
Ma Huateng, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer von Tencent. (Bild: Tencent)
Der von Ma Huateng 1989 gegründete Onlinekonzern Tencent ist weit mehr als seine Super-App WeChat, ohne die in China wenig geht. Marketingtools, Bezahlsysteme, oder Shoppingfunktionen des Messengers machen das System in China im Alltag unentbehrlich. Sein Konzern Tencent ist auch einer der größten Videospiele-Anbieter der Welt.
In jüngster Zeit geht die chinesische Regierung gegen die Marktmacht der großen Onlinekonzerne vor, was die Geschäftsmöglichkeiten einschränkte und hohe Strafen nach sich zog. Dennoch gibt sich Ma staatstragend und lobt die neuen Regierungsbeschlüsse zur Ankurbelung der Wirtschaft. Immerhin hat er Chinas wertvollsten Konzern aufgebaut.
Ma wurde im Oktober 1971 in Chaoyang in der südchinesischen Provinz Guangdong geboren. Schon als Kind wollte er hoch hinaus und Astronaut werden. An der Universität Shenzhen studierte Ma Ingenieurwissenschaften und Informatik und schloss das Studium im Jahre 1993 ab. Er begann seine Karriere als Angestellter des Telekomunikationunternehmens China Motion Telecom Development Limited, wo man ihm nach einiger Zeit die Entwicklung von Pager-Diensten für das Internet übertrug. Sein Monatsgehalt dort soll umgerechnet 176 US-Dollar betragen haben.
Tencent wuchs schnell und ging bald an die Börse
1998 gründete Ma mit bescheidenen Mitteln mit vier Kollegen aus seiner Studentenzeit (Zhang Zhong, Xu Chenye, Chen Yidan und Zeng Liqing) die chinesische Investment-Holding Tencent. Zuvor verdienten die Gründer an der Börse etwas Geld. Anfangs übernahm Ma verschiedene Aufgaben – vom Hausmeister bis hin zum Webdesigner – um das Unternehmen nach vorn zu bringen und am Leben zu erhalten, berichtet Ma über die Gründungsphase.
Kurze Zeit nach der Gründung entwickelte er eine chinesische Version der Software AOL Instant Messenger und des Instant-Messaging-Dienstes ICQ, die er im Jahre 1999 als Plattform Tencent QQ startete. Am Ende des gleichen Jahres erhielt er 2,2 Millionen US-Dollar von zwei Risikokapitalgebern.
Das Unternehmen wuchs schnell und ging am 16. Juli 2004 an die Hongkonger Börse. Dort hat es seitdem starke Kursgewinne erzielt. Mit den Gewinnen startete Ma einen aggressiven Einkaufsmarathon und übernahm Dutzende Spielentwickler und gab dafür viele Milliarden aus.
So ist der Messenger WeChat entstanden
2011 startete Ma die Plattform WeChat, einer der größten Instant-Messenger der Welt. WeChat gilt als die Super-App, mit der nicht nur alltägliche Dinge wie Kommunikation, Shopping oder Bezahlen mit einem Klick auf das Smartphone erledigt werden. Auch in der Geschäftswelt sorgt sie für Tempo beim Austausch von Informationen und Kontakten. Dies ist eine Grundlage für den „China-Speed“, mit dem beispielsweise die Entwicklungszeiten für Elektroautos auf ein Drittel derjenigen in Europa verkürzt wurden. Und ohne eine elektronische Integration der WeChat-Funktionen in diese Fahrzeuge sind in China, dem weltgrößten Automobilmarkt, diese Fahrzeuge kaum zu verkaufen.
Bereits 2017 übernahm Ma mit seinen Unternehmen fünf Prozent an Tesla. Tencent ist auch an chinesischen Elektro-Autobauer wie Nio beteiligt. Ma erklärte, dass sich sein Unternehmen verstärkt an der Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) für selbstfahrende Autos beteiligen werde.
Doch nicht nur Milliardeninvestitionen, sondern auch Start-ups bringen Tencent weiter. Ma gilt als Freund von eigenständigen Teamarbeiten, die im Wettkampf gegeneinander antreten. So ist WeChat im Wettstreit zweier Teams aus dem Hauptquartier Shenzhen und der Entwicklungsabteilung in Guangzhou entstanden. Sieger wurde Anfang 2011 die zehnköpfige Guangzhou-Truppe um Zhang Xiaolong.
Tencent ist immer noch das wertvollste Unternehmen Chinas
Ma leitet weiterhin Tencent und hält einen Anteil von knapp zehn Prozent daran und ist Multimilliardär. Auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen 2022 wurde sein Vermögen mit 37,2 Milliarden US-Dollar angegeben. Nachdem die chinesische Regierung eine striktere Regulierung von Internetunternehmen beschlossen hatte, ging sein Vermögen stark zurück. 2021 lag es noch bei 65,8 Milliarden US-Dollar.
Besonders die exzessive Nutzung von Onlinespielen des Konzerns wurde eingeschränkt. Zudem wird dem Onlinedienst WeChat eine marktbeherrschende Stellung und überbordende Datensammlung vorgeworfen. Dies sind jedoch Vorwürfe und Einschränkungen, welche im Westen auch Onlinekonzerne wie Google betreffen.
Doch mit einem Wert von 142 Milliarden US-Dollar laut Daten von Statista ist Tencent immer noch das wertvollste Unternehmen Chinas. Mit großem Abstand liegt auf Platz zwei der Rivale Alibaba mit 92 Milliarden US-Dollar.
