Hans Beckhoff trägt ein weißes Hemd und ein Sakko und lächelt freundlich.

Ein Mann mit einer klaren Meinung: Hans Beckhoff. (Bild: Beckhoff)

Wie Beckhoff Machine Learning nutzt

„Es gibt verschiedene Bereiche in der KI. Die aktuell spannendste Ausprägung ist zweifellos das ‚Machine Learning‘ (ML), das wiederum selbst über verschiedene Richtungen von einfacher Mustererkennung bis hin zu ‚Reinforcement Learning‘-Algorithmen verfügt. ML ist für automatisierungstechnische Aufgabenstellungen sehr gut einsetzbar. So können beispielsweise Daten aus Sensoren gut in ein neuronales Netz eingespeist werden, um nachfolgend Muster zu erkennen.

Ein Beispiel ist unsere magnetische XPlanar Schwebe- und Transporttechnologie: Über eine ganze Anordnung von Magnetfeldsensoren wollen wir bestimmen, wo sich das Gerät im dreidimensionalen Raum befindet. Mithilfe herkömmlicher Algorithmen ist das sehr schwer, wenn überhaupt, in den Griff zu bekommen. Aber durch das Trainieren eines neuronalen Netzwerkes konnten wir das Problem lösen. Unser XPlanar würde ohne neuronale Netze und ohne Machine Learning nicht funktionieren. Wir meinen: Machine Learning ist eine neue, wichtige Basistechnologie für viele Anwendungsbereiche, zum Beispiel technische, wissenschaftliche, aber auch kaufmännische Bereiche, natürlich insbesondere auch für die Automatisierung.“

Wie Biotechnologien künftig Produktionsverfahren prägen

„Werfen wir einen Blick auf die Herstellung von Chips: Die Fabriken mit der dafür notwendigen Reinraumtechnik kosten Milliarden. Im Vergleich dazu baut sich die Natur in kleinsten ‚unsauberen‘ Pfützen innerhalb von wenigen Tagen kleine Fliegen zusammen. Diese Fliegen haben eine eigene Energieversorgung an Bord, ein Bilderkennungssystem, ein Antriebssystem und auch ein gutes Stück Intelligenz – Features, die kein Halbleiterchip in dieser Kombination zur Verfügung stellt. Wenn ich die Chipfabrik mit der Pfütze vergleiche, dann wird klar, dass ein sich selbst organisierendes Produktionsprinzip Vorteile gegenüber der mechanistischen Produktion hat.

Jetzt das ‚Aber‘: Wenn wir mögliche hybride Konzepte betrachten, also die Kombination aus Nervenzellen auf einem Chip, halte ich das aus wissenschaftlichen Gründen zwar für spannend, aber ohne praktische Auswirkung. Ich denke, an dieser Stelle ist eine mathematische Modellbildung besser und schneller. Trotzdem möchte ich festhalten, dass Biotechnologien als Produktionsverfahren, um Rohstoffe oder Nahrungsmittel zu erzeugen, die Zukunft sind. Entsprechende Verfahren werden die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts prägen: Wir läuten dann das biologische Zeitalter ein und werden zurückblicken auf das elektronische und auf das mechanische.“

Wie man Lieferketten resilient macht

„Der anhaltende globale industrielle Boom, aber auch die Corona-Virus-Pandemie und die damit zu erwartenden Folgen, führen zu einer wirklichen Knappheit an allen möglichen Produkten, speziell auch an Rohmaterialien. Momentan sind auch wir sehr damit beschäftigt, sowohl auf Lieferanten- als auch auf Kundenseite die vorhandene Situation zu managen. Mangel stellen wir an vielen Stellen fest: beispielsweise bei Kunststoffgranulat oder Aluminium, explizit aber besonders bei Halbleitern, und bei passiven Bauelementen. Wie gehen wir bei Beckhoff damit um? Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und haben deswegen auch schon frühzeitig Verträge für solche Fälle abgeschlossen.

