Die durchgängige Vernetzung aller Wirtschaftsbereiche im Rahmen der digitalen Transformation verändert die industrielle Produktion tiefgreifend. Sie umfasst die Produktion, Produkte und Serviceleistungen gleichermaßen. Aus dieser Vernetzung ergeben sich viele neue nachhaltige Geschäftsmodelle sowie zirkuläre Wertschöpfungsprozesse. Womit auch ein großes Potenzial entsteht, um seltene Materialien zu ersetzen und den Energieverbrauch zu senken.
Nachhaltigkeit in der Praxis
Die anhaltende volatile Situation erfordert Substitution von Rohstoffen
Wie wichtig es ist, schnell und effektiv eine Energie- und Ressourcenwende zu realisieren, erfahren Unternehmen weltweit und tagtäglich aufs Neue: Die Situation entlang der weltweiten Lieferkette bleibt nach Expertenmeinung auch in 2023 volatil und erfordert die Substitution von Bauteilen. Und der im Zuge der Ukrainekrise ausgerufene Gas-Notfallplan zwingt einerseits zu Energieeinsparung und beschleunigt andererseits den Ausbau regenerativer Energiequellen – unerlässlich auch mit Blick auf die globale Klimakrise und die daraus resultierenden Maßnahmen: Ende Juni 2022 stimmte der Bundestag der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Novelle des Klimaschutzgesetzes zu. Sie legt fest, dass Deutschland bis 2045 und nicht wie bislang vorgesehen erst bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral wird. Auch das Klimaschutzgesetz der EU trat im Juni 2022 in Kraft. Es schreibt den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft vor, ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um 55 Prozent unter den Wert des Jahres 1990 zu senken.
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Produkte entwickeln, in deren Kern bereits Nachhaltigkeit steckt
Um das zu erreichen, muss Deutschland seine Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 262 Megatonnen verringern. Ganze 24 Prozent davon lassen sich einsparen, wenn Unternehmen ihre Fertigungsprozesse konsequenter digitalisieren als sie dies bereits tun, stellte der Digitalverband Bitkom in einer Studie fest. Mit 32 Megatonnen ließe sich gut die Hälfte des Klimaschutzpotenzials in der industriellen Fertigung allein dadurch erschließen, dass Unternehmen Prozesse und Produkte künftig mit digitalen Zwillingen entwerfen, so der Bitkom.
"Mit der Technologie können Unternehmen Produkte entwickeln und herstellen, in deren Kern sie Nachhaltigkeit einbauen", versicherte auch Nigel Stacey, Experte für Digitalisierung in der Industrie und Leiter der Abteilung 'Industry X' bei der Unternehmensberatung Accenture auf der im Juni 2022 von Dassault Systèmes und der Financial Times veranstalteten Konferenz 'Leaders in Business Sustainability'.
Idealerweise auf ein echtes Kreislaufwirtschaftssystem umstellen - ohne Primärrohstoffe
Die Energie- und Ressourcenwende rechtzeitig einzuläuten, wird für Unternehmen also von entscheidender Bedeutung sein. Es braucht verbindliche Ressourcenschutzziele und entsprechende Reduktionsquoten für sämtliche Wirtschaftssektoren, allen voran den energieintensiven Unternehmen. Um metallische Rohstoffe und andere Ressourcen wirksam einzusparen, müsste idealerweise auf ein echtes Kreislaufwirtschaftssystem umgestellt werden, in das kaum noch Primärrohstoffe einfließen. Auch die Energiewende gilt es massiv voranzutreiben – allerdings ohne die Energieverbrauchsmaßstäbe wie auf dem Wirtschaftswachstumspfad vor der Krise.
Eher sollte das Wirtschaftswachstum vom Energie- und Ressourcenverbrauch entkoppelt werden, wenn Unternehmen eine zunehmend effizientere Nutzung regenerativ erzeugter Energie und natürlicher Ressourcen erreichen wollen.
Wo gibt es Zusammenhänge zwischen Digitalisierung und Ressourceneffizienz?
Derzeit wird die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) meist nur als ein Nebeneffekt von Maßnahmen der digitalen Transformation angesehen, der beispielsweise mit der Prozessautomatisierung einhergeht. Daher erfolgt auch keine systematische Erfolgskontrolle zur Nachverfolgung und Quantifizierung von Energie- und Ressourceneinsparungen. Den Unternehmen fehlen damit oft die Informationsgrundlagen zu ihren betrieblichen Verbräuchen an Ressourcen. Diese benötigen sie aber zwingend für die Ableitung zielgerichteter Maßnahmen.
