Liang Wengen, Vorsitzender der Sany Group

Liang Wengen gehört zu den wohlhabendsten Menschen Chinas und ist gleichzeitig Mitglied der kommunistischen Partei. (Bild: Sany)

Liang Wengen ist ein Vertreter der Gründergeneration Chinas, zeitweise reichster Chinese und gleichzeitig treuer Parteisoldat. In Deutschland wurde der Gründer von Sany mit der Übernahme des Weltmarktführers für Betonpumpen Putzmeister bekannt. Aus dem Scheitern von Unternehmen zieht er seine Kraft und sieht seinen Weltkonzern jetzt wieder auf Expansionskurs.

Liang wurde 1956 in dem Bergdorf Daotong in der damals noch bitterarmen Binnenprovinz Hunan in einer Familie mit zwölf Kindern geboren. In jungen Jahren kämpfte er als Korbflechter ums Überleben. Als mit Ende der Kulturrevolution die Universitäten ihren Betrieb wieder aufnahmen, konnte er an der Abteilung für Metallwerkstoffe des Central South Institute of Mining and Metallurgy (heute Central South University, Changsha) studieren. Nach seinem Universitätsabschluss in Metallwerkstoff-Kunde im Juli 1979 wurde er der Maschinenfabrik Lianyuan Hongyuan des Ministeriums für Kampfmittelindustrie zugeteilt. Eine freie Berufswahl war damals in China noch nicht möglich. Zu Beginn der Reformpolitik kündigte er seine sichere Stelle als „Stellvertretender Direktor des Sportreformbüros der Hongyuan-Maschinenfabrik des Ministeriums für Waffenindustrie“.

Standort Nr. 18 gehört zu den Vorzeige-Fabriken des Sany-Konzerns
Heute gehören elf Unternehmen zum Sany-Konzern, darunter einer der größten Baumaschinenhersteller der Welt. (Bild: Sany)

Danach versuchter er sich zunächst als Schafsverkäufer, dann als Winzer und auch in der Glasfaserproduktion. Seine ersten Unternehmen endeten alle mit einem Misserfolg. Aus dem Scheitern konnte er jedoch grundlegende Erfahrungen für eine erfolgreiche Unternehmensführung gewinnen, so Liang.

Im Jahr 1986 gründeten er und drei weitere Partner die Maotang Welding Materials Factory in Lianyuan zur Herstellung von Schweißdrähten. Das erste Produkt waren 105 Schweißdrähte auf Kupferbasis. Die Lieferungen wurden jedoch wegen mangelnder Qualität zurückgeschickt. Mit seinen Kontakten zur Central South University konnte die Qualität verbessert und im September 1986 die ersten Verkäufe im Wert von 9.8000 Yuan abgeschlossen werden.

Das Unternehmen expandierte daraufhin im Bereich der Schwerindustriefertigung. Es war eine günstige Zeit dafür, da die Bauindustrie gewaltig wuchs und zunehmend Qualitätsprodukte nachgefragt wurden. "Obwohl wir nicht viel über Infrastrukturprojekte wussten, wagten wir den Einstieg in die Branche. Wir kannten jedoch die Ausrüstung, die für den Infrastrukturbau benötigt wird", erklärt Liang.

Mit der Reformpolitik war Sany in der Lage, das bis dahin bestehende Staatsmonopol zu spalten und die Dominanz internationaler Akteure zu zerschlagen. Sany bekam auch umfassende Unterstützung der Provinz Hunan, die mit 66 Millionen Einwohnern eher mit einem europäischen Land vergleichbar ist und die durch eine offene Industriepolitik zu wohlhabenderen Gegenden aufschließen wollte.

Im Jahr 1993 änderte das Unternehmen seinen Namen in "Sany Group", das Unternehmen mit Sitz in Lianyuan wurde in "Sany Material Group Co., Ltd." umgewandelt, und der Hauptsitz der Gruppe zog nach Changsha. Die Hauptstadt von Hunan ist auch der Sitz der Broad Group, einem der größten Klimaanlagen-Hersteller der Welt, der sich zudem auf industrielles Bauen spezialisierte. Broad errichtete 2021 ein 15-stöckiges Hochhaus in 28 Stunden. Die klimaneutralsten Hochhäuser der Welt sollen mittlerweile in China stehen. Diese entstehen im Zusammenspiel mit hocheffektiven, vernetzten Baumaschinen von Sany und industriellen Bauträgern wie Broad. Die Acht-Millionen-Stadt Changsha entwickelt sich zum Weltzentrum für ökologischen Städtebau. Liang ist dort, aber auch in Peking bestens vernetzt.