Zudem betreiben wir ein eigenes großes Lager, sodass wir bis jetzt im Wesentlichen unsere Lieferverpflichtungen gegenüber Kunden erfüllen können. Die Lieferketten für elektronische Teile haben übrigens bis zur Corona-Virus-Krise fantastisch funktioniert und ich bin mir sicher, dass sie das auch zukünftig wieder tun werden. Auf der anderen Seite halte ich es für durchaus sinnvoll, wenn die europäische Politik gerade die Bereiche Halbleiter- und Softwaretechnologie verstärkt mit Nachdruck fördern möchte, sind dies doch Basistechnologien für fast alle industriellen Bereiche. Es reicht aber nicht, einfach nur unabhängig vom Weltmarkt zu werden, das Ziel muss es sein, führend zu werden!“

Hans Beckhoff Haltung zu Europa

„Ich empfehle Europa, Stärke zu entwickeln. Der Grund ist klar: Aus einer starken Position heraus lässt es sich sicherer und besser leben und auch verhandeln. Das sollte uns doch gelingen, als Wiege der abendländischen Kultur, Technik und Wissenschaft mit aktuell 500 Millionen gut ausgebildeten Menschen. Und ich denke immer noch, dass das westliche humanistische Weltbild mit seinen individuellen Freiheitsausprägungen für die allermeisten Bewohner dieses Planeten erstrebenswert ist. Und auch, dass wir für unser Weltbild einstehen und dafür werben müssen.“

Wie Hans Beckhoff über China denkt

„Um Waren zwischen Ländern auszutauschen, wünscht man sich gleichberechtigte Beziehungen, ‚equal level playing field‘, wie das die Politik nennt. Natürlich gibt es im Hinblick auf sogenannte Entwicklungsländer Ausnahmen. Diese brauchen Schutz im Umgang mit Industrieländern. Die chinesische Staatsregierung sagt nun immer noch, dass China ein Entwicklungsland sei und deswegen die Beziehungen unsymmetrisch sein dürfen. Für uns heißt das, dass Produkte, die wir in China einführen, dort einem Einfuhrzoll unterliegen. Gleichartige chinesische Produkte am europäischen oder deutschen Markt aber nicht. Es gibt hier also kein ‚equal level playing field‘. China gelobt zwar immer Besserung, zieht sich allerdings dann doch immer wieder auf den Entwicklungsland-Aspekt zurück. Ich finde: Bei Chinas Stärke ist das nicht mehr gerechtfertigt.

Wie sollten wir mit China hinsichtlich unserer Wertvorstellungen umgehen? Ehrlicherweise bin ich froh, kein Politiker zu sein, der entscheiden muss, ob ein Wandel durch Handel der richtige Weg ist oder ob eine klare Sanktionierung besser wirkt und überhaupt möglich ist. Vom Prinzip her gehöre ich eher zur ‚Wandel-durch-Handel‘-Fraktion. Wir versuchen natürlich, unseren weltweiten Handelspartnern deutlich zu machen, wie schön das Leben im ‚freien Europa‘ ist. Aber neben den jeweiligen lokalen, oft nicht demokratischen Machtverhältnissen, finden wir natürlich auch wirklich divergierende Moral- und Wertevorstellungen in den verschiedenen Bereichen der Erde. Wir in Europa sind davon ausgegangen, dass unsere Art der Politik und Kultur, geprägt durch die Aufklärung und damit verbunden die Befreiung von engen religiösen Zwängen sowie die Entwicklung großer individualistischer Freiheit, das Beste für die Menschheit ist und weltweite Akzeptanz findet. Als überzeugter Europäer glaube ich immer noch daran, aber wir werden wohl eine Balance in der Welt finden müssen, um friedlich miteinander leben zu können!“

Wie der Wachstumsplan von Beckhoff aussieht

„Beckhoff wächst in diesem Jahr kräftig, wir werden die Milliarde knacken. Wir bleiben unserem Motto treu, jedes Jahr etwas evolutionär Neues vorzustellen und alle fünf bis sieben Jahre etwas revolutionär Neues. Und wir haben natürlich eine neue Technologie im Köcher. Deswegen Wandel durch Handel!"

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