Künstliche Intelligenz verändert die Produktion – doch wer ihre Potenziale wirklich nutzen will, braucht mehr als starke Algorithmen: Es braucht eine IT-Architektur, die alle Ebenen der Fertigung intelligent verbindet.
Dr. Stefan MuthmannDr. StefanMuthmannDr. Stefan MuthmannDell Technologies
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Künstliche Intelligenz ist längst mehr als ein Trend. In der Industrie gilt sie als entscheidender Faktor für Effizienz, Innovation und Nachhaltigkeit.sizsus - stock.adobe.com)
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Künstliche
Intelligenz kann die Produktion revolutionieren, doch so vielfältig die
Einsatzmöglichkeiten auch sind, so unterschiedlich sind auch die IT-Anforderungen
der Use Cases. Dennoch ist der Aufbau einer einheitlichen Plattform unabdingbar,
um Ressourcen optimal zu nutzen, die Skalierung zu erleichtern und hohe Kosten
zu vermeiden.
Dass Künstliche
Intelligenz eine Schlüsseltechnologie für die Industrie darstellt, ist in der
Branche unumstritten. Immerhin 82 Prozent der Unternehmen stimmten in einer Bitkom-Umfrage der Aussage zu, KI sei für die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie entscheidend. Das liegt unter
anderem daran, dass die Technologie äußerst vielseitig ist und in den
unterschiedlichsten Bereichen einer Produktion zum Einsatz kommen kann. Allerdings
stellen die verschiedenen Use Cases und KI-Anwendungen sehr unterschiedliche
Anforderungen an die IT – je nachdem, welche Datenmengen anfallen, wo sie
verarbeitet werden müssen und wie viel Rechenleistung dafür benötigt wird.
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Unternehmen
laufen daher leicht Gefahr, Infrastrukturen und Plattformen auf die einzelnen Anwendungsfälle
zuzuschneiden und auf diese Weise viele Insellösungen zu schaffen, die sich nur
schwer verwalten lassen und schlecht skalieren – und so letztlich hohe Kosten
verursachen.
Dr. Stefan Muthmann ist Field CTO Manufacturing bei Dell Technologies in Deutschland.Dell Technologies)
Besser ist es, eine
ganzheitliche IT-Plattform aufzubauen, die als Basis für alle Use Cases dienen
kann – aktuelle wie auch künftige. Der Begriff „Plattform“ steht in diesem
Zusammenhang für eine einheitliche, skalierbare IT-Architektur, die sich im
Detail von Anwendung zu Anwendung unterscheiden kann. Ihre wesentlichen
Eigenschaften sind:
Ein zentrales, einheitliches Management, um
den Betrieb langfristig gewährleisten zu können.
Durchgängige Sicherheitsmechanismen, die dem
Zero-Trust-Ansatz folgen, um das Risiko in der vernetzten Produktion zu
minimieren.
Skalierbarkeit, um sowohl mehrere Anwendungen
an einer Stelle betreiben als auch Rechenleistung und Speicherkapazität für
einzelne Edge-Anwendungen erhöhen oder verringern zu können.
Herstellerunabhängigkeit, um flexibel auf
Neuerungen in der KI-Entwicklung reagieren zu können.
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Eine solche Plattform erlaubt es, die verfügbaren IT-Ressourcen besser zu nutzen, neue Anwendungsfälle schneller umzusetzen und die Kosten überschaubar zu halten. Dafür muss sie in der Lage sein, die richtigen Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu verarbeiten und an jedem Ort die benötige Rechenleistung anzubieten. Damit macht sie Industrieunternehmen agiler und innovationsfähiger.
Diese drei Klassen
industrieller KI gibt es
Die meisten KI-Anwendungsfälle
in der Industrie lassen aufgrund ihrer spezifischen Anforderungen einer der drei
folgenden Kategorien zuordnen:
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KI für
das Erkennen von Trends: Hierzu
zählen KI-Systeme zur Optimierung des Energieverbrauchs, zur Verbesserung des
Produktionsflusses und für Predictive Maintenance. Sie alle sind auf hochwertige
Daten angewiesen, die üblicherweise aus verschiedenen Quellen stammen. Die
Daten müssen standardisiert und an zentraler Stelle zusammengeführt werden, um sie
in den richtigen zeitlichen Zusammenhang zu bringen und eine einheitliche Sicht
zu erhalten.
Da es um längerfristige Entwicklungen geht, sind keine
Entscheidungen binnen weniger Millisekunden notwendig, sodass keine hohe
Rechenleistung vor Ort benötigt wird. Für die IT-Architektur bedeutet das eine
zentrale Datenspeicherung in einer Private oder Public Cloud – je nach
Compliance-Anforderungen. In dieser Cloud können dann auch das Training der
KI-Modelle und das KI-Inferencing – sprich: die Analyse der Daten und das
Treffen von Entscheidungen – stattfinden.
