Mit dem stark wachsenden Bedarf nach einer nachhaltigen Produktionsweise steigen auch die entsprechenden Anforderungen an, aber auch die Chancen für Industriedienstleister und Instandhalter. Hürden sind jedoch immer noch die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit sowie lange Genehmigungszeiten und aktuell zunehmend die Ressourcenbereitstellung.
Eine neue Studie der Stiftung KlimaWirtschaft und der Nachhaltigkeitsberatung Better Earth zeigt, dass Klimaschutz in hohem Maße die strategischen Entscheidungen von Unternehmen prägt und zunehmend zum Erfolgsmesser für die Geschäftsführung wird. Für immer mehr Unternehmen sind dabei klimawissenschaftliche Erkenntnisse handlungsleitend. Eine Orientierung an kurzfristigen Marktbedürfnissen verliert demgegenüber an Bedeutung.
Die Studie, für die mehr als 50 Unternehmen aus verschiedenen Branchen befragt wurden, macht deutlich, dass sich die große Mehrheit der Unternehmen zu ambitioniertem Klimaschutz bekennt, viele Unternehmen haben sich deshalb Klimaziele gesetzt. Der resultierende Transformationsbedarf ist immens. Nahezu 60 Prozent der befragten Unternehmen geben an, ihr Geschäftsmodell aus Klimaschutzgründen grundsätzlich zu hinterfragen.
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Die steigende Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit spüren auch die Industriedienstleister deutlich. „Für einen Großteil unserer Kunden hat das Thema Nachhaltigkeit Einfluss auf die Ökologisierung ihrer Produktionsprozesse“, berichtet Philipp Daniels. Laut dem Geschäftsführer der Wisag Industrie Service Holding haben mittlerweile nahezu alle seiner Kunden entsprechende Maßnahmen eingeleitet – in erster Linie in Form von Energieeinsparung, Anlagenoptimierung und der Umsetzung von Abfallkonzepten.
Dabei beobachtet Daniels in den vergangenen Jahren einen deutlichen Wandel: „Viele Industrieunternehmen waren sich der Wichtigkeit des Themas schon durchaus bewusst. Dennoch haben sie ihre ökologischen Zielsetzungen nur langsam vorangetrieben.“
„Ökologische Aspekte können bei der Vergabe von Aufträgen einen entscheidenden Mehrwert liefern, vor allem durch den Faktor Energiemanagement.“ - Philipp Daniels, Geschäftsführer der Wisag Industrie Service Holding
Erfreulicherweise komme heute Nachhaltigkeit immer stärker im industriellen Alltag an. Diese Entwicklung wirkt sich natürlich auch auf das Geschäft der Industriedienstleister aus. Auch wenn sich Daniels schwer damit tut, an konkreten Zahlen zu belegen, welchen Anteil am Umsatz Dienstleistungen mit direktem Nachhaltigkeitsbezug ausmachen, konstatiert er, dass Industrieservice-Anbieter mit einem Nachhaltigkeitskonzept einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz haben. Dabei hat er ausgemacht: „Ökologische Aspekte können bei der Vergabe von Aufträgen einen entscheidenden Mehrwert liefern, vor allem durch den Faktor Energiemanagement.“
Als eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen sieht der Wisag-Spartenchef die Amortisationszeiten. Das schrecke viele Unternehmen zunächst einmal ab. Nach seiner Erfahrung nehmen Unternehmen beim Einkauf nachhaltiger Dienstleistungen lediglich eine Kostensteigerung von etwa ein bis zwei Prozent in Kauf. Die wenigsten wären jedoch bereit, mehr für „grüne“ Dienstleistungen zu zahlen.
Herausforderung Ressourcen-Bereitstellung
Beim Industriedienstleister Bilfinger bewertet man die Wirtschaftlichkeit neuer Technologien, insbesondere wenn es um das Upscaling von Pilotanlagen zu Produktionsstätten in industriellem Maßstab geht, als besondere Herausforderung.
Die größten Challenges liegen nach der Einschätzung von Gerald Pilotto allerdings aktuell in der Bereitstellung von Ressourcen, vor allem von Material, und der Dauer von Genehmigungen bzw. Förderungen. „Hier ist der administrative Aufwand oft recht hoch und es gibt lange Entscheidungswege“, so der Senior Vice President Global Development, Bilfinger SE.
Dennoch erfahren die Themen Umwelt und Klima eine zunehmende Bedeutung. So heißt es etwa auf der Unternehmens-Webseite: „Nachhaltigkeit ist ein bedeutender Teil unserer Unternehmensstrategie.“ Pilotto nennt die Gründe für den wachsenden Bedarf auf Kundenseite: „Die Prozess- und Energieindustrie sind von den Veränderungen, die zum Erreichen der Klimaziele und einer nachhaltigen Wirtschaft notwendig sind, in einem hohen Maße betroffen.“ Neue Technologien seien hier genauso gefragt, wie veränderte Infrastrukturen und Prozesse.
