Ausländische Firmen kämpfen in China mit Problemen. Ist das Land noch ein guter Standort?

Ausländische Firmen kämpfen in China mit Problemen. Ist das Land noch ein guter Standort? (Bild: Sergey Ryzhov - stock.adobe.com)

Laut einem Bericht wird der chinesische Markt für europäische Unternehmen zunehmend unattraktiv, da die erforderlichen Reformen nicht umgesetzt werden und sich die Rahmenbedingungen verschlechtern. „Wir beobachten, dass Chinas Attraktivität im Vergleich zu anderen Standorten etwas abnimmt“, erklärte der Präsident der EU-Handelskammer in China, Jens Eskelund, in Peking. Wie aus dem jährlichen Positionspapier der Kammer hervorgeht, überwiegen bei einigen Firmen bereits die Risiken einer Investition in China die Erträge. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, sofern die Hauptbedenken der Unternehmen nicht adressiert werden. „Konkretes Handeln ist deshalb nötig, um das Blatt noch zu wenden“, forderte die Interessenvertretung mit mehr als 1.700 Mitgliedern.

Die Liste der Bedenken ist lang und drückte das Vertrauen der Firmen in China auf ein Allzeittief. Die Wirtschaft kommt nicht in Gang, der Marktzugang bleibt erschwert und der Konsum im Inland ist schwach. Zudem sorgen undurchsichtige Gesetze im Namen der nationalen Sicherheit, die von der regierenden Kommunistischen Partei erlassen werden, für Verunsicherung unter den Firmen. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen höhere Ausgaben für Rechtsberatung tätigen müssen.

„Als hätte Chinas Wirtschaft Covid“

„Die Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit und Effizienz, die den chinesischen Markt für ausländische Unternehmen so attraktiv gemacht haben, nehmen weiter ab, und das Geschäftsumfeld ist noch politisierter“, hieß es in dem Papier. Dazu komme nun laut Eskelund, dass sich die wirtschaftliche Lage in China verschlechtere. „Es fühlt sich ein wenig so an, als hätte die chinesische Wirtschaft Long Covid“, sagte er. Nach der Corona-Pandemie habe sie es bislang nicht geschafft, wieder vollständig auf die Beine zu kommen.

Die Aussichten sind entsprechend: Laut Eskelund wird es zunehmend schwieriger, in China Gewinne zu erzielen. Die Margen außerhalb der Volksrepublik fielen teilweise besser aus, was sich in Zukunft verstärken könnte. Viele Unternehmen stehen an einem „Wendepunkt“. Sie müssen entscheiden, ob sie mehr in ihr China-Geschäft investieren oder einen anderen, langfristig profitableren Standort suchen. Eskelund schätzt, dass etwa ein Drittel bis die Hälfte der EU-Firmen mit Blick auf weitere Investitionen zunächst abwartet, wie sich die Wirtschaft entwickelt, und gegebenenfalls ihre Strategie für China überdenkt. Eskelund betonte, dass Peking dieser Gruppe beweisen müsse, dass China weiterhin ein attraktiver Standort ist.

Bislang kein Rückzug der Unternehmen aus China erkennbar

Trotz der Probleme sieht die Handelskammer nicht, dass ihre Mitglieder den Rückzug antreten wollen. Für die Auto- oder Chemie-Branche ist die Volksrepublik laut Eskelund zu wichtig. Fast ein Drittel der weltweiten Container-Exporte komme aus China. „Wenn man nicht in China ist und hier weiter investiert, ist man dann einfach keine globale Firma mehr“, sagte er. Laut der Kammer prüft rund ein Viertel der Mitglieder aber als Lehre aus der Corona-Pandemie und wegen geopolitischer Spannungen die Abhängigkeit von China in der Lieferkette. Die Lösung könnte sein, die Produktion teils nach Indien oder Vietnam zu verlagern.

Auch in der deutschen Industrie rückten zunehmend Kosten und Risiken des Engagements in China in den Mittelpunkt, erklärte die Repräsentantin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in China, Elisa Hörhager. Es gebe immer noch „Chancen, Potenziale und Dynamik“ auf dem chinesischen Markt. „Aber insgesamt trübt sich die Perspektive für ausländische Unternehmen weiter ein“, sagte sie.

Viele bleiben skeptisch. Eine im Mai veröffentlichte Umfrage der EU-Handelskammer ergab, dass mit 44 Prozent von 512 befragten Mitgliedern so viele Firmen wie noch nie ihre Geschäftsaussichten pessimistisch sahen. Dieser Trend könnte sich ohne Gegensteuern von Peking fortsetzen, schätzt Eskelund. Besonders skeptisch waren Firmen in der Autoindustrie sowie in den Branchen Finanzdienstleistungen und Medizinprodukte. Etwas hoffnungsvoller zeigten sich Kosmetik- und Pharmaunternehmen.

Wachsende Spannungen mit der EU möglich

Enttäuscht waren zudem einige Beobachter über die Ergebnisse eines seltenen Treffens von Top-Kadern der Kommunistischen Partei, die in Peking über Chinas langfristige Wirtschaftspolitik beraten hatten. Jenes Dritte Plenum habe weiter Investitionen in das verarbeitende Gewerbe als wichtigen Treiber für Chinas wirtschaftliche Entwicklung befürwortet, schrieb die EU-Kammer. Damit wolle Peking die Produktionskapazität bei Technologien hochfahren, in denen bereits mehr hergestellt als nachgefragt werde, was wiederum zu Spannungen mit wichtigen Handelspartnern geführt habe.

Ein Beispiel sind Solarzellen, die in China keine Abnehmer fanden und deshalb billig auf Märkten in der EU und den USA landeten. China beteuere zwar, auf nationaler Ebene ein Nachfrage-System zu entwickeln, allerdings bemängelte die EU-Kammer, dass die Partei nicht konkret festgelegt habe, wie der Konsum dafür angeregt werden solle. Das Versagen, bedeutsame Wirtschaftsreformen durchzuführen, dürfte zu wachsenden Spannungen zwischen der EU und China führen, hieß es in dem Positionspapier.

dpa

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Container mit chinesischer Flagge darauf
(Bild: Destina - stock.adobe.com)

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