Rot lackierter Roboterarm in Automobilfertigung bearbeitet Fahrzeugchassis - Symbolbild für Automatisierungstechnik

In vielen Schwellenländern ist China der wichtigste Lieferant für Automatisierungstechnik (Bild: THINK b - stock.adobe.com)

Es führt kein Weg daran vorbei, dass Wirtschaft und Gesellschaft CO2-neutral werden. Dies kann nur in einer globalen Anstrengung gelingen, wobei Länder Asiens, Afrika und Lateinamerika gleichzeitig versuchen, wirtschaftlich aufzuholen. China legt ein rasantes Tempo vor und möchte bis 2060 klimaneutral produzieren. Gleichzeitig gilt es, die bestehenden Fabriken der chinesischen Leichtindustrie zu automatisieren und die neuen Werke der Elektromobilität vollautomatisch und vernetzt einzurichten.

In China leben dreimal so viele Menschen wie in der EU, weshalb besondere Skaleneffekte auftreten. Das Land bietet deutschen Unternehmen im Bereich der Fabrikautomation vielfältige Geschäftschancen und günstige Bezugsquellen. Allerdings bestehen auch Risiken: So ist der Westen in manchen Bereichen heute abhängiger von China als umgekehrt.

Warum ist Automatisierung in China aktuell so gefragt?

Die Durchschnittseinkommen in dem asiatischen Land haben sich seit 2001 verzehnfacht: von knapp 11.000 Yuan auf rund 107.000 Yuan. Bereits jetzt sind durch die stark gestiegen Löhne arbeitsintensive Fertigungen in China nicht mehr wirtschaftlich. Dazu kommt, dass die Bevölkerungszahl in China seit 2021 stagniert. Bis zum Jahr 2050 wird sie um 123 Millionen zurückgehen, so eine Prognose der UN. Da in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen, dürfte die Nachfrage nach Automatisierungstechnik weiter stark zunehmen.

Hersteller von Bekleidung, Schuhen und anderen einfachen Konsumgütern mussten drastisch die Kosten senken. „Von den Bekleidungsproduzenten, die das vergangene Jahr überlebt haben, kann man zum Beispiel sagen, dass 80 Prozent von ihnen in diesem Jahr schwerpunktmäßig in die Automatisierung investieren wollen. Sonst wird es in Zukunft schwierig sein zu überleben, weil sie von den explodierenden Arbeits- und Materialkosten aufgefressen werden,“ erklärt Peng Biao, Analyst bei Fashionprint.com.

Vorreiter ist die Automobilindustrie. Tesla-Chef Elton Musk erklärte bei seinem Chinabesuch im Juni, dass das Shanghai-Werk weltweit mit den günstigsten Kosten die beste Qualität produziere. Von den vielen Elektroautoproduzenten im Land der Mitte werden nur wenige den aktuellen Modernisierungswettlauf überstehen.

Automatisierung und Robotik als Hebel für mehr Nachhaltigkeit

Die Umstellung der gesamten industriellen Produktion auf eine CO2-neutrale Wirtschaft ist eine noch größere Herausforderung als die Transformation des Energiesektors. Der Augsburger Kuka-Konzern, der dem chinesischen Konzern Midea seit 2022 zu 100 Prozent gehört, macht dabei glänzende Geschäfte. Denn um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen sind Hightech, Robotertechnik und vernetzte digitale Systeme erforderlich. Vergangenes Jahr verzeichnete Kuka einen Rekord-Auftragseingang in Höhe von 4,5 Milliarden Euro (+25 Prozent). Das EBIT hatte sich auf 118,4 Millionen Euro nahezu verdoppelt.

Ein Unternehmenssprecher erklärte anlässlich der Fachmesse Automatica 2023 in München: „Nachhaltiges Wirtschaften gehört zu den drängendsten Aufgaben unserer Zeit. Energieeffiziente, mit sparsamer Gleichstrom-Technologie betriebene Roboter und Anlagen sind ein wichtiger Hebel. Dabei haben wir mittlerweile ein Portfolio, das weit über Automotive hinaus geht. Mit unseren Cobots und digitalen Services wird Robotik intuitiv und für jede und jeden einfach bedienbar. Unser jahrzehntelang aufgebautes Know-how aus dem Anlagenbau zeigen wir hier erstmals. In einer etwas anderen Darstellungsform zeigt Kuka virtuell, in welche neuen Bereiche vollautomatisierte Großanlagen Einzug halten.“

Roboter produzieren Roboter: Vernetzte Fertigung in China

Wie auch andere deutsche Konzerne baut Kuka in China Forschung- und Entwicklungszentren auf, die eng mit der Fertigung bei den Anwendern vernetzt sind. F&E beginnen in China beim und mit dem Kunden, beispielsweise in der Smart Factory Academy Foshan, die sich im neuen Messezentrum der Stadt befindet. Dort proben chinesische und deutsche Konzerne die praktische Anwendung einer vernetzten Produktion.

