Seit 14 Jahren steht die Studer S40 bei der Firma LMT Kieninger im Einsatz. Die Firma ist spezialisiert auf besonders anspruchsvolle Zerspanungsaufgaben und stellt Sonderwerkzeuge für den Gesenk- und Formenbau her. "Die S40 war der Rolls-Royce unter den Schleifmaschinen. Trotzdem nutzt sich die Maschine über die Zeit und nach intensivem Gebrauch ab", erklärt Heiko Braun, Gruppenleiter Bereich Rund-Flachschleifen und Montage bei Kieninger.
Für das Unternehmen war klar, dass die Werkzeugmaschine nicht nur zur Überholung, sondern zum Rebuild ins Herstellerwerk in der Schweiz soll. Studer stellte ihnen während der Modernisierung rund drei Monate eine Leihmaschine zur Verfügung und kümmerte sich um Abholung oder Zollformalitäten.
Die Entscheidung fiel bei Kieninger auch darum für die Überholung beim Hersteller, da Studer im Zuge von Modernisierung und Reparatur auch die Führungsbahnen der Maschinen nach Originalspezifikationen erneuert. Damit entspricht die Geometrie der Werkzeugmaschine nach Reparatur, Rebuild und Einbau der Baugruppen wieder der einer neuen Anlage.
Experte Braun bemerkt den Unterschied nach dem Rebuild: "Seit der Überholung schleifen wir mit der Genauigkeit einer neuen Maschine." Er steht voll hinter der Maschinenüberholung. "Es lief alles reibungslos ab, die Investition hat sich gelohnt und eine 1.600-Millimeter-Maschine ist für uns Gold wert."
Was ist der Unterschied zwischen Rebuild und Retrofit?
Der Retrofit ist im ursprünglichen Sinn die Nachrüstung eines Geräts mit einer Komponente oder Funktion, die bei der Erstherstellung nicht eingebaut wurde. Dies kann sich entweder auf das Hinzufügen neuer Komponenten beziehen, um neuen Vorschriften zu entsprechen, oder auf das Hinzufügen einer neuen Funktion, um ein Gerät robuster und sicherer zu machen.
Dagegen ist ein Rebuild der Wiederaufbau der Maschine im praktisch neuwertigen Zustand ohne zusätzliche Funktionen. Dabei werden zum Beispiel verschlissene oder defekte Bauteile mit den aktuellen Bestimmungen entsprechenden Ersatzteilen ersetzt.
Rebuild – aus Alt wird Neu
Geht es nach den Werkzeugmaschinen-Spezialisten von Studer, macht ein Rebuild, also eine Maschinenüberholung, Sinn, nicht nur wirtschaftlich. Der Bediener erhält seine gewohnte Maschine zurück und arbeitet da weiter, wo er vor der Überholung aufgehört hat. Dennoch hat er nach der Maschinenüberholung praktisch fast eine neue Werkzeugmaschine vor sich.
Im Studer-Werk zerlegen die Spezialisten die Maschine vor dem eigentlichen Rebuild in alle Einzelteile: Die Führungsbahnen werden komplett erneuert, die Baugruppen überholt, die Verschleißteile im Elektroschrank ausgetauscht, Hydraulik- und Schmiersystem wie auch alle Ventile ersetzt.
Sind alte Ersatzteile nicht mehr beschaffbar, kümmert sich das Unternehmen im Zuge der Maschinenüberholung um alternative Technik. Die Verschalung und Komponenten werden sandgestrahlt und erhalten danach frischen Lack. Nach dem Rebuild, also dem Wiederaufbau, ist die Geometrie wie bei einer Neumaschine.
Die Inbetriebnahme führt der Customer Care durch, inklusive Funktions- und Geometrieprüfung, das alles CE-konform. "Bei uns sind über 20 Personen mit den Überholungen von Maschinen beschäftigt. Das zeigt, welchen Stellenwert das Rebuild und Retrofit bei Studer hat", sagt Marcos Cotarelo, Hauptabteilungsleiter Customer Care Consultant bei Studer.