KI für Entscheidungen in Echtzeit: Hierzu zählen KI-Systeme
für die Echtzeitüberwachung von Maschinen, zur Optimierung von
Prozessparametern und für Bildauswertungen in der Qualitätskontrolle. Diesen
Use Cases ist gemein, dass sie große Datenmengen erfordern, die jedoch relativ
schnell an Wert verlieren. Daher müssen auch nicht alle Daten dauerhaft
aufbewahrt werden. Bei der Verarbeitung von Bildern in der Qualitätskontrolle beispielsweise
ist es meist nicht notwendig, die Aufnahmen von Produkten oder Teilen, die in
Ordnung sind, lange vorzuhalten – manchmal genügen etwa die Aufnahmen
fehlerhafter Produktionsergebnisse.
Da die Echtzeit-Entscheidungen kritisch sind und sich direkt auf Produktionsprozesse auswirken, dürfen sie zudem nicht von externen Verbindungen abhängen. Notwendig sind daher IT-Architekturen, die Daten dezentral speichern und Entscheidungen direkt an der Produktionsstätte treffen. Das Training der KI-Modelle kann hingegen in der Cloud erfolgen.
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Agentic oder Physical AI: Diese Kategorie von
KI-Anwendungen ist noch relativ neu, gewinnt aber schnell an Bedeutung. Sie
umfasst selbstfahrende Transportfahrzeuge, Roboter, die ihre Umgebung
wahrnehmen, sowie industrielle Co-Piloten. Diese führen selbstständig
Fehlerdiagnosen durch, unterstützen beim Troubleshooting an Maschinen und
kommunizieren mit Technikern in natürlicher Sprache.
Die eingesetzten
KI-Modelle müssen flexibel sein und sich anpassen lassen – etwa, wenn ein
Roboter neue Bauteile erkennen soll oder der Co-Pilot Anfragen zu einer neuen
Produktionslinie beantworten muss. Die Anpassung erfolgt in der Regel mit großen
Mengen synthetisch generierter Daten oder durch Einbinden zusätzlicher
Dokumentationen. Da die KI ihre Entscheidungen schnell treffen muss, ist sie
auf eine hohe Rechenleistung nah an den Maschinen oder sogar direkt in den
Maschinen angewiesen.
Das Training und die Anpassung der neuronalen Netze und
großen Sprachmodelle, die häufig für den Shopfloor optimiert sind, erfolgt
jedoch in der Cloud. Für die IT-Architektur heißt das, dass sie eine zentrale
sowie dezentrale Datenspeicherung und Datenverarbeitung unterstützen muss.
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Ein mehrstufiger Architekturansatz
Viele Unternehmen
haben bereits erste Use Cases umgesetzt und wollen KI nun auf breiter Front ausrollen.
Eine ganzheitliche Plattform, die das erleichtert und alle IT-Anforderungen
abdeckt, muss einen mehrstufigen Ansatz verfolgen, der sich vom Shopfloor über
eine zentrale Daten- und KI-Ebene bis in die Cloud erstreckt.
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Auf der untersten
Ebene, dem Shopfloor, sind die dezentralen IT-Systeme über Konnektoren mit den
Maschinen und den maschinellen Steuersystemen verbunden. Auf dieser Ebene sammelt
die Plattform die anfallenden Daten und unterstützt eine schnelle und einfache
Bereitstellung der KI-Anwendungen, die die Daten in Echtzeit auswerten.
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Dabei muss
sie ein hohes Security-Niveau bieten, das auch eine robuste physikalische
Sicherheit umfasst. Schließlich befinden sich die IT-Systeme nicht wie im
Rechenzentrum in einem abgeschlossenen Raum, sondern sind auf dem Shopfloor
relativ leicht zugänglich.
Die mittlere Ebene
übernimmt die zentrale Speicherung und Auswertungen der Fabrikdaten. Die
IT-Systeme befinden sich in einem Server-Raum vor Ort oder in einem Rechenzentrum
in der Nähe, sodass lokale Datenspeicher und Rechenkapazitäten verfügbar sind,
die gut skalieren. Auf den Systemen werden Daten konsolidiert, visualisiert und
bereitgestellt und produktionsnahe Workloads wie Datenbanksysteme, das Manufacturing
Execution System (MES) oder ein Asset-Management ausgeführt.
Zudem lassen sich
auf den Systemen auch KI-Entscheidungen treffen, die wichtig, aber nicht so
zeitkritisch sind, dass sie direkt an oder auf der Maschine getroffen werden
müssen. Gibt es KI-Modelle, die aus Compliance-Gründen die Fabrik nicht
verlassen dürfen, können diese ebenfalls auf dieser Ebene trainiert werden.