Sany-Baumaschinen am Straßenrand vor Bäumen
Die Entwicklung und Herstellung von Baumaschinen sind das Kerngeschäft des Sany-Konzerns. (Bild: d_odin-stock.adobe.com)

Hitzige Debatte nach Bemerkung am Tag der Singles

Liang ist seit 2004 Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas. 18 Jahre habe er auf die Aufnahme warten müssen, weil die Partei sich einem „Kapitalisten“ gegenüber skeptisch zeigte. Seine Beweggründe sind eigenwillig. Am 11.11.2012, dem in China breit gefeierten dem Tag der Singles, sagte Liang in einem Interview: “Ich wollte der Partei schon lange beitreten, weil die Kommunistische Partei Chinas Ideale hat und nach Fortschritt strebt. Wenn du öffentlich sagst, ich bin Mitglied der Kommunistischen Partei, werden die Leute dich mehr respektieren. Wenn ein junger Mann Mitglied der Kommunistischen Partei wird, ist es einfacher, eine Partnerin zu finden. Die meisten Mitglieder der Kommunistischen Partei finden Ehefrauen, die schöner sind als Ehefrauen von Nichtmitgliedern. Chinesische Mädchen lieben Mitglieder der Kommunistischen Partei.”

Diese Bemerkung löste in Chinas Medien eine hitzige öffentliche Debatte aus, da sie dort bereits damals für viele aus der Zeit gefallen war. Doch im Februar 2018 wurde Liang als einer der ersten Privatunternehmer als Abgeordneter in den 24. Nationalen Volkskongress gewählt. Liang ist weiterhin in China für seine manchmal launischen Kommentare berühmt, die nicht unbedingt immer auf Parteilinie liegen.

Liang lebt weiterhin in der Provinz Hunan, ist verheiratet und hat einen Sohn, Liang Zhizhong. Liang Wengen wird als strenger, traditioneller Familienmensch beschrieben. Er wollte seinen Sohn durch frühzeitige Einbindung in die Unternehmensgeschäfte als Nachfolger aufbauen.

Liang Zhizhong erklärte dazu: „Die Brillanz meines Vaters ist zu groß, um sie zu übertreffen – aber sie muss übertroffen werden – was bin ich sonst?“ Er sei nicht nur eine Maschine von Sany. Anfang 2023 meldeten chinesische Medien, dass er kaum in die übergroßen Fußstapfen seines Vaters treten wolle. Die Nachfolge musste außerhalb der Familie geregelt werden.

Xiang Wenbo und Yu Hongfu fungieren jetzt als Vorsitzender beziehungsweise als stellvertretender Vorsitzender des Unternehmens. Yu Hongfu wurde zum Präsidenten des Unternehmens ernannt, meldete Sany im Januar 2023. Gleichzeitig ist Liang Wengen nach wie vor der eigentliche Controller der Firma und wird weiterhin als Direktor des Unternehmens und Vorsitzender der Sany Group Co., Ltd. arbeiten.

Sein Sohn Zhizhong betreut Sany Finance, ein Tochterunternehmen, das auch außerhalb des Unternehmens im Bereich Autofinanzierung und Versicherungen aktiv ist. Er ist Vorsitzender der von Sany finanzierte Sanxiang Bank. Vielleicht sei Xiang Wenbo besser für Sany Heavy Industry geeignet als Liang Zaizhong, kommentieren chinesische Industrieanalysten diese Umstrukturierung.