Nach der Beobachtung des Managers spielt bei neuen Projekten die Energiewende meist eine zentrale Rolle: „Unsere Kunden stehen dabei vor der Herausforderung, ihre Energieversorgung für die Zukunft zu sichern und dabei ihren CO₂-Fußabdruck deutlich zu verringern.“ Aktuell registriert man bei Bilfinger eine sehr starke Nachfrage für Projekte im Zusammenhang mit Wasserstoff, der Aufbereitung von Vorprodukten für Batterien sowie zur CO₂-Reduktion bzw. -Nutzung.
Als sehr dynamischer und schnell wachsender Markt erweise sich der E-Mobilitätssektor mit großen Investitionen in Produktionsstätten für Elektroautoakkus und für Batteriematerialien. Bilfinger unterstützt hier Projekte in ganz Europa, wie den Bau einer BASF-Produktionsanlage für Batteriematerialien in Harjavalta, Finnland. Hier verantwortete man den Stahl- und Rohrleitungsbau sowie Installations- und Isolationsarbeiten.
Im Bereich Energieeinsparung verweist Pilotto auf ein Projekt beim Schweizer Unternehmen öko energie. Hier hat Bilfinger mit dem Energieeffizienz-Programm TIPCHECK (Technical Insulation Performance Check) die Isolierungen am Standort Schattdorf auf ungenutzte Energie-Einsparpotenziale überprüft und entsprechende Anlagenteile passgenau isoliert. Die Maßnahmen hätten sich in weniger als sechs Monaten amortisiert, mit Einsparungen von rund sechs Tonnen CO₂ pro Jahr.
Ein weiteres wichtiges Thema im Zusammenhang mit Energieeffizienz ist CUI (Corrosion Under Insulation – Korrosion unter Isolierung), die zu Energieverlusten und betrieblichen Störungen führen kann. „Mit dem Biflinger Inspection Concept bieten wir einen ganzheitlichen Inspektionsprozess aus einer Hand, um Anlagen auf Korrosionsschäden zu prüfen und Isolierungen ggf. auszutauschen“, erläutert Pilotto.
Insgesamt entwickelt sich das Geschäftsfeld rund um Nachhaltigkeits-Themen zu einem mit neuen attraktiven Marktchancen. „Nachhaltige Industrieservices sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Dienstleistungsportfolios“, sagt Pilotto. Im Jahr 2021 erzielte Bilfinger in diesem Sektor rund 500 Millionen Euro Umsatz. Bis 2024 will man diesen auf rund eine Milliarde Euro steigern.
Starke Nachfrage nach Klimaschutzlösungen
„Unternehmen haben die Dringlichkeit zum schonenden Umgang mit Ressourcen erkannt, sie ergreifen Maßnahmen und gehen messbare Verpflichtungen ein. Das ist eine gute Nachricht für den Planeten – und auch für Spie“, sagt Dr. André Schimmel. Laut dem Mitglied der Geschäftsleitung und CSO von Spie Deutschland & Zentraleuropa spüre man als Multitechnik-Dienstleister eine starke Nachfrage nach Lösungen für den Klimaschutz in allen Tätigkeitsbereichen.
Dies verdeutlicht auch die Materiality Matrix des Unternehmens. „Unsere Kunden stufen die Veränderung des Energiemixes als wichtigstes Thema ein“, erläutert Schimmel. Dies spiegle den dringenden Handlungsbedarf, die wachsenden Erwartungen an die Unternehmen und die strengeren gesetzlichen Anforderungen in diesem Bereich wider.
„Eine glaubwürdige ESG-Strategie Nachhaltigkeitsstrategie ist für Unternehmen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil“, ist sich Schimmel sicher. „Unser zentrales Ziel ist es, unsere Kunden dabei zu unterstützen, ihren CO₂-Fußabdruck zu minimieren.“ Dazu hat Spie als ESG-Lösungspartner für Gebäude, Produktionsanlagen und Infrastrukturen vor einigen Monaten die Initiative „Go! Green“ gestartet.
Als Beispiel für entsprechende Projekte nennt Rogier Paanakker, Business Unit Manager von Spie Niederlande (Industry Services, E&I) die umweltfreundliche Gestaltung des Produktionsprozesses eines großen Unternehmens in den Niederlanden. Dort wird das Wasser nun durch einen E-Boiler erhitzt, anstatt durch Gas. „Gerade, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt, ist diese Methode nachhaltiger im Sinne des Klimaschutzes – und auch günstiger“, weiß Paanakker. Ein weiteres Beispiel zur Ressourceneinsparung ist der Einsatz von Wärmetauschern bei Dampferzeugungsanlagen. Dies verringere den Energieverbrauch um rund 50 Prozent.
Fachkonferenz: Die CO2-neutrale Fabrik
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Weitere Beiträge, die sich mit den Themen der Konferenz beschäftigen, finden Sie in unserem Fokusthema CO2-neutrale Industrie. Hier geht's entlang!
Die nächste Fachkonferenz findet 2025 statt. Hier gibt es weitere Informationen: Fachkonferenz CO2-neutrale Fabrik