das weltweit achtgrößte Abbauland von Wolfram. Auch Portugal verfügt über Vorkommen des zur Herstellung von Hartmetallwerkzeugen verwendeten Schwermetalls. Finnland schließlich betreibt die drei größten Kobaltminen Europas. Norwegen und Island produzieren Rohsilizium. In Polen und Bulgarien gibt es Kupfer, in Griechenland Bauxit.
Deutschland ist einer der größten Produzenten mineralischer Rohstoffe
Auch Deutschland ist kein rohstoffarmes Land. Vor allem in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen fördern Minenbetreiber meist im Tagebau jedes Jahr 25 Millionen Tonnen Industrieminerale wie Fluss-, Feld- und Schwerspat, Grafit, Quarzsand, Kaolin und Tone, so die Vereinigung Rohstoffe und Bergbau (VRB). Die Minerale kommen in der chemischen und Automobilindustrie, der Keramik- und Papierherstellung, in Windrädern und Solarzellen zum Einsatz.
Bergwerke und Salinen bauen zudem jedes Jahr gut sieben Millionen Tonnen Kali und Salze ab. Damit ist Deutschland eines der wichtigsten Förderländer dieser Rohstoffe. Sie sind bei der Produktion von Farben und Lacken, von Glas und Textilien sowie als Zuschlagstoffe in der Metallerzeugung nicht zu ersetzen.
Nicht zuletzt verfügt Deutschland in Spremberg-Graustein-Schleife an der polnischen Grenze über ein Vorkommen von 1,5 Millionen Tonnen Kupfer sowie im Oberrheingraben und im Erzgebirge über 3,8 Millionen Tonnen Lithium. Das sind die siebtgrößten Vorkommen des Leichtmetalls weltweit.
Deutschland und Europa nutzen Ressourcen nur wenig
Lange Zeit wurden viele dieser Ressourcen weder in Deutschland noch in Europa abgebaut. Zwischen dem Jahr 2000 und 2019 sank die Produktion des Bergbaus in Europa um 28 Prozent, berichtet Professor Frank Melcher von der österreichischen Montanuniversität Leoben. Ein Großteil dieses Rückgangs ist auf den Ausstieg aus beziehungsweise den Rückgang des Kohlebergbaus zurückzuführen.
Allerdings produzierte Europa 2023 mit 6,5 Millionen Tonnen auch 21 Prozent weniger Aluminium als im Vorjahr, meldet das International Aluminium Institute. Dabei ist die Produktion russischer Hütten sogar noch mit eingerechnet. Die Einfuhr von Aludrähten und -rohren hat die EU jedoch sanktioniert, sodass Teile der genannten Produktionsmenge in der Gemeinschaft gar nicht zur Verfügung stehen.
Außerdem gingen mit dem Rückgang der Aluschmelze die bislang als Beiprodukt zu dieser gewonnenen Fördermengen an Gallium verloren. Da auch Kupfer- und Zinkminen und -Raffinationen geschlossen wurden, fehlen auch Indium, Germanium, Scandium oder Wismut, die dort früher anfielen.
So kann der Maschinenbau von der Wiederbelebung des Bergbaus profitieren
Würden Bergwerke und Weiterverarbeitungsbetriebe wiederbelebt oder neu errichtet, würde davon auch der deutsche Maschinenbau profitieren. Dieser ist auf dem Weltmarkt einer der wichtigsten Anbieter von Ausrüstung für Minenbetreiber. Liebherr ist nach Caterpillar aus den USA der zweitgrößte Hersteller von Baggern, Kippern und Raupen für den Bergbau. Im Geschäftsbereich „Mining“ setzte der 1949 im schwäbischen Kirchdorf an der Iller gegründete Familienbetrieb 2023 mit 4430 Mitarbeitern gut 1,45 Milliarden Euro um. Das waren 18,6 Prozent mehr als im Vorjahr.
Wie Liebherr konnten auch andere deutsche Anbieter von Bergbau- und Antriebstechnik die Krise am Standort Deutschland bislang ausgleichen, weil sie mehr exportieren, als andere Sektoren des Maschinenbaus. Das könnte ihnen auch künftig helfen. Denn der Weltmarkt für Bergbauausrüstung wird bis 2030 jedes Jahr um 10,5 Prozent auf dann weltweit 361 Milliarden US-Dollar zulegen, hat das Marktforschungsunternehmen Vantage Market Research berechnet.