Die oberste Ebene
schließlich ist die Cloud – je nach Anforderungen eine Private oder Public
Cloud. Sie liefert Speicherplatz und Rechenleistung für das zentrale Training
von KI-Modellen, die Generierung synthetischer Daten sowie
Datenvisualisierungen. Außerdem fließen in der Cloud die Produktionsdaten mit
Geschäftsdaten – zum Beispiel aus ERP-Systemen – zusammen und werden verknüpft.
Alle drei Ebenen
sind miteinander verbunden, sodass ein kontinuierlicher Datenfluss
gewährleistet ist und Feedback aus der Cloud auch auf dem Shopfloor ankommt.
Zudem lassen sich alle Daten und Workloads einheitlich verwalten und flexibel
migrieren, sodass etwa die Modelle der Physical AI in der Cloud initial
trainiert und angepasst, aber auf dem Shopfloor produktiv eingesetzt werden
können.
Bedienbarkeit und
Skalierbarkeit
Bauen Unternehmen
eine solche ganzheitliche IT-Plattform auf, sollten sie auf hohe Sicherheit auf
Basis von Zero Trust und einfache Skalierbarkeit achten, sodass sie klein
einsteigen und die Infrastruktur bei Bedarf schnell erweitern können. Da sich
die verfügbaren KI-Anwendungen aktuell enorm schnell weiterentwickeln, ist es
wichtig, die Plattform so herstellerunabhängig wie möglich aufzubauen.
Der
Einsatz von Industriestandards und die Vermeidung von proprietären Lösungen ermöglicht
die erforderliche Flexibilität. Kombiniert man diesen Ansatz mit
Open-Source-Lösungen, wird die schnelle Anpassung an neue Technologien in der
Zukunft stark vereinfacht.
Insbesondere auf dem
Shopfloor ist zudem die Bedienbarkeit der Systeme ein kritischer Faktor, da
dort häufig kein spezialisiertes IT-Personal verfügbar ist. Wird ein Zero Touch
Provisioning unterstützt, können Mitarbeiter aus dem OT-Bereich die Systeme anschließen
– ihre Konfiguration und Anwendungen laden sie sich dann automatisch herunter.
Konfigurationsänderungen,
Software-Updates und die Verteilung neuer KI-Tools plant das IT-Team zentral
und rollt sie dann automatisiert aus. Auf diese Weise hilft eine ganzheitliche
IT-Plattform für industrielle KI auch, die Konvergenz von IT und OT
voranzutreiben.
FAQ: Künstliche Intelligenz in der industriellen Produktion
1. Warum ist eine einheitliche Plattform für KI-Anwendungen in der Industrie notwendig?
Eine einheitliche Plattform vermeidet Insellösungen, die schwer zu verwalten sind und hohe Kosten verursachen. Sie ermöglicht die effiziente Nutzung von IT-Ressourcen, erleichtert die Skalierung neuer Anwendungen und schafft eine sichere, zentrale Architektur für alle aktuellen und zukünftigen KI-Use-Cases.
2. Welche Anforderungen muss eine industrielle KI-Plattform erfüllen?
Die Plattform muss ein zentrales Management, durchgängige Zero-Trust-Sicherheitsmechanismen, hohe Skalierbarkeit sowie Herstellerunabhängigkeit bieten. Sie muss zudem in der Lage sein, Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu verarbeiten – sowohl zentral in der Cloud als auch dezentral am Shopfloor.
3. Welche drei Klassen von KI-Anwendungen gibt es in der Industrie?
Trendbasierte KI: Dient der Optimierung über längere Zeiträume, z. B. für Energieverbrauch oder Predictive Maintenance.
Echtzeit-KI: Reagiert sofort auf Ereignisse, z. B. bei der Qualitätskontrolle durch Bildverarbeitung.
Agentic/Physical AI: Bezieht sich auf autonome Systeme wie Roboter oder Co-Piloten, die flexibel agieren und Entscheidungen vor Ort treffen.
4. Wie sollte die IT-Architektur einer KI-Plattform aufgebaut sein?
Sie sollte mehrstufig sein:
Auf dem Shopfloor findet die dezentrale Datenverarbeitung in Echtzeit statt.
Die mittlere Ebene speichert und analysiert lokal konsolidierte Produktionsdaten.
Die Cloud dient der zentralen Analyse, dem Training von Modellen und der Verbindung mit Geschäftsdaten.
5. Welche Vorteile bietet eine herstellerunabhängige und offene Plattform?
Eine herstellerunabhängige Plattform schützt vor Lock-in-Effekten, bietet Flexibilität bei der Integration neuer Technologien und unterstützt eine schnelle Anpassung an die dynamische Entwicklung von KI-Lösungen – vor allem in Kombination mit Open-Source-Ansätzen.