Für den Safety Manegement Trend Report führte das Quentic-Team Interviews mit elf international renommierten Expertinnen und Experten. Teilnehmende der Expertenstudie waren unter anderem. Davide Scotti, HSE-Experte und Generalsekretär für die Leadership in Health and Safety (LHS) Foundation, Jop Groeneweg, Forscher und Dozent an verschiedenen niederländischen Hochschulen sowie am Forschungsinstitut für angewandte wissenschaftliche Forschung TNO, Katrin Zittlau, Vorstandsmitglied im VDSI und Dr. Stefanie Schöler, Psychologin im Arbeitsschutz und Mitgründerin des Digitalen Sifa-Stammtischs. Begleitend bewerteten mehr als 500 Fach- und Führungskräfte im Arbeitsschutz in einer europaweiten Umfrage die relevantesten Entwicklungen und Trends von der Digitalisierung, über den Einfluss der COVID-19-Pandemie bis zu den immer präsenter werdenden Kriterien für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG – Environment, Social, Governance).
Seit nunmehr zwei Jahren erlebt der Arbeitsschutz eine nie dagewesene Aufmerksamkeit. Fach- und Führungskräfte agieren im Spannungsfeld einer weltweiten Pandemie: Im stetigen Wechsel zwischen strikter Vorsicht und umsichtigem Weitermachen stiegen nicht nur der Druck und die Arbeitsbelastung der HSE-Verantwortlichen, sondern auch die Anerkennung für ihren täglichen Einsatz. Das war das Ergebnis des Safety Management Trend Reports 2021. Die Branchenstudie wird jährlich vom Software-Spezialisten Quentic herausgegeben. Für den Trendausblick im Jahr 2022 untersuchten die Profis nun, wie stark diese Entwicklungen das Berufsfeld weiter beeinflussen und wie sehr andere strategischen Einflüsse wie die Digitalisierung und Kriterien der nachhaltigen Unternehmensführung den Arbeitsschutz in Zukunft prägen.
Mehr Wertschätzung für den Arbeitsschutz – eine nachhaltige Veränderung?
Schon im Jahr 2021 berichteten Teilnehmende der Umfrage, dass die Coronavirus-Pandemie neben den Herausforderungen auch mehr Anerkennung für das Berufsfeld mit sich brachte. Die Frage im Trend Report 2022 war deshalb, ob diese positive Wahrnehmung nachhaltig gefestigt werden konnte. Das Ergebnis macht Mut: drei von vier der Befragten stimmen zu, dass der Arbeitsschutz in ihrem Unternehmen ganz, oder wenigstens in Teilbereichen, mehr Anerkennung und Unterstützung findet. In großen Unternehmen ist der Anteil der Personen, die eine positive Veränderung uneingeschränkt bestätigen, noch höher als in kleineren Organisationen.
Auch mit Blick auf die Zukunft sind die Befragten zuversichtlich. Insgesamt sind mehr als die Hälfte der Fach- und Führungskräfte optimistisch und denken, dass der Arbeitsschutz weiter an Bedeutung gewinnen wird oder sich auf einem erhöhten Level konsolidiert.
Psychische Belastungen weiter im Fokus
Trotz der positiven Aussichten weist das Expertengremium darauf hin, dass der Arbeitsschutz einen besonderen Blick auf psychische Belastungen legen müsse. Die Entgrenzung der Arbeit, eine Verschiebung ins Homeoffice, mangelnde soziale Bindungen und gesteigerte Infektionsangst haben Auswirkungen auf die seelische Gesundheit von Mitarbeitenden. Sensibilisierung für das Thema und Führungskompetenzen seien gefragt, denn die Folgen der Pandemie und auch die Umstellung auf mobileres Arbeiten verstärken die Notwendigkeit der Prävention psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Hierbei spielen besonders menschliche Faktoren wie eine gute Führung, soziale Bindung und ein Ausgleich für stressbehaftete Situationen eine entscheidende Rolle.
Diese Faktoren zufriedenstellend umzusetzen, ist durch die Verschiebung der Arbeit ins Homeoffice und das generelle Social Distancing eine große Herausforderung. Die Verantwortlichen im Arbeitsschutz haben dies bereits erkannt und wünschen sich, ihre Kompetenzen weiter auszubauen. Doch es wird ebenso deutlich, dass die alleinige Verantwortung für die Prävention psychischer Belastungen nicht auf den Schultern des Arbeitsschutzes lasten kann. Führungsebene, Fachkräfte und Angestellte können nur gemeinsam die Aufgaben und Herausforderungen des neuen Jahres bewältigen.
