Lean Management

Wer Lean mit agilen Methoden wie Scrum verbindet, der gibt den Mitarbeiterteams wieder mehr Freiheit. - (Bild: Tittenberger/Wikipedia/CC-BY-3.0)

Worum handelt es sich bei Lean Production?

Bei Lean Production geht es darum, in der Produktion sparsamer mit Kosten und Zeit umzugehen. So sollen zum Beispiel eine Verschwendung durch Überproduktion, lange Durchlaufzeiten oder fehlerhafte Produkte vermieden werden. Als Bestandteil des Lean Managements bezieht sich Lean Production auf sämtliche Produktionsfaktoren wie Betriebsmittel, Personal, Werkstoffe, Planung und Organisation.

Lean Management verknüpft viele Instrumente. Tragende Säulen sind dabei Just-in-Time (bedarfssynchrone Produktion) und Jidoka (selbstständige Abschaltung einer Anlage bei Produktionsproblemen). Dafür müssen die Produktion und die Prozesse nivelliert, standardisiert und visualisiert werden.

Wichtigste Eigenschaften des Lean sind die kontinuierliche Verbesserung (Kaizen) der Prozesse und die Konzentration auf Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter. Veranschaulicht wird dies im Toyota Production System-Haus.

Scrum: Ablauf im Mittelpunkt

Agile Methoden wie Scrum haben ihren Ursprung in der Softwareentwicklung. Entwickler wollten nicht mehr, wie durch eine NATO-Konferenz in den 80er Jahren geprägt, ‚ingenieurmäßig‘ Software programmieren, sondern ‚leichtgewichtig‘ vorgehen und verabschiedeten 2001 ‚Das Agile Manifest‘. Bei Scrum stehen die Organisation und der Ablauf des Projekts im Mittelpunkt und nicht die Technik.

Dabei wird das Projekt in Einzelschritte, die so genannten Sprints, gegliedert, die jeweils gleich lang sind. Die zu erzielenden Ergebnisse sind so aufgeteilt, dass sie sicher innerhalb eines Sprints zu erreichen sind. Kennzeichen der Methode sind eine Reflexion durch das bereichsübergreifende Team, eine gemeinsame Entscheidungsfindung sowie Feedback. Täglich werden fünfzehnminütige ‚Daily Scrum‘-Meetings durchgeführt, die vom Scrum-Master moderiert werden.

Das Toyota Production System-Haus
Toyota Production System-Haus
Die Prinzipien des Lean
Managements sind in dem
Modell des Toyota Production
System-Hauses dargestellt. - (Bild: Produktion/Six Sigma Consulting)

Nach Ansicht des Geschäftsführers von Borisgloger Consulting, Boris Gloger, sind Scrum und Lean zwei Seiten derselben Medaille. Lean Management geht  historisch aus dem Toyota Production System hervor. „Es drehte sich ursprünglich darum, zunächst die Varianz auszuschalten und dann zu schauen, wie man jede Form der Verschwendung vermeidet“, sagte Gloger gegenüber ‚Produktion‘.

Als dann immer  deutlicher geworden sei, wie wichtig es ist, eine Minimal- und Maximal-Menge von Aufgaben innerhalb einer bestimmten Zeit (Work in Progress Limits) einzuhalten und Warteschlangenlängen im Unternehmen zu reduzieren, sei Scrum aus dem Wissensmanagement erschienen.

Lean Management heißt mit Varianz leben

Die Methode versucht, Varianz nicht auszuschalten, sondern damit zu leben, dass es ständig unvorhersehbare Änderungen gibt. Dabei ersetze Scrum viele Regeln aus dem Lean durch Werte. „So geht es nicht um Work in Progess Limits, sondern den Fokus, nicht um Controlling, sondern um Offenheit, nicht um Prozesskonformität, sondern den Mut, immer das Richtige zu tun“, meinte der Consultant.

Scrum und  Lean Management seien keine Gegensätze. „Im Gegenteil: Scrum hebt das Lean aus dem Prozessdenken und macht es wieder menschlich“, ist sich Gloger sicher. „Der Mensch wird als integraler Bestandteil und nicht als auschtauschbares Element gesehen.“

So funktioniert Scrum
Scrum
Wie die Arbeit mit der Lean-
Development-Technik Scrum
organisiert wird, zeigt nebenstehende Grafik. - (Bild: Agamus Consult)

Mitarbeiter im Einsatz

Es laufe darauf hinaus, Menschen in der schlanken Produktion besser zusammenzuarbeiten zu lassen: disziplinüberreifend, silo-aufbrechend und dabei die Kommunikationswege zwischen den einzelnen Mitgliedern eines Projektes, einer Abteilung oder Organisation verkürzend. Gloger rät Leitern von Produktionsbetrieben, zunächst gemeinsam mit den Mitarbeitern ein gut funktionierendes Lean einzuführen und so zu lernen, wie dieses funktioniert.

