Um Brände von Lithium-Ionen-Batterien schon im Vorfeld zu vermeiden, gilt es einige Präventionsmaßnahmen zu beachten. Der Versicherer Allianz gibt dazu zahlreiche Tipps.

Um Brände von Lithium-Ionen-Batterien schon im Vorfeld zu vermeiden, gilt es einige Präventionsmaßnahmen zu beachten. Der Versicherer Allianz gibt dazu zahlreiche Tipps. (Bild: Zoe Damaris - stock.adobe.com)

Lithium-Ionen-Batterien sind aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie sind bei Smartphones und Laptops bis hin zu Elektrofahrzeugen sowie in der Luft- und Raumfahrt im Einsatz. In der Energiewirtschaft spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Speicherung von Energie (Battery Engergy Storage System, BESS) aus erneuerbaren Quellen, was zur Stabilisierung von Stromnetzen beiträgt.

Diese Batterien haben die Art und Weise, wie wir Energie speichern und nutzen, revolutioniert. Ihre hohe Energiedichte, die Fähigkeit zur schnellen Aufladung und die lange Lebensdauer machen sie zur bevorzugten Wahl für eine Vielzahl von Anwendungen. Doch mit ihrer weit verbreiteten Nutzung gehen auch erhebliche Risiken einher, die sowohl Hersteller als auch Anwender und Versicherer betreffen.

Als Industrieversicherer ist die Allianz bei der Deckung von Unternehmen mit dem gesamten Lebenszyklus von Lithium-Ionen-Batterien konfrontiert. Ob es sich um die Produktion, den Transport, die Lagerung oder den Betrieb handelt – in jedem dieser Bereiche sind Schadenszenarien möglich. Meistens handelt es sich dabei um Brände ausgelöst durch ein 'Thermal Runaway'. Auch eine kleine Batterie kann in so einem Fall zu einem Millionenschaden führen, gerade wenn der Brand oder die Explosion auf weitere Lithium-Ionen-Batterien überschlägt.

Welche Versicherungen greifen im Schadensfall?

In der Versicherungsbranche gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Risiken im Zusammenhang mit Lithium-Ionen-Batterien abzudecken. Vorab allerdings der Hinweis: Die untenstehende Aufführung der Versicherungstypen ist beispielhaft und Deckungsumfang sowie Möglichkeiten individuell vom Unternehmen abhängig. Denkbar sind:

  • Produkthaftpflichtrisiko: Deckt Ansprüche ab, die aus Schäden resultieren, die durch fehlerhafte Produkte verursacht wurden.
  • Transportversicherung: Abdeckung von Risiken während des Transports, einschließlich Diebstahl, Verlust und Beschädigung.
  • Umweltversicherung: Schutz vor Umweltbelastungen oder Unfälle.
  • Sachversicherung: Versicherung gegen Sachschäden (nicht direkt Teil des Lebenszyklus – betrifft Schäden, die die Batterie verursacht; etwa ausgelöste Feuer).

Warum Lithium-Ionen-Batterien brandgefährlich sind

Das thermische Durchgehen, auch als 'Thermal Runaway' bekannt, ist eines der größten Risiken bei Lithium-Ionen-Batterien. Es tritt auf, wenn die Batterie sich selbst schnell erhitzt und die Temperatur weiter ansteigt, was zu einem unkontrollierten Anstieg der Reaktionsgeschwindigkeit innerhalb der Zellen führt. Dies kann zu Bränden oder Explosionen führen. Thermisches Durchgehen ist besonders gefährlich, da es sich um einen selbstverstärkenden Prozess handelt: Einmal begonnen, kann es schwer zu stoppen sein, da die entstehende Wärme die Reaktionen in der Batterie weiter antreibt.

Zudem enthalten die Batterien Elektrolyte, die sich bei hohen Temperaturen leicht entzünden können. Während des Prozesses können darüber hinaus giftige Gase freigesetzt werden, die eine Gefahr für die Gesundheit darstellen und die Brandbekämpfung erschweren. Brände, die durch thermisches Durchgehen verursacht werden, sind schwer zu löschen und können sich wieder entzünden, wenn nicht alle gespeicherte Energie vollständig entladen wurde.

Thermischen Durchgehen in einem großen Batteriespeicher

Ein Beispiel für die Gefahr des thermischen Durchgehens, ist ein Schadenfall in Australien. Dort brach in einem großen Batteriespeicher ein Feuer aus: Eine einzelne Einheit eines Batterie-Energiespeichersystems (BESS) fing Feuer, welches auf einen benachbarten Container übergriff. Glücklicherweise blieb es bei den beiden betroffenen Einheiten und das Feuer erlosch nach etwa sechs Stunden von selbst. Ursache? Durch ein Leck ging Kühlflüssigkeit verloren, was zu einem thermischen Durchgehen der Batteriezellen führte. In diesem Fall gab es zusätzliche Faktoren, die zum Vorfall führten – etwa die vorübergehende Abkopplung automatischer Schutzsysteme – es verdeutlicht aber das Risiko. Umso wichtiger ist daher ein Batterie-Management-System (BMS) – dazu unten mehr.

