Industrie in China bleibt unter Druck
Chinas Industrie-PMI erneut unter 50 Punkten
Chinas Industrie kommt nicht aus der Schwächephase: Der offizielle PMI bleibt unter der Wachstumsschwelle. Doch eine alternative Erhebung zeigt ein ganz anderes Bild.
Die schlechte Stimmung in Chinas Industrie hält den sechsten Monat in Folge an.
(Bild: Maina - stock.adobe.com)
Wie entwickeln sich die PMI-Werte in China?
Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für das produzierende Gewerbe in China bleibt auch im September unter der kritischen Marke von 50 Punkten. Mit einem Wert von 49,8 meldete das staatliche Statistikamt einen minimalen Anstieg um 0,4 Punkte im Vergleich zum Vormonat – doch der Befund bleibt eindeutig: Der Index signalisiert weiterhin eine Schrumpfung der industriellen Aktivität.
Dieser Negativtrend hält nun bereits seit sechs Monaten an – ein deutliches Warnsignal für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Doch der offizielle PMI ist nicht das einzige Maß zur Beurteilung der wirtschaftlichen Stimmung. Die Privatfirma RatingDog kommt in ihrer parallelen Umfrage zu einem völlig anderen Ergebnis: Ein PMI-Wert von 51,2 signalisiert dort sogar ein moderates Wachstum.
Warum gibt es zwei unterschiedliche Stimmungsbilder?
Die Differenz zwischen den beiden PMI-Erhebungen lässt sich durch unterschiedliche Schwerpunkte und Erhebungsmethoden erklären. Während der staatliche Index laut Experten vor allem größere und staatsnahe Betriebe abbildet, fokussiert sich der RatingDog-PMI stärker auf kleinere, exportorientierte Unternehmen.
Diese methodischen Unterschiede erklären die scheinbar widersprüchlichen Stimmungsbilder: Während sich bei den Großunternehmen laut offizieller Statistik eine leicht verbesserte Stimmung zeigt, melden kleine und mittlere Betriebe überwiegend negative Perspektiven. Die Umfrage von RatingDog hingegen reflektiert einen Anstieg der Auftragseingänge, was in dieser Teilgruppe der Industrie zu einem positiveren Ausblick führt.
Welche Faktoren belasten Chinas Industrie?
Zentraler Belastungsfaktor bleibt die anhaltende Immobilienkrise, die weiterhin als dominierender wirtschaftlicher Bremsklotz wirkt. Bauprojekte stagnieren, Investitionen in neue Infrastrukturprojekte bleiben aus – und damit fehlt ein entscheidender Wachstumsimpuls für angrenzende Industriezweige wie Stahl, Zement oder Maschinenbau.
Hinzu kommt eine deutlich schwächere Inlandsnachfrage, die nicht ausreicht, um das Produktionsvolumen der Industrie aufzunehmen. In vielen Bereichen, insbesondere in der Automobilindustrie, entsteht daraus ein regelrechter Preiskrieg. Unternehmen versuchen, sich mit Niedrigpreisen Marktanteile zu sichern – auf Kosten der Marge und der Profitabilität.
Wie wirkt sich der Handelskonflikt mit den USA aus?
Ein weiterer zentraler Unsicherheitsfaktor für Chinas Industrie ist der seit Jahren schwelende Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten. Durch Zölle, regulatorische Hürden und geopolitische Spannungen wurden viele chinesische Unternehmen gezwungen, ihre Exportstrategie zu überdenken.
Statt auf den US-Markt konzentrieren sich viele Hersteller nun auf alternative Absatzmärkte in Südostasien, Lateinamerika oder Afrika. Diese Umstellung erfordert jedoch Zeit, neue Logistikketten und angepasste Produktportfolios. Kurzfristig bedeutet das zusätzliche Belastung, mittelfristig könnte es aber auch neue Chancen eröffnen – sofern die chinesische Industrie genügend Innovationskraft mobilisieren kann.
Was plant die Kommunistische Partei zur Stabilisierung?
Angesichts der schwachen Konjunkturaussichten hat die Kommunistische Partei bereits erste Maßnahmen eingeleitet. Für das laufende Jahr wird weiterhin ein offizielles Wachstumsziel von rund fünf Prozent ausgegeben. Ob dieses Ziel angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen erreicht werden kann, bleibt jedoch fraglich.
Mit Spannung blickt die Wirtschaftsöffentlichkeit auf das Vierte Plenum der KP, das am 20. Oktober stattfinden soll. Dort soll unter anderem der neue Fünfjahresplan verabschiedet werden – und damit auch zentrale Weichenstellungen für die industrielle und wirtschaftliche Zukunft Chinas. Experten erwarten eine stärkere Betonung von staatlicher Unterstützung, Investitionsanreizen und gezielten Konjunkturprogrammen.
Industriestimmung mit doppeltem Boden
Der Gegensatz zwischen den beiden PMI-Werten zeigt eindrücklich, wie fragmentiert Chinas Industrie derzeit agiert. Während sich große, staatsnahe Unternehmen offenbar stabilisieren oder sogar wachsen, kämpfen kleinere und mittelständische Betriebe mit einer Vielzahl struktureller und konjunktureller Probleme.
Das dämpft nicht nur die allgemeine Wirtschaftsleistung, sondern birgt auch soziale und politische Risiken: Gerade die exportorientierten KMU sind für Beschäftigung, Innovation und Technologietransfer entscheidend. Eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung kann daher nur gelingen, wenn auch diese Unternehmen wieder auf Wachstumskurs zurückkehren.
Mit Material der dpa
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Lage der Industrie in China
Was bedeutet ein PMI unter 50 Punkten?
Ein Wert unter 50 Punkten signalisiert eine Schrumpfung der industriellen Aktivität. Erst ab 50 beginnt laut Definition eine wirtschaftliche Expansion.
Warum zeigen staatlicher und privater PMI unterschiedliche Werte?
Der staatliche PMI erfasst überwiegend große, staatsnahe Unternehmen. Der private PMI von RatingDog bezieht sich eher auf kleine, exportorientierte Betriebe.
Welche Branchen sind in China besonders betroffen?
Besonders unter Druck stehen Bauindustrie, Maschinenbau, Stahl und Automobilsektor – viele davon betroffen durch Überkapazitäten und Preiskämpfe.
Welche Rolle spielt der Handelskonflikt mit den USA?
Der Konflikt zwingt chinesische Unternehmen zu einer Neuausrichtung ihrer Exportstrategie – das führt kurzfristig zu Unsicherheiten und Umsatzeinbrüchen.
Was wird vom Plenum der KP erwartet?
Beim Vierten Plenum der Kommunistischen Partei sollen Maßnahmen zur Stabilisierung und der neue Fünfjahresplan vorgestellt werden – mit Blick auf Wachstum und Innovation.