In Sichtweite dieser Einrichtung liegt die neue Fabrik „Kuka Intelligent Manufacturing Science and Technology Park“. Sie ist für nachhaltige Produktion ein Trendsetter. „Dies ist die erste derartige Produktionslinie in der Provinz Guangdong, wobei die Roboter durch Roboter produziert werden. Diese Produktionslinie wurde erst im Januar in Betrieb genommen. Dabei handelt es sich zugleich um die erste vollautomatische Produktionslinie zur Herstellung großer Roboter in China, die seit ihrem Einsatz 24 Stunden ohne Unterbrechung laufen kann,“ so Chen Feng, der zuständige Verantwortliche der KUKA Robotics (Guangdong).

Die Vernetzung der Wertschöpfungskette zeigte sich in der Infrastruktur: Das Foshan-Werk des Roboterherstellers war noch im Bau, da nahm in unmittelbarer Nähe eine U-Bahn-Linie in die benachbarte 19-Millionen-Einwohner-Stadt Guangzhou ihren Betrieb auf, damit Fachkräfte von dort das Werk einfach erreichen können.

Wer kauft die in Foshan produzierten Roboter?

Oranger Kuka-Roboter arbeitet in automatisierter Fabrik bei FAW-Volkswagen in China
Mehr als 100 KUKA Roboter sind bei FAW-Volkswagen im Süden Chinas im Einsatz. (Bild: Kuka)

Abnehmer für die Roboter aus dem Werk in Foshan sind die unzähligen Fabriken hauptsächlich in Guangdong. Bis zu 300.000 Batteriepack fertigt das benachbarte FAW-Volkswagenwerk in Foshan pro Jahr. Es setzt dazu mehr als 100 Industrieroboter ein. Industrieroboter beschleunigen den Wandel der traditionellen Fertigungsindustrie hin zu einer intelligenteren und umweltfreundlicheren Produktion. Gleichzeitig senken sie auch die Kosten.

Ausschlaggebend sind dafür nicht nur die Zahl der Roboter, sondern die Vernetzung der einzelnen Roboter und Maschinen und selbstlernende Datensysteme. Der Kuka-Mutterkonzern Midea und die Tausenden Produktionswerke in Südchina sind auch ein wichtiges Versuchsfeld, um Erfahrungen im praktischen Einsatz zu schaffen und Produktionsanlagen zu entwickeln, die effektiver und weniger klimaschädlich sind.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION freuen sich, wenn Sie auch 2025 in Berlin dabei sind!

 

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Knapp jeder zweite Industrieroboter steht in China

Schulungszentrum in der Midea-Unternehmenszentrale in Foshan
Schulungszentrum in der Midea-Unternehmenszentrale in Foshan (Bild: Thomas Kiefer)

Fast die Hälfte aller Industrieroboter, die weltweit im Einsatz sind, steht inzwischen in chinesischen Fabriken, und der Anteil steigt weiter. Nun ist das Land mit 1,4 Milliarden Menschen bei der reinen Stückzahl mit Deutschland mit 83 Millionen Einwohnern alleine mengenmäßig kaum zu vergleichen. Die Roboterdichte ist aussagekräftiger für den Grad der Automatisierung. Hierbei hat China die Vereinigten Staaten überholt, meldete vergangenes Jahr die International Federation of Robotics.

Bei dem hohen Wachstum der Neuinstallationen könnten Deutschland und Japan ebenfalls bald überholt werden. 2021 wurden in China 268.200 Roboter neu installiert; ein Wachstum von 51 Prozent. In Deutschland kamen 23.800 Roboter neu in Betrieb, ein Wachstum von 6 Prozent.

Durch strenge Umweltvorgaben und einen enormen Kostendruck setzt sich die Modernisierungsspirale fort. Die Stadtregierungen setzten dafür strenge Vorgaben, sie erfassen alle Umweltdaten in Echtzeit. „Wenn da ein bestimmter Wert beispielsweise bei den Emissionen überschritten wird, bekommen wir sofort eine Warnung. Und bei großen Überschreitungen können wir die Fabrik in unserer Zentrale heruntersteuern,“ erklärt ein Mitarbeiter eines städtischen Überwachungszentrum vor riesigen, mit Daten und Plänen gespickten Bildschirmen.

Südchina: Vernetzung beschleunigt technischen Fortschritt

Das Ziel Chinas, bis 2060 klimaneutral zu werden, ist verbindlich formuliert. Die Technologie dafür steht in vielen Bereichen jedoch wie auch in allen anderen Ländern eher am Anfang. Doch durch die Vernetzung, die in Südchina zu sehen ist und die weit über die einzelnen Unternehmen hinausgeht, entsteht eine ungeheure Entwicklungsgeschwindigkeit. Dies ist ein Grund, weshalb weiterhin viele ausländische Konzerne dort Entwicklungszentren aufbauen.