„Wer das im Geiste der Menschen macht, um die es geht, und wer dann noch überlegt, wie er die dabei entstehenden Teams autonomer arbeiten lassen kann, der verändert die Sicht auf das Lean Management“, erläutert der Berater. Wer im Unternehmen sehr häufig mit Varianzen in der Produktion konfrontiert sei, der komme nicht umhin, ein wenig Redundanz in den Produktionsprozess einzubauen und sich somit zu den Ideen des agilen Managements wie Scrum zu bewegen.

Vergleich von Lean und Agile

  Lean Agile
Optimierung Wertschöpfung für
Kunden
Befriedigung der
Kundenwünsche
Einzel-/
Teamarbeit
Arbeitsgruppen Teamarbeit (Entwickler und Fachexperten)
Standardrng./
Flexibilität
Standardisierung und Reduktion von Veränderungen zur Vereinfachung von Prozessen Flexible Vorgehensweise zur schnellen und kostengünstigen Umsetzung von Änderungen
Verantwortung Eigenverantwortliche
Mitarbeiter und Teams
Selbstorganisierte Teams
Rückkopplung Stetiges Feedback dient der Verbesserung und Offenlegung von Defiziten Dauerhaftes Feedback zur Reduktion von Problemen
Verbesserung Ständige Verbesserung: Ein endgültiger Zustand wird nie erreicht Kontinuierlicher Fokus auf Exzellenz und ein
geeignetes Design
Dauer der Bearbeitungs-
intervalle
Kurze, planbare Intervalle Kurze Zyklen sind zu
bevorzugen
Komplexität Reduktion auf die
wesentlichen werthaltigen Prozesse
Reduktion der Komplexität in der Erbringung durch Entwicklung in kleinen
Einheiten
Nachhaltigkeit Gleichmäßige Verteilung der Produktionsauslastung Beständiges Arbeitstempo halten, ohne zu
überfordern

Den Vergleich von Lean und agilen Methoden haben Ayelt Komus und Waldemar Kamlowski von der Hochschule Koblenz erarbeitet. - Bild: Produktion/Hochschule Koblenz

Beginnen, wenn es erforderlich ist

Positive Erfahrungen mit der Integration beider Methoden hat Schmitz Cargobull gemacht. „Wir betreiben sehr intensiv Lean Management, nicht nur in der Fertigung, sondern auch in den Verwaltungsbereichen“, sagte Geschäftsbereichsleiter Michael Timmermann. Scrum sei sehr ähnlich: Auch dort werde erst mit der Arbeit begonnen, wenn es erforderlich ist.

 

„Ein Nutzen von Scrum aus Mitarbeitersicht ist, dass es wesentlich mehr Respekt und viel weniger Stress gibt, weil die Mitarbeiter die Arbeitsverteilung im Team organisieren“, so Timmermann. Bei den Teams, die es wirklich gut machten, würden sich die Mitarbeiter die Arbeit aus dem Speicher der Arbeiten, die zu erledigen sind, nehmen.

Scrum für Projekte

Auch der Automatisierungsspezialist Balluff, der verstärkt mit Lean-Methoden arbeitet, nutzt Scrum bei Prozess-, IT- und Organisationsprojekten im Unternehmen. „Für Projekte mit hohem Innovationsgrad und sehr dynamischem Umfeld bietet sich die Methode besonders an“, sagte  Ingo Hettig, Leiter Corporate Processes and Organisation, gegenüber ‚Produktion‘.

Denn Sprints in Scrum hätten den Vorteil, dass man sich in kurzen Zyklen abstimmen und schnell umsetzen kann. „Das Team wird im Sinne von ‚fail fast‘ in einem beherrschbaren Kontext ermutigt, Dinge auszuprobieren, um so der Dynamik oder dem Neuheitsgrad gerecht zu werden“, erläuterte Hettig. Dabei seien Fehler ausdrücklich erlaubt. Daraus lernten die Projektteams für die nächsten Arbeitsschritte sehr viel.

Nach Ansicht von Ayelt Komus und Waldemar Kamlowsky von der Hochschule Koblenz bietet es sich an, Scrum-Elemente wie Time Boxing, Scrum Master, Product Owner und systematisches Backlog Management im Lean Mana­gement zu nutzen, damit beide Methoden voneinander profitieren.

Video: Lean einfach erklärt:

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