Audi schockte vor kurzem mit der Meldung, tausende Arbeitsplätze in Deutschland zu streichen. BMW kann einen Stellenabbau vermeiden - dafür streicht der Autobauer aber die Erfolgsbeteiligung für seine Mitarbeiter zusammen.
"Wir haben gemeinsam mit dem Betriebsrat eine solidarische Lösung erzielt. Damit können wir auf drastische Maßnahmen verzichten, die andere gerade ergreifen, um ihre Kosten zu senken", sagte BMW-Chef Oliver Zipse.
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Was der BMW-Betriebsrat sagt
Die Einigung bezeichnete der Vorstandsvorsitzende als "sehr ausgewogenen Kompromiss". Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Manfred Schoch betonte, dass es gelungen sei, die "einzigartige Erfolgsbeteiligung" langfristig abzusichern. Allerdings sinkt sie, weil künftig der sogenannte Dividendenfaktor wegfällt.
Auch bei den 40-Stunden-Verträgen haben Betriebsrat und Autohersteller zu einem Kompromiss gefunden. So soll die Möglichkeit, dass Mitarbeiter freiwillig ihre Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden erhöhen und entsprechend höher bezahlt werden, nicht pauschal reduziert werden.
Allerdings müssen auch diese Mitarbeiter Einbußen hinnehmen. Künftig werden ihr Weihnachtsgeld und ihre Erfolgsbeteiligung nämlich nicht mehr auf Basis des 40-Stunden-Einkommens, sondern auf Basis der normalen 35-Stunden-Woche berechnet.
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Mehr Geld gibt es für die Altersvorsorge. Künftig sollen pro Cent Dividende 2,40 Euro in die Altersvorsorge der Mitarbeiter fließen, maximal aber 1.200 Euro pro Mitarbeiter und Jahr. Alle Änderungen gelten von 2020 an. Laut BMW erfüllen die Vereinbarungen die Sparziele des Unternehmens.
Absatzminus bei BMW – der Münchner Automobilhersteller konnte seinen Absatz von Automobilen im Oktober 2019 im Vergleich zum Vorjahresmonat weder halten noch steigern. - Grafik: Staista
Gehaltsentwicklung 2020: Das können Angestellte erwarten
Ohnehin sind derzeit keine großen Lohnsteigerungen in Westeuropa zu verzeichnen. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Korn Ferry belegt: In Europa gibt es eine zweitgeteilte Entwicklung zwischen Westen und Osten.
Während im Osten (einschließlich Türkei und Russland) die Löhne um 6,2 Prozent steigen (Vorjahr: 6,6 Prozent), beträgt die Steigerung in Westeuropa wie im Vorjahr nominal 2,5 Prozent. Die Inflationserwartungen führen zu einer Reallohnsteigerung von 2,6 Prozent im Osten und 1,2 Prozent im Westen.
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So entwickeln sich die Löhne in Westeuropa
Die höchsten Reallohnsteigerungen in Westeuropa sind in...
Irland (2,0 Prozent),
Italien und Zypern (jeweils 1,8 Prozent),
Luxemburg (1,7 Prozent),
den Niederlanden (1,6 Prozent),
Portugal (1,5 Prozent),
Dänemark und Deutschland (jeweils 1,4 Prozent) zu erwarten.
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Schlusslichter sind...
das Vereinte Königreich und Schweden (0,4 Prozent),
Frankreich (0,6 Prozent),
die Schweiz (0,7 Prozent),
Finnland und Norwegen (0,8 Prozent).
"Indikator für sich abkühlende Weltwirtschaft"
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"Auf der ganzen Welt sehen wir den gleichen Trend", sagt Christine Seibel, Vergütungsexpertin bei Korn Ferry. "Die Unternehmen erhöhen ihre Nominallöhne auf gleicher Höhe wie im Vorjahr. Die Inflation wird allerdings dafür sorgen, dass den Beschäftigten ein stückweit mehr Geld im Portemonnaie bleibt. Die geringeren Inflationserwartungen sind jedoch auch ein Indikator für die sich abkühlende Weltwirtschaft. Es bleibt darum abzuwarten, ob lohnabhängige Beschäftigte darum von dieser Entwicklung wirklich profitieren werden."
