Künstliche Intelligenz kann zur Stabilität von Lieferketten beitragen, indem es Krisen frühzeitig erkennt und Lösungen anbietet, dass es erst gar nicht zu unterbrochenen Lieferketten kommt.

Künstliche Intelligenz kann zur Stabilität von Lieferketten beitragen, indem es Krisen frühzeitig erkennt und Lösungen anbietet, dass es erst gar nicht zu unterbrochenen Lieferketten kommt. (Bild: Destina - stock.adobe.com)

Unternehmen stehen immer häufiger vor der Herausforderung, auf kurzfristige Veränderung in Lieferketten zu reagieren. Handels- und Warenströme sind digital und global. Insbesondere IT-Verantwortliche im Mittelstand sind zunehmend auf Echtzeit-Analysen, Big Data und ergänzende Handlungsempfehlungen angewiesen. Während sich die weltweite Coronavirus-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine einigermaßen angekündigt hatte, steckte das Containerschiff Ever Given sehr kurzfristig im Suezkanal fest – und unterbrach gleich mehrere Lieferketten in Deutschland und Europa.

Wichtige Vorprodukte für deutsche Industrie

Im Jahr 2022 fehlt es der deutschen Industrie an wichtigen Vorprodukten, zudem kommt es zu Materialengpässen. Die Ergebnisse einer Umfrage des ifo-Instituts zeigen, dass im Juli 2022 rund 73 Prozent der Unternehmen angaben, unter Engpässen bei den Vorprodukten zu leiden. Steigende Nachfragen und zu geringe Produktionskapazitäten sind nur einige der Gründe für die Materialknappheit. Mehr als die Hälfte der Unternehmen gibt zudem Probleme beim Transport und Produktionsausfälle bei Zulieferern als Auslöser an. Außerdem sorgte der Mangel an Containern sowie an Frachtkapazitäten bei Schiffen gerade in der Hochphase der Corona-Pandemie bei vielen Unternehmen für Probleme beim Transport von Gütern.

Auswirkungen von Krisensituationen prognostizieren

Der Kollaps der Digitalen Supply Chains hat inzwischen globale Ausmaße erreicht und kann nationale Industrien schwer treffen. Hinter einer finalen Lieferkette verbergen sich zahlreiche weitere Lieferketten. Wenn nur eine dieser Ketten kollabiert, kommt der Gesamtprozess ins Stocken. Die daraus resultierende Sensibilität erstreckt sich von der Rohstoffförderung bis zur Materialbeschaffung und schließt dabei alle logistischen Unwägbarkeiten ein. Im KI-Projekt PAIRS (Privacy-Aware, Intelligent and Resilient CrisiS Management) wird eine serviceorientierte, offene Dateninfrastruktur entwickelt, mit der die Entstehung und die Auswirkungen von Krisensituationen prognostiziert werden können. Damit soll die Resilienz des Standorts Deutschland gesteigert werden.

Plattformarchitektur mit drei Ebenen

Die Plattformarchitektur von Pairs sieht drei Ebenen vor. Die erste Ebene ermöglicht die technische und semantische Integration externer Datenquellen (zum Beispiel Gaia-X oder Cloud-Datenspeicher) über sichere Schnittstellen. Die lernende KI steht im Zentrum der zweiten Schicht. Vorgesehen sind dabei drei Kernfunktionen: die Identifizierung und Antizipierung von Krisenszenarien, die Bewertung der Auswirkung der identifizierten Szenarien auf den jeweiligen Akteur sowie eine daraus abgeleitete Aktions- und Entscheidungsunterstützung.

Die Maßnahmen, die die Akteure tatsächlich einleiten, sollen als anonymisierte Information in die Pairs-Plattform zurückfließen, damit die KI iterativ dazulernen kann. Für die Umsetzung verfolgt Pairs einen Hybrid-KI-Ansatz, der wissensbasierte und datengetriebene KI vereint. Die dritte Ebene der Plattformarchitektur dient der Bereitstellung der Dienste für die Kunden über einen Marktplatz. Neben dem Marktplatz selbst sollen intuitive und individualisierbare Nutzerschnittstellen entwickelt werden.