Sany übernimmt Putzmeister

Gerald Karch, CEO bei Putzmeister, Wengen Liang, Vorsitzender Sany, und Du Jiahao, Gouverneur der chinesischen Provinz Hunan (v. l.) im Jahr 2015
Am 7.10.2015 empfangen Putzmeister-CEO Gerald Karch (l.) und Sany-Vorsitzender Wengen Liang (Mitte) den Gouverneur der chinesischen Provinz Hunan, Du Jiahao (r.), und seine Delegation zu Wirtschaftsgesprächen im Putzmeister-Stammwerk in Aichtal. (Bild: Putzmeister)

In Deutschland wurde Liang 2012 mit der Übernahme des Betonpumpenspezialisten Putzmeister bekannt. Die Angst im Stammwerk Aichtal bei Stuttgart war groß, dass sich der chinesische Konzern den Traditionsbetrieb einverleibt, Arbeitsbedingen verschlechtert, die Technologie aufgesaugt und Stellen wegsaniert werden. Firmengründer Karl Schlecht bezeichnete den Verkauf jedoch als "Vorzeigebeispiel einer globalen Transaktion". Der Sany-Gründer und er teilten "nicht nur unseren Unternehmergeist, sondern auch die Werte von Putzmeister".

Zunächst war es jedoch keine Traumhochzeit, und insbesondere bei der Aufteilung der Märkte gab es Probleme. Liangs chinesische Kollegen starteten deshalb eine Charmeoffensive und suchten bis an die Werkbank das Gespräch mit den Mitarbeitenden. „Das ist das beste Unternehmen, das wir im Landkreis derzeit haben“, zieht Thomas Maier, Sekretär bei der IG Metall in Esslingen am Neckar, nach über zehn Jahren Bilanz. „Die bezahlen die besten Löhne“, erklärte er. Bis 2028 sind die 3.200 Stellen beim Betonpumpenhersteller gesichert. Die Chinesen haben ihr Wort gehalten und dem deutschen Management größtmögliche Freiheit gelassen, so der Arbeitnehmervertreter.

Putzmeister hat über Sany nicht nur Zugang zum riesigen chinesischen Markt. Sany exportierte erstmals 2002 nach Afrika. Liang schätzt, dass dies der größte Zukunftsmarkt werden könnte. Dort werde sich das Unternehmen auf große technische Projekte und den Bau von Infrastruktur konzentrieren, um kostengünstige Produkte und effizientere und perfekte Dienstleistungen anzubieten, erklärte Liang. Nach seinen Angaben ist Sany seit Langem führend unter den chinesischen Exporteuren von Maschinen auf den afrikanischen Kontinent.

Die Corona-Lockdowns setzten Sany zu

Laut Forbes besitzt Liang über 20 Prozent der Anteile an Sany. Sein Vermögen wird Anfang 2023 auf 7,3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Er ist nicht mehr reichster Chinese, sondern liegt in der China-Reichenliste auf Platz 55. Die Lockdowns durch Corona setzten Sany und Liangs Vermögen zu: 2021 schätze Forbes sein Vermögen noch auf 14,1 Milliarden US-Dollar.

Nach Höhen und Tiefen ist Sany jedoch wieder auf Erfolgskurs, meldet der Konzern. 2022 stiegen die Umsätze um 40 Prozent, der Auslandsumsatz verdoppelte sich. Liang sitzt wieder fest im Sattel, nachdem er zuvor nach Firmenverlusten an Einfluss eingebüßt hatte. „Unter der Führung von Liang hat Sany die Digitalisierung, Elektrifizierung und Globalisierungstransformation umfassend vorangetrieben und einige hervorragende Erfolge erzielt. Die Betriebsleistung erreichte ein Rekordhoch. Eine Reihe von Schlüsseltechnologien der intelligenten Fertigung sind realisiert. Die intelligente und vollautomatische Entwicklung beschleunigte die Produkteinführung in die Serienprodukte“, meldet die Unternehmenszentrale. Mit dem Technologie-Start-up Pony.ai plant Sany Heavy Industry die Massenproduktion von autonom fahrenden Lastwagen.

Der zukünftige Weg von Sany dürfte jedoch weniger als Familienunternehmen verlaufen. Was Liang Wengen mit Sany und seinem Milliardenkapital macht, bleibt eine spannende Frage. So wie zuvor der Putzmeister-Gründer Karl Schlecht muss jetzt auch der chinesische Firmengründer eine Perspektive für sein Lebenswerk suchen.

Überarbeitet von Anja Ringel

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