Mindestlöhne in der EU: So groß sind die Unterschiede
Ein Unterschied wie Tag und Nacht: Die gesetzlichen Brutto-Mindestlöhne pro Monat in diesen 22 EU-Ländern variieren enorm. Zwischen dem Gehalt des letzten und des ersten Platzes liegen Welten. Oder um es in Zahlen auszudrücken: 1.738 Euro. Zum Ländervergleich!
Unternehmen wollen wichtige Know-how-Träger binden - eigentlich
In Deutschland werden die Menschen laut Studie im Vergleich zum Vorjahr um real 0,4 Prozent mehr Gehalt verfügen. Ähnlich wie in den anderen EU-Ländern, lasse sich damit Stabilität konstatieren.
Christine Seibel sagt: "Dass die Unternehmen ihre nominalen Erhöhungen auf dem Vorjahresniveau belassen, ist dabei ein starkes Statement hinsichtlich der Relevanz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn die Konjunkturaussichten für 2020 sind deutlich schlechter. Anders als bei vorherigen Abkühlungen der Konjunktur wollen es sich viele Unternehmen nicht leisten, ihre wichtigen Know-how-Träger zu verlieren. Darum belassen sie es insgesamt bei diesen durchschnittlichen Steigerungsraten."
Gleichwohl hat sich die VW-Tochter Audi entschieden beim Personal die Axt anzusetzen. 9.500 Arbeitsplätze baut das Unternehmen ab.
Und Audis Sparpläne stellen die Region Ingolstadt vor große Herausforderungen. "Dieser Abbau von mehreren 1.000 Arbeitsplätzen in Ingolstadt ist ein schwerer Schlag für die Region", sagte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Mittwoch (27.11.). Immerhin sei die Beschäftigungsgarantie bis 2029 "ein Lichtblick". Der Freistaat tue "alles, um die Arbeitsplätze in der Automobilbranche zukunftsfähig zu machen".
Noch ist die Arbeitslosenquote in Ingolstadt niedrig
Der Chef der Agentur für Arbeit Ingolstadt, Johannes Kolb, sagte, er erwarte kurzfristig keine großen Veränderungen bei der Arbeitslosigkeit. "Mittel- und langfristig wird es aber darauf ankommen, ob es uns gelingt, den strukturellen Wandel und die veränderten Anforderungen an die Arbeitnehmer und ihre Qualifizierungen zu managen." Ansonsten drohe ein deutlicher Anstieg. Grundsätzlich sei der Arbeitsmarkt der Region aber aufnahmefähig. Im Oktober lag die Arbeitslosenquote in Ingolstadt laut Kolb bei 1,9 Prozent.
Auch im Umland herrscht Sorge angesichts des angekündigten Stellenabbaus. "Er trifft die gesamte Region und damit auch den Landkreis Pfaffenhofen hart bei Arbeitnehmern und Zuliefererbetrieben", sagte Landrat Martin Wolf (CSU).
Audi Stellenabbau - es hätte noch schlimmer kommen können
Wie hoch der Anteil des Abbaus von 9.500 Stellen ist, der das Werk Ingolstadt treffen wird, ist nach Aussage eines Audi-Sprechers noch offen. Da Ingolstadt aber fast drei Viertel der insgesamt rund 61.000 Menschen starken deutschen Audi-Belegschaft ausmacht, dürfte auch ein großer Teil des Abbaus auf das Werk in der oberbayerischen Stadt entfallen.
Dabei hätte der Jobabbau auch deutlich schlimmer kommen können, wie aus einem Schreiben des Betriebsrates an die Beschäftigten hervorgeht, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Die 'Giftliste' des Vorstands war lang", heißt es darin zu den ursprünglichen Forderungen des Unternehmens.
So sei unter anderem zunächst der Abbau von 14.000 Jobs geplant gewesen. Auch der Aufbau von bis zu 2.000 neuen Arbeitsplätzen und die Verlängerung der Beschäftigungsgarantie von 2025 auf Ende 2029 seien ursprünglich nicht von Audi angeboten worden.
Das Unternehmen wollte keine Details des Verhandlungsverlaufs kommentieren. Ein Sprecher betonte aber: "Wir haben einen guten Abschluss gefunden."