Digitaler Zwilling für „Was-wäre-wenn“-Simulationen
"Mit einem digitalen Zwilling können in produzierenden Unternehmen alle Teams von der Entwicklung bis zum Einkauf, der Personalabteilung, Logistik und Produktion unterschiedliche Varianten des Einsatzes von Arbeitskraft, Maschinen, Material und Fertigungsverfahren in einem plattformbasierten virtuellen Modell testen, die Nachhaltigkeit der jeweiligen Lösung evaluieren und so den Einsatz von Ressourcen optimieren, bevor sie diese in der physischen Welt verbrauchen", erklärt Dr. Darko Sucic, Senior Director, Dassault Systèmes Deutschland GmbH. "So erkennen Betriebe rechtzeitig, wo sie unter Umständen Energie und Material verschwenden und wie sie dies vermeiden können", ergänzt er.
Wesentlich ist, die relevanten KPIs zu identifizieren
Ein zentrales Handlungsfeld für Unternehmen wird daher sein, Datengrundlagen über die spezifischen Verbräuche ihrer Prozesse zu schaffen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung zur automatisierten Datenerfassung und Verarbeitung bieten hier ganz neue Chancen, Verbräuche von Energie und Ressourcen spezifisch für Anlagen und Prozesse sogar in Echtzeit zu erfassen. Sind die relevanten KPIs identifiziert, kann mit validen Daten der Erfolg bei der Verfolgung dieser konkreten Unternehmensziele evaluiert werden.
Unternehmen ermöglichen mittels digitaler Lösungen einen effizienteren Umgang mit Energie und Ressourcen, indem sie:
- den direkten Ressourceneinsatz in Produkten reduzieren, zum Beispiel durch materialsparende Produktdesigns oder den Einsatz von Sekundärrohstoffen
- geplante Ausschüsse und Emissionen vermeiden oder reduzieren, wie durch effizientere Fertigungsverfahren oder intelligente Prozesssteuerung
- die technische Produktlebensdauer oder die Nutzungsdauer erhöhen, zum Beispiel durch robustes Design, begleitende Wartungsdienstleistungen in der Nutzungsphase oder update-fähiges, modulares Design
- eine inner- und/oder überbetriebliche Kreislaufführung fördern, etwa durch Kaskadennutzung von Hilfs- und Betriebsstoffen oder plattformbasierte Geschäftsmodelle für den Handel von Wertstoffen und Sekundärrohstoffen
Nachhaltigkeit erfordert eine ganzheitliche Sicht auf die Prozesse
Auf einer kollaborativen Plattform wie der 3DExperience von Dassault Systèmes können Unternehmen einen digitalen Zwilling erstellen und auf diese Weise Einsparpotenziale beim Ressourcen- und Energieeinsatz ermitteln.
Zugleich können Organisationen mit der Plattform in der Public Cloud oder 'on premise' alle ihre Geschäftsprozesse von der Entwicklung neuer Ideen und dem Management ihrer Innovationen, über die Modellierung und Entwicklung neuer Produkte bis zur Planung der Produktion unter Einbeziehung des Wertschöpfungsnetzwerks nachhaltig optimieren. Denn auf der Plattform arbeiten alle am Projekt Beteiligten aus allen Bereichen intern wie extern auf Grundlage einheitlicher Daten zusammen.
Das macht sie schneller und produktiver. Außerdem sparen sie sich Dienstreisen. Der Studie des Bitkom zufolge lassen sich mit digitalen Tools wie Kollaborationsplattformen so knapp fünf Prozent der Treibhausgasemissionen einsparen, die die Bundesrepublik bis 2045 vermeiden muss, um klimaneutral zu werden.
Wer nachhaltig fertigt, bricht Know-How-Silos auf
Außerdem entsteht durch die unternehmens- und standortübergreifende Zusammenarbeit auf einer Plattform wie der der 3DExperience ein ganzheitlicher Blick auf die Wirtschafts- und Produktionsweise des Unternehmens. Wissen über den ökologischen Fußabdruck einzelner Wertschöpfungsschritte bleibt nicht mehr in einzelnen Abteilungen hängen. Organisationen laufen nicht mehr Gefahr, nachteilige ökologische Auswirkungen ihrer Prozesse und Produkte in spätere Phasen von deren Lebenszyklus zu verschieben, weil sie nur auf die Nachhaltigkeit der Inputgrößen ihrer Fertigung achten. Ein erster Schritt zu einer ernst gemeinten Green Industry!