Die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien umfasst mehrere Schritte, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Montage der Zellen. Jeder dieser Schritte birgt spezifische Risiken, die sowohl die Qualität der Batterien als auch die Sicherheit der Produktionsstätten betreffen.

Vorbereitet sein auf potenzielle Brandrisiken in der Fertigung

In der Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien ist es von entscheidender Bedeutung, auf potenzielle Brandrisiken vorbereitet zu sein und umfassende Sicherheitsstrategien zu implementieren. Deshalb ist die Installation fortschrittlicher Brandmeldeanlagen, die speziell auf chemische Reaktionsgase und die besonderen Bedingungen in Batterieproduktionsumgebungen ausgelegt sind, unerlässlich. Diese Systeme sollten in der Lage sein, auch unter hohen Umgebungstemperaturen zuverlässig zu arbeiten, um eine frühzeitige Erkennung von Bränden zu gewährleisten.

Darüber hinaus ist es essenziell, die Wirksamkeit der bestehenden Löschmittel zu evaluieren und den Einsatz von speziell für Batteriebrände geeigneten Mitteln zu wählen. Die Implementierung thermischer Barrieren zwischen Batteriemodulen kann ebenfalls dazu beitragen, die Ausbreitung von Bränden zu verhindern.

Ein umfassendes Notfallmanagement ist ebenfalls wichtig. Dazu gehört die regelmäßige Schulung des Personals im Umgang mit Batteriebränden und der Anwendung geeigneter Löschmittel. Klare Kommunikationsprotokolle für die Evakuierung und Alarmierung sollten vorhanden sein, um im Notfall schnell und effektiv reagieren zu können.

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Welche Gefahren bestehen bei Produktion, Lagerung und Transport?

Nach der Produktion müssen die Batterien sicher gelagert werden, bevor sie an ihren Bestimmungsort transportiert werden. Unsachgemäße Lagerbedingungen können die Batterien beschädigen und das Risiko von Bränden oder Explosionen erhöhen. Temperatur- und Feuchtigkeitskontrolle sind entscheidend, um die Integrität der Batterien zu gewährleisten.

Mangelhafte Lagerung hat schon zu erheblichen Schäden geführt. Das ergab sich beispielsweise durch eine unzureichende Sprinkleranlage, die die Regale, in denen die Batterien gelagert wurden, nicht erfasste. Zudem können Sprinkleranlagen einen Thermal Runaway zu langsam erkennen – es kann daher sinnvoll sein, beispielsweise Detektoren für entsprechende Gase oder eine Wärmebildüberwachung zu installieren.

Der Transport von Lithium-Ionen-Batterien ist eine weitere kritische Phase im Lebenszyklus. Unfälle während des Transports können zu mechanischen Beschädigungen führen, die wiederum Brand- oder Explosionsgefahren bergen. So gab es im vergangenen Jahr in den USA Unfälle mit Lastwagen, die Lithium-Ionen-Batterien transportierten. Durch Unfälle kam es in mehreren Fällen zum thermischen Durchgehen – mit den entsprechenden Schwierigkeiten für Einsatzkräfte, die diese Feuer unter Kontrolle bringen mussten.

Und auch die Schifffahrt sieht sich durch den Transport von hochentzündlichen Lithium-Ionen-Batterien mit zunehmenden Sicherheitsherausforderungen konfrontiert, wie mehrere Brände auf Schiffen belegen. Da Brände von Batterien – insbesondere auf hoher See – schwer zu löschen sind, sind umfassende Brandschutzmaßnahmen unerlässlich, unabhängig davon, ob die Batterien in Elektrofahrzeugen eingebaut oder als separate Fracht transportiert werden. Spezielle Verpackungen und Kennzeichnungen und vor allem die Einhaltung relevanter nationaler und internationaler Vorschriften sind erforderlich, um die Sicherheit während des Transports zu gewährleisten.