Teilespektrum per Retrofit erweitern
Wenn der Kunde sein Teilespektrum gleichzeitig mit der Überholung erweitern möchte, tut er dies nicht mit einem Rebuild, sondern mit einem Retrofit. Während der Maschinenüberholung lässt sich die Maschine nach Kundenwunsch umbauen oder nachrüsten. Das ermöglicht neue Produktionsmöglichkeiten auf derselben Maschine. Dieses Angebot von Studer hat sich die Firma Ingold Tools zunutze gemacht.
Die Ingold Tools AG produziert mit 25 Mitarbeiter hochgenaue und komplexe Teile für den Spindel-, Kompressoren-, Hydraulik- und allgemeinen Maschinenbau seit 1946. Der gesamte Maschinenpark umfasst eine Vielzahl CNC-gesteuerter und konventioneller Maschinen, inklusive zwei Robotik-Automatisierungslösungen für das Drehen, Fräsen/Bohren, Honen, Läppen, Trowalisieren, Sandstrahlen, Laserbeschriften sowie Flach- und Rundschleifen.
In der Rundschleiferei stehen bereits mehrere konventionelle und CNC-Studer Maschinen. Eine weitere Maschine steht aktuell in den Produktionshallen von Studer zur Überholung. Es ist eine 18-jährige S21 mit zwei Aussenspindeln und einer stufenlosen Feineinstellung vom Revolver-Schleifspindelstock (B-Achse fein), welche die beiden Geschäftsführer Christoph Jenzer und Edgar Stich erst kürzlich als Gebrauchtmaschine übernehmen konnten.
Die S21 wird dabei nicht nur auf den neuesten Stand gebracht, sondern auch gleich nach den Ansprüchen der Ingold Tools AG nachgerüstet. So erhält die Rundschleifmaschine im Zuge der Überholung eine zusätzliche Innenschleifspindel zum Innenrundschleifen und die entsprechende Vorrichtung, um den Reitstock in die Parkposition zu schwenken.
Auch erhält die S21 eine neue Spindelkühlung mit eigenem Kreislauf, sowie eine hydraulisch einschwenkbare Abrichtvorrichtung. Damit alle Schleifmaschinen die gleiche Aufnahme haben, wird zusätzlich der Universal-Werkzeugspindelstock von MK4 auf MK5 umgebaut. "Die gebrauchte Maschine erhalten wir dank des Nachrüstens mit 50 Prozent neuer Hardware", sagt Jenzer.
Video: Studer S21 mit StuderFORM
Überarbeitung, Retrofit und Rebuild
Die S21 ist bereits die zweite, werksrevidierte Studer Maschine bei Ingold. Bereits 2016 konnte die Firma eine gebrauchte und vom Hersteller überholte S31 Maschine übernehmen. "Wir schleifen bis zu einem My Lagertoleranz und Durchmesser. Studer gewährleistet uns exklusiv die Genauigkeit nach der Überholung", erklärt Stich. Einen weiteren Vorteil der Maschinenüberholung sehen Jenzer und Stich in der Bedienung: "Die Mitarbeitenden müssen sich nicht an eine neue Maschine mit neuer Steuerung gewöhnen."
Bei Ingold Tools hat man Erfahrung mit den Schweizer Maschinen. Die erste Aussenrundschleifmaschine war eine Typ 01 mit Jahrgang 1955. Diese war noch im Einsatz, als Christoph Jenzer vor 13 Jahren in die Firma eintrat. Statt Retrofit oder Rebuild mal eine neue Maschine? Jenzer und Stich meinen dazu: "Das schliessen wir nicht aus – immerhin bietet eine neue Maschine Vorteile, die eine alte nicht hinbekommt, wie schnellere Verfahrwege in allen Achsen, dem einfacheren Einrichten der Maschine, wie auch einfaches Programmieren mit weniger Fachkenntnissen." Zunächst freut sich die Belegschaft aber auf die überholte S21, die sich schon bald auf den Weg ins bernische Inkwil macht.
Bearbeitet von Stefan Weinzierl
Bildergalerie - Werkzeugmaschinen-Import: Die Top 10 Lieferanten Deutschlands