Noch ist das jedoch Zukunftsmusik. Denn nachdem sie das Jahr 2023 zumeist noch gut abschlossen, bekommen deutsche Anbieter von Bergbauausrüstung aktuell zu spüren, dass sich die Weltwirtschaft verhalten entwickelt. Im ersten Halbjahr 2024 sank ihr Umsatz branchenweit um 11,7 Prozent. Auch die Aufträge gingen im ersten Quartal um sechs Prozent zurück, meldet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.
Die mit dem CRMA angestrebte Wiederbelebung des Bergbaus in der EU käme deutschen Maschinenbauern daher entgegen. Doch das Projekt der EU kommt nicht so schnell voran, dass sich die Ziele der Gemeinschaft bis 2030 erreichen ließen. Deshalb wird auch die Nachfrage nach Bergwerksausrüstung in der EU wohl erst im kommenden Jahrzehnt anziehen. Denn die beschaffen Bergwerksbetreiber erst, wenn Explorationsvorhaben schon weit fortgeschritten sind. Selbst wenn ein Rohstoffunternehmen dank der durch den CRMA verkürzten Genehmigungsverfahren bereits 2025 eine Abbau- und Betriebsgenehmigung bekäme, vergingen also noch Jahre, bis es Aufträge an deutsche Bergwerksausrüster vergäbe.
Seltenerdmetalle: Wissen über Aufbereitung der Erze fehlt in Europa
Außerdem stehen auf dem Weg zur Wiederbelebung des Bergbaus in Europa noch weitere Hürden. So ist durch die Schließung von Gruben und Minen in den vergangenen Jahrzehnten Knowhow um die Aufbereitung dort gewonnener Erze verloren gegangen. Bisweilen war dieses Wissen in Europa überhaupt noch nie vorhanden.
So weiß bislang vor allem China, wie sich Seltenerdmetalle aus abgebautem Erz extrahieren lassen. „Es gibt in der EU bislang keine Anlagen, die Seltenerdoxid in Seltenerdmetall umwandeln“, gibt der Direktor des französischen Geologischen Dienstes, Stephane Bourg gegenüber Euronews zu bedenken. Diese Betriebe und die von ihnen benötigten Kompetenzen sind also parallel zu den Abbauprojekten in Nordschweden und Norwegen zu entwickeln. Dessen ist sich auch der Chef des staatlichen schwedischen Bergbauunternehmens LKAB, Jan Moström, bewusst. Bevor sein Unternehmen in Kiruna nennenswerte Mengen Seltene Erden aus dem Boden holen könne, würden bis zu 15 Jahre vergehen, warnt er.
Auch in Deutschland wird sich der Bergbau nicht so schnell wieder beleben, wie es sich die EU wünscht. Zwar erlebt Sachsen derzeit ein regelrechtes Berggeschrey – so das traditionelle deutsche Wort für einen Gold- oder Rohstoffrausch. Inzwischen haben sich 35 Unternehmen im Freistaat niedergelassen, um dort Lithium, Zinn, Kupfer, Indium, Zink und Silber zu explorieren und abzubauen. Nur fünf der Projekte sind laut dem Oberbergamt in Dresden jedoch bereits in fortgeschrittenem Stadium.
Bürger sind vom Bergbau in ihren Gemeinden nicht begeistert
Eines davon ist das Vorhaben der Saxore Bergbau GmbH. Sie will in Tellerhäuser, einem Ortsteil der Gemeinde Breitenbrunn im Erzgebirge, künftig jedes Jahr 3.000 Tonnen Zinn abbauen. Das aber wollen die meisten der gut 5.000 Einwohner der Gemeinde nicht. Sie befürchten, dass der Grundwasserspiegel sinkt, Trinkwasserbrunnen versiegen und der Lärm sowie die Vibrationen, der Kipper, die den Abraum von der Mine zur Weiterverarbeitung transportieren, dem Tourismus schaden.