Standardprozesse im Arbeitsschutz werden digitaler
Die Digitalisierung der Arbeit im Allgemeinen birgt weiterhin ebenso Chancen und Herausforderungen, wie die Digitalisierung des Arbeitsschutzes selbst. Trends, die sich bereits im vergangenen Jahr abzeichneten, wie Remote Auditing, Online-Training oder digitale Gefährdungsbeurteilungen, stehen auch im Jahr 2022 im Fokus. Ein digitaler Umbruch ist besonders in den Aufgabenfeldern Gefährdungsbeurteilung und Unterweisungen deutlich zu spüren. Der Bedarf an digitaler Unterstützung und Optimierung ist dabei noch lange nicht gedeckt und wird sich 2022 besonders auf Incident Management sowie Fremdfirmen- und Besuchermanagement ausweiten.
Das Expertengremium weist in der Digitalisierung des Arbeitsschutzes aber auch auf weitreichendere Veränderungen hin. Zum einen betonen sie, wie zum Beispiel der Einsatz von Wearables und Sensoren zur Steigerung der Arbeitssicherheit beitragen kann. Zum anderen zeigen sie aber auch auf, dass die zunehmende Vernetzung von Mensch und Maschine an hochtechnologischen Arbeitsplätzen zu neuen Gefährdungen führen könne. Gerade in der Diskussion um stärkere Vernetzung von Prozessen begünstigt durch den Mobilfunkstandard 5G und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für den Arbeitsschutz sehen sie großes auszuschöpfendes Potenzial. Sie weisen aber auch darauf hin, dass zum Teil noch rechtliche Grundlagen geschaffen werden müssen, bevor sich ein sicherer, gesunder und damit auch gewinnbringender Einsatz neuer Technologien zum Standard im Arbeitsschutz entwickeln könne.
Detailergebnisse des Branchenreports in der Bilderstrecke:
Arbeitsschutz im Takt mit Nachhaltigkeit
Immer deutlicher wird auch im diesjährigen Safety Management Trend Report, dass Arbeitssicherheit im integrierten Kontext mit allen anderen Unternehmensprozessen betrachtet werden muss. Die Themen Umwelt- und Qualitätsmanagement sind schon länger auch inhaltlich in HSEQ-Management Rollen vereint. Doch gerade der positive Druck durch Stakeholder und der Öffentlichkeit in Bezug auf nachhaltige Unternehmensführung bewirkt, dass Organisationen sich immer stärker zu einem integrierten Verantwortungsmanagement verpflichten, in dem Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environment, Social, Governance– ESG) Hand in Hand gehen.
Für den Arbeitsschutz ist das eine große Chance, denn im Kontext der ESG-Kriterien ist eine integrierte HSE-Strategie ein wichtiger Grundpfeiler zum Unternehmenserfolg. Die Überschneidungen reichen dabei von einer generell nachhaltigen Arbeitsweise bis hin zur Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Schutzmaßnahmen für Mensch und Umwelt über den gesamten Produktionsprozess. Insofern treiben Sie auch die Investitionen im Arbeitsschutz voran. In großen Unternehmen ist diese Entwicklung schon deutlich zu spüren, aber auch in mittelgroßen und kleinen Unternehmen gewinnen sie immer mehr Einfluss. Für Verantwortliche im HSE-Bereich bedeutet dies, dass sie weiter mit Flexibilität und Lernbereitschaft neue Kompetenzfelder für dich erschließen und das Arbeitsschutzmanagement stets aus einer ganzheitlichen Perspektive aktiv vorantreiben müssen.
Der Safety Management Trend Report ist unter www.quentic.de/safety-trends zum kostenlosen Download verfügbar. Weitere wichtige Themen im Branchenreport sind:
- Safety Leadership: Führungskompetenz im Arbeitsschutz als wichtiger Schlüssel zum Erfolg
- Sicherheitskultur: der Mensch muss im Mittelpunkt stehen
- „Nutzt die Chancen der Digitalisierung!“, Interview mit Katrin Zittlau, Mitglied des Vorstands im VDSI
Quentic
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