Milliardenoffensive für Europas Chipindustrie
EU genehmigt Chipfabriken in Erfurt und Dresden
Zwei neue Chipfabriken in Deutschland erhalten grünes Licht für staatliche Unterstützung. Brüssel stärkt mit Millioneninvestitionen gezielt die europäische Halbleiterbranche.
Je eine Chipfabrik in Dresden und Erfurt darf mit Millionen vom deutschen Staat unterstützt werden. Die EU-Kommission sieht darin einen wichtigen Schritt für Europas Halbleiter-Industrie.
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Europas Halbleiterstrategie gewinnt Kontur
Deutschland darf den Aufbau von zwei Chipfabriken mit staatlichen Beihilfen in Höhe von insgesamt 623 Millionen Euro unterstützen. Die EU-Kommission hat die Vorhaben genehmigt und sieht darin einen wichtigen Schritt zur Stärkung der europäischen Halbleiter-Industrie. Mit den Standorten in Dresden und Erfurt soll der technologische Rückstand Europas in der globalen Chipproduktion gezielt verringert werden.
495 Millionen Euro fließen an das Unternehmen GlobalFoundries, das seine bestehende Produktionsstätte in Dresden erweitern wird. Dort sollen künftig Halbleiter produziert werden, die unter anderem in der Luft- und Raumfahrt, der Verteidigung und in sicherheitskritischen Infrastrukturen zum Einsatz kommen.
Ergänzend dazu wird das Unternehmen X-FAB mit 128 Millionen Euro gefördert. Die neue Anlage in Erfurt wird sich auf sogenannte mikroelektromechanische Systeme (MEMS) spezialisieren. Diese Technologien finden breite Anwendung – unter anderem in der Automobilindustrie, im Bereich der künstlichen Intelligenz und in der Medizintechnik. Der kommerzielle Betrieb der Anlage ist ab dem Jahr 2029 vorgesehen.
Förderung als strategisches Signal
Die Brüsseler Behörde bewertet beide Vorhaben als wegweisend für die europäische Industriepolitik. Der Hintergrund: Europa ist derzeit in hohem Maße von Halbleiterimporten abhängig – insbesondere aus Asien. Diese Abhängigkeit hat sich in den vergangenen Jahren als Schwachstelle erwiesen, etwa bei Lieferengpässen und geopolitischen Spannungen.
Die beiden Projekte sollen dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit europäischer Lieferketten zu verbessern und die eigene Produktion technologisch anspruchsvoller Chips deutlich auszubauen. Beide Unternehmen haben sich im Gegenzug verpflichtet, im Krisenfall vorrangige Aufträge anzunehmen – eine Maßnahme, die insbesondere bei Engpässen sicherheitsrelevante Produktionen innerhalb Europas schützen soll.
Politische Rückendeckung auf Landesebene
Auch aus der deutschen Politik kommt deutliche Zustimmung zur Entscheidung aus Brüssel. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach von einer „geopolitischen Entscheidung für Europas Zukunft“.
In seiner Bewertung macht der CDU-Politiker die Bedeutung des Chipsektors für Europas technologische Unabhängigkeit deutlich: „Wir wollen und wir werden Schlüsseltechnologien wieder stärker selbst beherrschen.“ Der Ausbau der Halbleiterfertigung in Dresden sei dabei ein „strategischer Baustein, um Abhängigkeiten gegenüber Asien und den USA zu reduzieren“.
Regelkonformität im Beihilferahmen
Die Zustimmung aus Brüssel unterliegt strengen Regularien: In der Europäischen Union gelten klare Vorschriften, wenn ein Mitgliedsstaat Unternehmen mit staatlicher Unterstützung fördern möchte. Diese Vorgaben sollen verhindern, dass wirtschaftlich stärkere Länder ihre Firmen durch Finanzhilfen bevorzugen und somit den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt verzerren.
Die beiden nun genehmigten Projekte mussten deshalb detailliert geprüft werden. Die Entscheidung der EU-Kommission bestätigt, dass die geplanten Fördermaßnahmen im Einklang mit den Wettbewerbsregeln stehen und als strategisch relevant für die gesamte Union eingestuft werden.
GlobalFoundries Dresden – Ausbau mit Hightech-Fokus
Das US-amerikanische Unternehmen GlobalFoundries zählt zu den weltweit größten Auftragsfertigern für Halbleiter und ist in Dresden bereits seit Jahren aktiv. Mit der nun genehmigten Förderung soll der Standort nicht nur ausgebaut, sondern technologisch gezielt weiterentwickelt werden.
Im Fokus stehen Anwendungen in besonders sensiblen Bereichen: Chips, die für die Luft- und Raumfahrt, Verteidigungssysteme sowie für kritische Infrastrukturen benötigt werden. Der Ausbau wird somit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sicherheitspolitisch als entscheidend angesehen.
X-FAB in Erfurt – Zukunftstechnologien im Visier
Für die X-FAB Gruppe bedeutet die Investition eine erhebliche Erweiterung ihrer technologischen Basis. Die neue MEMS-Fabrik in Erfurt soll Mikrostrukturen und Sensoren produzieren, die in modernen Fahrzeugen, in der Medizintechnik sowie in KI-Systemen Anwendung finden.
MEMS-Technologien gelten als Schlüsselkomponenten in der nächsten Innovationswelle intelligenter Systeme. Der geplante Produktionsstart im Jahr 2029 unterstreicht die langfristige strategische Ausrichtung des Projekts.
Chipindustrie als Zukunftssicherung
Die Förderung der Chipfabriken in Dresden und Erfurt ist kein Einzelfall, sondern Teil eines umfassenden industriepolitischen Kurswechsels in Europa. Ziel ist es, bei strategisch wichtigen Technologien wieder eine eigenständige Wertschöpfung aufzubauen.
Besonders in Bereichen, die für Sicherheit, Mobilität und Digitalisierung zentral sind, soll Europas Abhängigkeit von Drittstaaten reduziert werden. Die milliardenschweren Investitionen in neue Fertigungsstätten sind dabei nicht nur wirtschaftliche Impulse, sondern auch industriepolitische Wegmarken.
FAQ zu den Chipfabriken in Dresden und Erfurt
Welche Unternehmen profitieren von der Förderung? – GlobalFoundries und X-FAB erhalten insgesamt 623 Millionen Euro an staatlicher Unterstützung.
Wofür werden die Fördermittel verwendet? – GlobalFoundries baut seine Produktion in Dresden aus, X-FAB errichtet eine neue MEMS-Anlage in Erfurt.
Wann soll die neue X-FAB-Fabrik in Betrieb gehen? – Der kommerzielle Betrieb ist für das Jahr 2029 geplant.
Warum fördert die EU den Aufbau dieser Werke? – Ziel ist es, Europas technologische Souveränität zu stärken und Abhängigkeiten zu verringern.
Wie bewertet die Politik die Entscheidung? – Sachsens Ministerpräsident spricht von einer geopolitisch wichtigen Maßnahme zur Sicherung von Schlüsseltechnologien.
Welche Bedingungen sind an die Förderung geknüpft? – Beide Unternehmen müssen im Krisenfall vorrangig Aufträge bedienen, die für die öffentliche Sicherheit entscheidend sind.
Mit Material der dpa