Die Freude über die Wiederbelebung des Bergbaus in ihrem Ort bleibt auch deshalb aus, weil diesen zwar die Belastungen einer Zinnmine treffen, der in dieser geschürfte Gewinn aber an Unternehmen fließt, die teils nicht mal aus der EU kommen. Saxore gehört eigenen Angaben zufolge überwiegend der britischen First Tin Ltd., die sich wiederum zu 16,4 Prozent im Besitz der australisch-britischen Baker Steel-Gruppe und zu 29,91 Prozent der Metals X Ltd. befindet. Von dieser gehören 4,91 Prozent der State-Owned Assets Supervision and Administration Commission (SASAC) der chinesischen Provinz Gansu. SASACs sind Organe der Provinz- und Zentralregierungen der Volksrepublik China. Sie sind für das Management von Staatsunternehmen zuständig.
Solche Beteiligungsverhältnisse stören auch die Bürger der Gemeinde Altenberg südlich von Dresden. Dort will Zinnwald Lithium 35 Jahre lang 12.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr gewinnen. Das Unternehmen gehört zu gut einem Viertel dem US-Unternehmen AMG. Weitere 14,6 Prozent hält der Brite Henry Maxey, 5,4 Prozent Ganfeng International Trading – ein auf Lithium-Abbau spezialisierter Konzern aus Shanghai. Zinnwald Lithium sei ein „Aktienkonzern, der versucht, den Schatz aus der Region zu holen. Aber das Geld wird hinterher nicht in der Region landen“, fasst Malte Eismann von der Bürgerinitiative Bärenstein – einem Ortsteil von Altenberg - im Mitteldeutschen Rundfunk zusammen.
Er sei zwar nicht gegen den Bergbau an sich, betont Eismann, aber gegen den Bau einer Aufbereitungsanlage. Das ist verständlich. Bei der Aufarbeitung von aus Erz gewonnenem Lithium entsteht bis zu zehnmal so viel teils giftiger Abraum wie nutzbares Metallkonzentrat. In Spanien hat das bereits zu einem Umweltskandal geführt. In Portugal musste 2023 Ministerpräsident António Costa zurücktreten, nachdem die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Vorteilsannahme bei der Vergabe von Abbaulizenzen für Lithium ermittelt hatte. Kein Wunder also, dass auch die Bürger der fünf Kilometer von Altenberg entfernten tschechischen Gemeinde Cinovec sich gegen das Vorhaben von Zinnwald Lithium sperren.
Win-win-Situation bei der Förderung von Lithium am Oberrhein
Widerstand regt sich auch am Oberrhein. Aus dem dortigen rund 300 Kilometer langen Solefeld holt Vulcan Energy im rheinland-pfälzischen Landau Thermalwasser an die Oberfläche. Das in der Sole gebundene Lithium scheidet das Unternehmen ab und bereitet es in einer eigenen Anlage im Chemiepark Höchst bei Frankfurt zu Lithium für Kunden aus der Automobilindustrie wie Volkswagen, Stellantis und Renault, aber auch den südkoreanischen Batteriehersteller LG auf. Sie sollen von Vulcan künftig jedes Jahr 24.000 Tonnen des Leichtmetalls bekommen.
Auch Vulcan Energy gehört zu großen Teilen Investoren von außerhalb der EU – so der australischen Milliardärin Gina Rhinehart und Francis Wedin sowie John Langley Hancock, beide ebenfalls Australier, oder dem Briten Gavin Rezos. Weitere nennenswerte Anteile halten die Schweizer Großbank UBS und der australische Investmentfonds CGI3 PTY. Allerdings verhalten sich diese Investoren sozial und ökologisch klüger als jene von Saxore und Zinnwald Lithium.
So betreibt Vulcan den in seiner Aufbereitungsanlage stattfindenden Elektrolyseprozess ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Außerdem errichtet das Unternehmen in Landau ein Fernwärmenetz. „Wir planen bereits in der Heizperiode 2024-2025 erneuerbare Wärme aus Tiefengeothermie bereitzustellen und dieses Vorhaben im Jahr 2026 zu erweitern“, erklärt der Geschäftsführer von Vulcan Energy, Thorsten Weimann. Von den Aktivitäten seines Unternehmens profitieren also auch die Bürger der Stadt Landau. Da Tiefenwärme als Nebenprodukt der Lithiumförderung anfällt, liegt die Erweiterung des Geschäftsfelds von Vulcan allerdings nahe.
Muss das Bergrecht modernisiert werden?