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Welche Präventionsmaßnahmen gegen Batteriebrände helfen

Um Sicherheit im Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien zu gewährleisten, ist ein umfassendes Verständnis dieser Risiken entscheidend. Vor allem aber sind Präventionsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung, um Brände zu verhindern oder die Risiken zu mindern. Aus Sicht des Versicherers ist Schadenverhütung durch Vorbeugung essenziell. Dazu sind folgende Präventionsmaßnahmen zur Brandverhütung wesentlich – manche sind offensichtlich, naheliegend und leicht umzusetzen, andere erfordern mehr Aufwand:

  • Brandschutz: Nicht nur, aber insbesondere in Bereichen mit einer erhöhten Brandlast durch Lithium-Ionen-Batterien, wie etwa Lager oder Produktionsanlagen, sollte ein entsprechender Brandschutz gemäß den einschlägigen Richtlinien vorhanden sein. Die Prävention sollte bereits in der Planungsphase solcher Bereiche beginnen. Dazu gehören die Auswahl geeigneter Baumaterialien und die Installation von Brandschutzsystemen. Eine Sprinkleranlage kann beispielsweise helfen, die Umgebungstemperatur zu senken und ein Übergreifen des Feuers auf andere Bereiche zu verhindern. Allerdings löscht sie den Brand nicht vollständig, da Lithium-Ionen-Brände durch den 'Thermal Runaway' genährt werden. Daher sollten für die Planung des Brandschutzes Fachleute hinzugezogen werden, um maßgeschneiderte Lösungen für die spezifischen Risiken eines Standorts zu entwickeln.
  • Sicherer Umgang: Die Schulung des Personals ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten die Risiken verstehen und wissen, wie sie diese minimieren können. Regelmäßige Trainings und Sicherheitsbriefings sind unerlässlich. Die Einhaltung internationaler Sicherheitsstandards und die Zertifizierung von Produktions- und Lagerprozessen sind wichtige Schritte zur Risikominimierung. Ferner ist die strikte Beachtung der Bedienungsanleitungen und Sicherheitsrichtlinien der Hersteller, wie auch die Nutzung von Originalzubehör wichtig.
  • Sichere Lagerung und sicherer Transport: Die Einhaltung von Sicherheitsprotokollen für die Lagerung und den Transport kann das Risiko von Bränden und Explosionen erheblich reduzieren. Dazu gehört die Kontrolle von Temperatur und Feuchtigkeit sowie die Verwendung geeigneter Verpackungen und Kennzeichnungen. Nicht zu vernachlässigen ist das Risiko des Transports falsch deklarierter Gefahrengüter: Es gab bereits Fälle, bei denen Batterietransporte auf Schiffen aus Kostengründen verschleiert wurden und es zu schweren Zwischenfällen kam.
  • Mechanische Beschädigungen vermeiden und melden: Mechanische Beschädigungen sind eine häufige Ursache für Batterieausfälle. Es ist wichtig, solche Schäden zu vermeiden und sofort zu melden, wenn sie auftreten – das gilt etwa bei den bereits erwähnten Transporten per LKW. Ein Beispiel: Eine nicht angezeigte oder nicht bemerkte mechanische Beschädigung von Batterien beim Verladen durch einen Gabelstapler oder durch Sturz einer Palette kann während der Fahrt zu einem Brand führen.
  • Regelmäßig Wartung und ständige Überwachung (BMS): Ein effektives Batterie-Management-System (BMS) überwacht die Batterieleistung in Echtzeit und kann frühzeitig Warnungen ausgeben, um Risiken zu minimieren. Außerdem dürfen regelmäßige Wartungen und Inspektionen nicht fehlen. Sie können dazu beitragen, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben, bevor sie zu größeren Risiken führen.

Aus Versicherersicht sind diese Präventionsmaßnahmen entscheidend, um einen entsprechenden Risikotransfer zu ermöglichen. Natürlich variieren die Anforderungen der Allianz und sind abhängig von der Art der benötigten Versicherung und den Umständen beim Versicherungsnehmer selbst.

Fazit

Der Lebenszyklus einer Lithium-Ionen-Batterie ist komplex und mit verschiedenen Risiken verbunden. Ein Verständnis dieser Risiken und die Implementierung geeigneter Präventionsmaßnahmen helfen Unternehmen und Anwendern diese Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Die Förderung von Sicherheitsstandards und die Entwicklung neuer Technologien sind entscheidend, um die Vorteile von Lithium-Ionen-Batterien sicher zu nutzen. Dafür stehen die Versicherer den Kunden beratend zur Seite. Dabei ist jedes Risiko individuell zu beurteilen und der aktuelle Stand der Technik anzuwenden. Es ist wichtig, sich über die spezifischen gesetzlichen Anforderungen zu informieren und gegebenenfalls mit einem Brandschutzexperten zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass alle relevanten Sicherheitsstandards eingehalten werden. Schlussendlich ist die Schadenregulierung dann die letzte Ausfahrt – denn in diesem Fall ist es bereits zu spät und der Schaden angerichtet. Gemeinsam daran zu arbeiten, Vorfälle zu vermeiden, hat daher Priorität.

Der Autor Ahmet Batmaz ist Regional Head of Risk Consulting Germany & Switzerland bei Allianz Commercial.

überarbeitet von: Dietmar Poll

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