Bislang war der Raum Shanghai der Schwerpunkt für die China-Investitionen deutscher Industrieunternehmen. Jetzt rückt Südchina mit seiner Elektronik und KI-Kompetenz ins Blickfeld, auch da die dort gewonnenen Erfahrungen für die Produktion außerhalb Chinas genutzt werden können.

Roboterproduktion im Nordosten Chinas verfünffacht sich in einem Jahr

Aber auch andere Standorte in China setzen auf Hightech und Robotertechnik. Die Provinz Heilongjiang, ein altes Industriezentrum im Nordosten Chinas, steigerte im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr die Hightech-Produktion um 24,6 Prozent. Die Produktion von Industrierobotern legte um 520 Prozent zu.

Die Harbin Electric Corporation zum Beispiel setzt inzwischen eine Reihe vollautomatischer Hightech-Geräte ein, darunter Robo-Laminiergeräte, Schweißroboter und industrielle Manipulatoren. „Unsere Roboter-Laminierstation kann die schwere, sehr anstrengende Arbeit von fünf bis sechs Personen ersetzen und muss nur von einer Person bedient werden“, sagt Wei Fangkai von der Abteilung für intelligente Fertigungsprozesse des Unternehmens.

„Diese Geräte haben die Effizienz und Qualität unserer Produkte verbessert und gleichzeitig die Produktionskosten gesenkt.“ Durch die Erhöhung des Automatisierungsgrades erzielte das Unternehmen im ersten Quartal 2023 einen Umsatzanstieg von 22,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen Anstieg des Gesamtgewinns um 170 Prozent.

China wird wichtigster Lieferant für Automatisierungstechnik in Schwellenländern

Mit diesem qualitativen Wachstum steigt gleichzeitig die Angst vor einer zu starken Abhängigkeit von China. Die chinesische Philosophie geht jedoch weniger von einem entweder-oder aus, sondern setzt auf sowohl-als-auch. Diesen Weg schlagen viele Konzerne ein, die in China in Forschung, Entwicklung und Produktion investieren. Auch immer mehr Unternehmen der deutschen Industrieautomation blicken nach Südchina. Indem sie nicht nur dort, sondern auch in anderen Ländern entwickeln und fertigen, verringern sie das Risiko zu großer Abhängigkeit.

Doch in vielen Schwellenländern, die als Zukunftsmärkte gelten, ist China mit seinen Komplettsystemen bereits wichtigster Lieferant. Es bietet mit seinen vernetzten Systemen oftmals nicht nur günstigere Preise, sondern auch die bessere Produktionstechnologie. Auf diesen Technologiewettkampf müssen sich alle Unternehmen einstellen.

Zusammenfassung

  • Was bedeutet Chinas Streben nach CO2-Neutralität für die weltweite Industrieautomation?
    China strebt eine umfassende Automatisierung seiner Industrie an, um bis 2060 CO2-neutral zu werden. Dies bietet bedeutende Geschäftschancen für Unternehmen aus der Automatisierungstechnik weltweit, da eine hohe Nachfrage nach innovativen Technologien und Lösungen erwartet wird.
  • Wie wirkt sich die Automatisierung auf die Wirtschaft und Bevölkerung in China aus?
    Mit der Automatisierung können Unternehmen Kosten senken und die Produktionseffizienz steigern, was wiederum die wirtschaftliche Entwicklung fördert. Außerdem hilft sie, demografische Herausforderungen wie eine alternde Bevölkerung zu bewältigen, indem sie manuelle Arbeit ersetzt.
  • Welche Rolle spielt die deutsche Industrie in Chinas Automatisierungsbemühungen?
    Deutsche Unternehmen haben umfangreiches Know-how in der Automatisierungstechnik und sind gut positioniert, um von Chinas Nachfrage nach solchen Lösungen zu profitieren. Sie können Partnerschaften eingehen und Investitionen tätigen, um ihre Präsenz auf dem chinesischen Markt zu verstärken.
  • Wie trägt die Automatisierung zur CO2-Neutralität bei?
    Automatisierungstechnologien ermöglichen eine effizientere Produktion, was den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen verringern kann. Darüber hinaus können durch Automatisierungstechnologien umweltfreundlichere Produktionsmethoden ermöglicht werden, was zur Erreichung von CO2-Neutralität beiträgt.
  • Was sind die Risiken einer zunehmenden Abhängigkeit vom chinesischen Markt für Automatisierungstechnik?
    Eine verstärkte Einbindung in den chinesischen Markt kann zu einer erhöhten Abhängigkeit führen, was potenzielle Risiken birgt. Diese könnten sich in Form von Handelsbarrieren, rechtlichen Unsicherheiten oder einer stärkeren Konkurrenz durch chinesische Unternehmen manifestieren. Unternehmen sollten daher eine ausgewogene Strategie verfolgen, die Diversifizierung und Risikominimierung berücksichtigt.

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