Befürworter der restriktiven chinesischen Internetpolitik
Trotz der Einschränkungen durch die chinesische Regierung gibt sich Ma staatstragend. In China hatte er WeChat seit Beginn mit Filterfunktionen für unliebsame Inhalte versehen und konnte dadurch ausländischen Anbietern den Zugang zum Markt verwehren. Er war Delegierter des Nationalen Volkskongresses und gilt als Befürworter der restriktiven chinesischen Internetpolitik. „Wir sind ein großer Befürworter der Regierungs-Bestimmungen im Hinblick auf die Informationssicherheit“, erklärt Ma.
Chinas Wirtschaft schwächelt nach Corona, und die chinesische Regierung versucht, dem mit einem Aktionsplan gegenüberzutreten, in dem auch die Stellung der privaten Wirtschaft gestärkt werden soll. Nur wenige Stunden nachdem der Aktionsplan zur Ankurbelung seiner Wirtschaft vorgestellt wurde, veröffentlichte der staatliche Rundfunk im Juni 2023 einen von Ma verfassten Artikel.
Ma verpflichtet sich demnach im Namen der Internetbranche, die neuesten Strategien und Ziele der Regierung zur Unterstützung privater Unternehmen umzusetzen. Er sei "extrem begeistert und tief inspiriert" von den Ideen des Staats- und Parteichefs Xi Jinping für die Privatwirtschaft.
Tencent-Vorsitzender begrüßt Pekings neue Pläne zur Ankurbelung der Privatwirtschaft
Das 31 Punkte umfassende Dokument von Regierung und Parteiführung habe es ihm angetan. Die Regierung habe verstanden, dass die Internetkonzerne eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Zukunft des Landes spielen und nach der Null-Covid-Durststrecke Unterstützung brauche. Gleichzeitig bekräftigte Ma, dass Tencent weiter zum Erreichen der wirtschaftspolitischen Ziele der Kommunistischen Partei beitragen wolle
Diese staatstragende Haltung nutzten Tencent und Ma. Bereits zur Jahreswende verdoppelte sich der Aktienkurs von Tencent, was Ma's Vermögen wieder um etliche Milliarden erhöht haben dürfte.
Ma's Lobpreisungen folgen wenige Tage, nachdem Tencent abermals eine Strafe in Höhe von umgerechnet rund 400 Millionen Euro für Verfehlungen seiner Zahlungsdienstleistungssparte zahlen musste. Konkurrent Ant Group, das Finanztechnologie-Unternehmen von Alibaba, musste sogar fast eine Milliarde Euro zahlen. Zu den Strafzahlungen kommen Einschränkungen für die Onlinespiele, mit denen Tencent Milliarden verdient. Die chinesische Regierung versucht insbesondere deren Nutzung durch Kinder einzuschränken.
Ma versucht für seinen Konzern mit seinem staatstragenden Vorpreschen nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen. Wie grundlegend dies ist kann daraus geschlossen werden, dass sich Ma sonst kaum öffentlich äußert und meist im Unterschied zu seinem Konkurrenten, dem Alibaba Gründer Jack Ma formell gekleidet und akkurat frisiert auftritt. Doch auch wie Jack Ma bei Alibaba-Firmenfeiern kann Ma auch mal seine Mitarbeitenden mit einem Auftritt als Hip-Hop-Boy überraschen.
Ma Huateng überrascht seine Mitarbeiter als Hip-Hop-Boy
Spenden für die Förderung von Medizin und Bildung
Und wie Jack Ma zeigt sich Pony Ma auch als großzügiger Spender. Bereits 2017 hat er Tencent-Aktien im Wert von zwei Milliarden Dollar aus seinem Vermögen in seine Stiftung überführt. Diese soll Projekte in China, die der Förderung von Medizin, Bildung und dem Umweltschutz gewidmet sind, unterstützen. Auch wenn er bereits in der Vergangenheit gespendet habe, wolle er nun seine Wohltätigkeit in eine „längerfristige, effizientere und stärker organisierter“ Form gießen, erklärte Ma.
Serie: Chinas Innovationsstrategie - Chancen und Risiken für den Westen
In unserer Serie beleuchten wir verschiedene Aspekte der aktuellen Forschungs- und Entwicklungsstrategie der Volksrepublik China. Bisher erschienen:
- So will China zum Hightech-Standort werden | China setzt im neuen Fünfjahresplan auf die Entwicklung von Hochtechnologie. Wie die Strategie aussieht und warum die Erfolgschancen hoch sind.
- Elektromobilität: China lockt deutsche Autoindustrie an | Die einheimischen Firmen dominieren bei Elektromobilität und autonomem Fahren, aber auch deutsche Konzerne zieht es nach China. Wie sie dort F&E vorantreiben.
Einstieg in weitere Geschäftsbereiche
Die gewaltigen Datenmengen und die umfassenden IT-Erfahrungen nutzen Ma auch zum Einstieg in weitere Geschäftsbereiche von Gesundheit bis hin zu Raumfahrt. Er investiert mit seinem Konzern jetzt auch in die kriselnde chinesische Immobilienphase. Projektentwickler wie Evergrande oder Country Garden haben Hunderte Milliarden an Schulden angehäuft und stecken in Zahlungsschwierigkeiten.
Hang Huiyan, die Chefin von Country Garden, hat seit Juni 2021 offenbar 26 Milliarden Euro an Vermögen verloren, berichten chinesische Medien. Millionen Anleger und Kunden des Konzerns bangen um ihre Investitionen.
Dieses eigentlich risikobehaftete Investment hat für Ma und seine Konzerne drei wichtige Vorteile. Er präsentiert sich zunächst wieder staatstragend, indem er hilft, Chinas Immobilienbranche vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Und durch die Immobilienkrise kann er gewaltige Werte zu einem Schnäppchenpreis erwerben. Zudem dürfte Tencent daran arbeiten, durch seine digitale Kompetenz den Immobiliensektor effektiver zu gestalten.
(Bearbeitet von Anja Ringel und Sabine Königl.)