Die Anwendungsmöglichkeiten der Pairs-Plattformen sollen in den Bereichen Supply-Chain-Management, Gesundheitswesen und Energieversorgung untersucht werden.

  • In einer Krisensituation müssen mögliche Engpässe in Hinblick auf spezifische Produkte identifiziert werden, bevor sie eintreten. Als Reaktion auf eine erhöhte Nachfrage nach einem Produkt (zum Beispiel Desinfektionsmittel) sollten vorausschauende Maßnahmen eingeleitet und im Anschluss überwacht werden (zum Beispiel Aufstockung des Lagerbestands, Einrichtung von zusätzlichen Übergangslagern).

  • Die Auswirkung von Epidemien auf klinische Einrichtungen kann enorm sein (zum Beispiel Unterversorgung von Patienten, Überlastung des Personals). In Pairs sollen basierend auf Daten aus Krankenhausinformationssystemen Dienste entstehen, die frühzeitig und räumlich-differenziert vor Epidemien warnen und eine vorausschauende Bedarfsplanung ermöglichen.

  • Die Energieversorgung zählt zu den kritischen Infrastrukturen. Ein Ausfall oder eine Störung wirkt sich unter Umständen extrem auf andere Infrastrukturen aus. Pairs strebt die Entwicklung von Diensten an, die Krisenszenarien mit Ursprung im Energiesektor vorhersagen sowie die Auswirkung von Szenarien anderen Ursprungs auf den Energiesektor prognostizieren.

Lassen Sie sich von KI-Anwendungsbeispielen inspirieren!

Theorie ist gut, Praxis ist besser. Die Redaktion sucht immer wieder nach interessanten Anwendungsbeispielen und stellt sie Ihnen vor. Finden Sie Ihre KI-Idee:

Alle Artikel zu künstlicher Intelligenz und Implementierungsmöglichkeiten in der Industrie finden Sie in unserem zugehörigen Fokusthema.

PAIRS ist eines von 26 KI-Projekten aus dem KI-Innovationswettbewerb, dem Technologieprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Zum Konsortium gehören die Partner ADVANEO, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung, Fraunhofer IPA FIR an der RWTH Aachen, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI), Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), Bisping Medizintechnik, Universität des Saarlandes, Sick AG, Tiplu GmbH, OFFIS e.V. und IBM Deutschland.

Neben einem Fokus auf Krisenmanagement und -prävention forschen die 26 KI-Projekte u.a. in den Bereichen Health Care, Produktion, Bauwesen, Handel, Smart Living und Quantencomputing sowie Bauwirtschaft/BIM, Finanzdienstleistungen/Datensouveränität und Umwelt/Landwirtschaft. Mit dem Innovationswettbewerb „Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftlich relevante Ökosysteme“ leistet das BMWK einen zentralen Beitrag zur schnellen Umsetzung der KI-Strategie der Bundesregierung. Ziel ist es, die Anwendung Künstlicher Intelligenz in allen volkswirtschaftlich relevanten Wirtschafsbereichen voranzutreiben und sich dabei besonders an den Erfordernissen und Möglichkeiten der zahlreichen mittelständischen Unternehmen in Deutschland zu orientieren.

Bei Künstlicher Intelligenz den Durchblick behalten!

Das ist nicht immer einfach, doch wir wollen es Ihnen leichter machen! Daher haben wir für Sie einen praktischen Überblick zu den wichtigsten Fragen erstellt: "Künstliche Intelligenz - verständlich erklärt". Damit können Sie Ihr KI-Wissen auffrischen.

Anwendungsbeispiele, Einordnungen und vieles mehr finden Sie in unserem Fokusthema KI.

Sie möchten gerne weiterlesen?