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck will im Zuge der Umsetzung des CRMA möglichst viele solcher Win-win-Situationen schaffen. „Der Rohstoffabbau in Deutschland, neben der Gewinnung innerhalb der EU, sichert am besten die Versorgung und garantiert die Einhaltung unserer hohen Umwelt- und Sozialstandards“, heißt es in einem Eckpunktepapier des Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2023. Außerdem schaffe heimischer Bergbau hierzulande Arbeitsplätze und Wertschöpfung.
Um dafür gesellschaftliche Akzeptanz zu schaffen, will Habeck das Bergrecht so modernisieren, dass Rohstoffe in Deutschland möglichst nachhaltig gewonnen werden. Er greift damit eine Anregung aus einer Studie zu den „Sozialen und ökologischen Folgen der Bergbauaktivitäten in der EU“ auf. Sie entstand im Auftrag des Petitionsausschusses des Europaparlamentes und empfiehlt unter anderem, Bergwerken vorzuschreiben, ausschließlich grünen Strom zu beziehen. „Sie sollten auch verpflichtet werden, die von ihnen zerstörte biologische Vielfalt zu ersetzen. Das bedeutet, dass der ökologische Ausgleich gesetzlich verankert werden sollte.“
Genau das tut das deutsche Bergrecht aber bereits, stellt die VRB fest. „Im Bergbau wird das gesamte Umweltfachrecht inhaltlich angewandt“, so der Verband. Es bedürfe daher keiner weiteren „Ökologisierung“ des Bergrechts. Zu diesem Schluss kommt auch eine vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie der Unternehmensberatung EY. Das Bergrecht könne „nachhaltigkeitsgerecht ausgelegt werden sowie auf den Klimaschutz reagieren“, stellen deren Verfasser fest.
Deutsche Bürokratie und deutscher Bergbau passen nicht zusammen
Sie stießen allerdings auf erhebliche Defizite in der Anwendung des Bergrechts durch die für Genehmigungsverfahren im Bergbau zuständigen Behörden. In diesen herrsche eine „Kultur der Angst“. Beamte fürchteten sich, Bescheide auszufertigen, weil diese rechtlich anfechtbar sein könnten. Das führe zu „einer geringen Entscheidungsfreude und übertriebenen Absicherung“. Beamte würden auf Kosten der antragstellenden Unternehmen so viele Gutachten anfordern, dass Entscheidungen letztlich von deren Verfassern gefällt würden.
Ihre Ermessensspielräume nutzten die Staatsdiener dagegen kaum mehr aus. „Berichten von Verbandsvertretern zufolge gingen insbesondere Nachwuchskräfte strikt nach Protokoll vor, sodass auch in Zukunft immer weniger vom Gebrauch des behördenseitigen Ermessensspielraums ausgegangen werden müsse“, fassen die Autoren der Studie zusammen. Trotzdem seien viele Bescheide fehlerhaft. „Diese Fehler werden von Interessenvertretern aus der Zivilgesellschaft juristisch angegriffen, was zu der gerichtlichen Aufhebung von erteilten Genehmigungen führt.“
Meine Meinung: Kommunen müssen an Erträgen beteiligt werden
All das geht zu Lasten von Rohstoffunternehmen und bremst die Wiederbelebung des heimischen Bergbaus. Den davon betroffenen Gemeinden hilft das aber nur bedingt. Denn Bergbauunternehmen fechten Aufhebungsurteile in der nächsten Instanz an. Dadurch wiederum leben die vor Ort betroffenen Bürger länger in Unsicherheit.
Sinnvoller wäre es daher, Betroffene und Gemeinden von der Sinnhaftigkeit von Bergbauprojekten zu überzeugen, indem Kommunen an deren Erträgen beteiligt werden. Das würde allerdings voraussetzen, dass das BMWK außereuropäische Beteiligungen an Bergbauprojekten dazu in die Pflicht nimmt und sie nach den im Außenwirtschaftsgesetz geregelten Verfahren ähnlich kritisch prüft wie ausländische Investitionen in anderen Branchen. Wenn das mehr Akzeptanz für die Wiederbelebung des Bergbaus hierzulande schafft und diesen beschleunigt, profitiert davon auch der Klimaschutz in Deutschland und der EU. Denn der kommt ohne Rohstoffe für die Energiewende nicht voran.