Industriebarometer offenbart digitale Defizite

Skills Gap und Cloud-Angst bremsen Mittelstand

Sicherheitsbedenken, digitale Überforderung und fehlende IT-Talente: Der industrielle Mittelstand steht bei der digitalen Transformation weiter auf der Bremse.

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Sicherheitsbedenken und Fachkräftemangel bremsen die digitale Transformation im deutschen Mittelstand.
Sicherheitsbedenken und Fachkräftemangel bremsen die digitale Transformation im deutschen Mittelstand.

Wie stark bremsen Sicherheitsbedenken den Cloud-Einsatz?

Die aktuelle Studie „Industriebarometer 2025“ des europäischen ERP-Anbieters Forterro zeichnet ein ernüchterndes Bild. Zwar ist die Bereitschaft zur digitalen Transformation in Deutschlands industriellem Mittelstand grundsätzlich vorhanden – doch zentrale Hürden blockieren den Fortschritt. Vor allem Cloud-Technologien werden nicht im nötigen Maß genutzt. Lediglich 42 % der befragten Unternehmen setzen aktuell auf Cloud-ERP, 31 % nutzen hybride Modelle, 24 % arbeiten weiterhin ausschließlich On-Premises. Für die kommenden Jahre zeichnet sich ein leichter Rückgang bei der reinen Cloud-Nutzung (36 %) ab – trotz wachsender Bedeutung digitaler Lösungen.

Forterro Industriebarometer 2025: Digitale Trends im industriellen Mittelstand
Forterro Industriebarometer 2025: Digitale Trends im industriellen Mittelstand

Die Gründe sind klar: Datenschutz- und Sicherheitsbedenken dominieren. 42 % der Unternehmen nennen diese als Hauptgrund für die Zurückhaltung beim Cloud-Einsatz – das ist europäische Spitze. Knorr, Vice President Cloud Transformation bei Forterro, weist darauf hin, dass gerade moderne Cloud-Lösungen in Sachen Datenschutz und Compliance oftmals besser aufgestellt seien als interne Systeme. Dennoch überwiegt das Misstrauen – ein deutsches Phänomen, das viele Chancen blockiert.

60 % der deutschen Unternehmen sehen laut Studie selbst, dass der Verzicht auf Cloud-Technologien eine ungenutzte Chance darstellt. 56 % geben an, dass ihnen dadurch der Zugang zu Technologien wie Künstlicher Intelligenz und generativer KI verwehrt bleibt.

Warum bleibt die digitale Transformation oft stecken?

Rund die Hälfte der befragten Unternehmen (51 %) verfügt über eine klar definierte digitale Transformationsstrategie. Doch die Umsetzung bleibt vielerorts ungenügend: 31 % bewerten die Fortschritte der letzten drei Jahre als „schlecht“, 35 % als „nur ausreichend“. Besonders zurückhaltend agieren die Abteilungen Produktion (42 %), Finanzen (41 %) und Personalwesen (41 %). Der Wille zur Veränderung ist vorhanden – jedoch fehlt es häufig an Ressourcen, Know-how und konkreten Fahrplänen.

Die Folge: Viele Digitalprojekte verlaufen im Sand oder werden gar nicht erst angestoßen. Fortschritt wird zum Risiko, statt zur Chance.

Skills Gap: Wie stark gefährdet der Fachkräftemangel das Wachstum?

Ein zentrales Problem bleibt der akute Mangel an qualifizierten digitalen Fachkräften. 41 % der befragten Unternehmen geben an, dass das Wachstum oder neue Projekte im letzten Jahr aufgrund fehlender Talente gebremst wurden. Besonders gravierend sind die Lücken in den Bereichen Cybersecurity (51 %), Künstliche Intelligenz (46 %) und ERP-Kompetenz (44 %).

Die Perspektive ist ebenfalls kritisch: 54 % der Unternehmen bezweifeln, dass sie in den kommenden Jahren ausreichend digitale Talente gewinnen können. Zum Vergleich: Der internationale Durchschnitt liegt hier bei 37 %. Die deutschen Mittelständler stehen also deutlich stärker unter Druck.

Fehlendes Know-how wirkt sich nicht nur auf die IT-Abteilungen aus, sondern behindert die gesamte digitale Entwicklung der Unternehmen. Ohne die nötigen Fachkräfte bleiben sowohl die Implementierung moderner Technologien als auch deren strategische Nutzung auf der Strecke.

DPP-Umsetzung: Wie gut ist der Mittelstand vorbereitet?

Ein weiterer Punkt, der für viele Unternehmen zur Herausforderung wird, ist die Umsetzung der kommenden EU-Regelungen rund um den Digital Product Passport (DPP). Nur 42 % der befragten Unternehmen wissen überhaupt, was DPP ist und welche Anforderungen damit verbunden sind. 51 % fühlen sich immerhin auf die Umsetzung vorbereitet – eine knappe Mehrheit.

Die größten Hindernisse: 51 % nennen fehlende Compliance-Ressourcen, 45 % beklagen komplexe Anforderungen, 43 % sehen einen Mangel an Orientierungshilfen.

Trotzdem ist die Investitionsbereitschaft da: Im Durchschnitt wollen deutsche Unternehmen 37.369 € in die Umsetzung investieren – der höchste Wert unter den befragten Ländern. Ein klares Zeichen dafür, dass das Thema ernst genommen wird, auch wenn es an konkreten Handlungshilfen und Personal fehlt.

Studie als Weckruf für die Industrie

Das Industriebarometer 2025 zeigt in aller Deutlichkeit: Die digitale Transformation im industriellen Mittelstand Deutschlands steckt fest – und zwar nicht wegen mangelnder Bereitschaft, sondern wegen fehlender Fachkräfte, überzogener Sicherheitsbedenken und mangelnder Orientierung bei regulatorischen Anforderungen.

„Deutschland hat eine starke industrielle Basis – aber beim Einsatz moderner Technologien droht der Mittelstand ins Hintertreffen zu geraten“, warnt Thomas Knorr. Wer nicht rechtzeitig investiert, riskiert klare Wettbewerbsnachteile, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.

Mit Material von Forterro

FAQ – Industriebarometer 2025

Was ist das Industriebarometer 2025?
Eine Studie des Softwareanbieters Forterro zur digitalen Transformation im industriellen Mittelstand Europas.

Was sind die größten Hemmnisse für Digitalisierung?
Datenschutz- und Sicherheitsbedenken bei Cloud-Lösungen, Fachkräftemangel, Entscheidungszurückhaltung und mangelndes KI-Know-how.

Wie viele Unternehmen nutzen bereits Cloud-ERP?
42 % setzen auf Cloud-ERP, 31 % auf hybride Lösungen, 24 % bleiben bei On-Premises.

Welche Kompetenzen fehlen besonders?
Cybersecurity (51 %), Künstliche Intelligenz (46 %), ERP-Wissen (44 %).

Wie gut ist der Mittelstand auf DPP vorbereitet?
Nur 42 % kennen die Anforderungen, 51 % fühlen sich vorbereitet. Investitionsbereitschaft ist vorhanden, aber Orientierung fehlt.