Stellen Sie sich vor, es ist Arbeitstag und keiner geht hin ... so könnte es bei einer Vier-Tage-Woche im Büro aussehen.

Stellen Sie sich vor, es ist Arbeitstag und keiner geht hin ... so könnte es bei einer Vier-Tage-Woche im Büro aussehen. (Bild: Mediaparts - stock.adobe.com)

Was steckt hinter der 4-Tage-Woche-Initiative?

Mehr als 40 deutsche Unternehmen und Organisationen haben eine Vier-Tage-Woche erprobt, in der die Beschäftigten trotz reduzierter Arbeitszeit wie in einem Vollzeit-Job bezahlt werden. Hinter diesem wegweisenden Pilotprojekt, das im Februar begann und auf sechs Monate angelegt war, stehen die globale Initiative „4 Day Week“ und die deutsche Unternehmensberatung Intraprenör. Die wissenschaftliche Auswertung wurde von der Universität Münster durchgeführt.

Welche Ergebnisse lieferte die Studie?

Ein Zwischenbericht vom Juli zeigt: Die Mitarbeiter bringen sich bei einigen beteiligten Organisationen stärker ein. Sie identifizieren Verbesserungspotenziale und entwickeln kreative Ideen für eine effizientere Arbeit. Die Reduzierung der Anzahl interner Meetings wurde als sinnvolle Maßnahme bewertet, um Zeit zu sparen.

Längst nicht alle teilnehmenden Firmen setzten in der Untersuchung auf das sogenannte 100-80-100-Modell, also 100 Prozent Bezahlung bei 80 Prozent Arbeitszeit und 100 Prozent Produktivität. Tatsächlich hat knapp die Hälfte der Teilnehmer die Arbeitszeit nur um bis zu zehn Prozent reduziert. Bei ihnen war beispielsweise nur ein halber Arbeitstag pro Woche frei. Es ist jedoch festzuhalten, dass größere Unternehmen im Projekt nur mit Teilbereichen mitmachten und nicht komplett.

Welche Herausforderungen bringt die Vier-Tage-Woche mit sich?

Eine ähnliche Untersuchung in Großbritannien hat bereits vergangenes Jahr positive Erkenntnisse gebracht. Zudem wurde das Konzept bereits in den USA und Südafrika erprobt. Allerdings muss man einschränkend sagen, dass die Untersuchungen begrenzt und nicht repräsentativ für die Wirtschaft sind. Die Teilnehmer in Deutschland kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen. Zwei Drittel von ihnen sind Unternehmen und Organisationen mit weniger als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Befürworter der Vier-Tage-Woche sind überzeugt, dass die Beschäftigten weniger Stress hätten und somit zufriedener und produktiver würden. So lässt sich Familie und Beruf endlich besser in Einklang bringen. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel haben Firmen einen klaren Vorteil, wenn sie mehr Bewerbungen bekommen.

Kritiker entgegnen, dass eine Vier-Tage-Woche zu einer kräftigen Lohnsteigerung führen würde, die sich die allermeisten Firmen nicht leisten könnten – ganz besonders nicht in der aktuell schwierigen konjunkturellen Lage. Hinzu kommt, dass es wegen des demografischen Wandels immer weniger Arbeitskräfte gibt. Eine Vier-Tage-Woche würde diese sich verschärfende Knappheit an Arbeitszeit insgesamt noch verschärfen.

Wie reagieren Politik und Gewerkschaften?

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Parteilinke Sebastian Roloff sagt, es gebe Berufe und Branchen, in denen eine Vier-Tage-Woche sinnvoll sein könne. Das Konzept könne auch dabei helfen, manche Teilzeit-Beschäftigte näher an die Vollzeit zu führen und damit das Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Gleichzeitig könne es aber gerade in Zeiten des Fachkräftemangels in einer Wirtschaftskrise keine flächendeckend einheitliche politische Lösung geben, die gut für alle Beteiligten wäre, sagt Roloff.

Bei den Liberalen führt das Thema hingegen zu Kopfschütteln. Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten zwar im Einvernehmen selbstverständlich vereinbaren, was sie möchten, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben. Aber: „Einfach weniger zu arbeiten, führt nicht zur Bewältigung einer Krise.“ Gleicher Wohlstand bei Verringerung der Arbeitszeit funktioniere nur über eine Steigerung der Produktivität. „Dies ist in den letzten Jahren in Deutschland nicht geglückt - bisher ist noch keine wirtschaftliche Stagnation durch weniger Arbeit überwunden worden.“

Gewerkschaft warnt vor „Mogelpackung“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußert sich eher vorsichtig zu dem Thema. Vorstandsmitglied Anja Piel sagt, es müsse zunächst geklärt sein, was genau mit Vier-Tage-Woche gemeint sei. „Wenn bei vollem Lohnausgleich nur vier Tage gearbeitet wird und sich dabei die Arbeitsbelastung nicht erhöht, kann das im Idealfall zu mehr Arbeitszufriedenheit und zu höherer Produktivität führen.“

Sie warnt aber davor, dass es zu einer „Mogelpackung“ werden könne, wenn das gleiche Arbeitspensum auf weniger Tage verteilt werde und die Beschäftigten dadurch noch stärker im Hamsterrad des Arbeitsalltags wären als zuvor.

Arbeitgeber sind für flexiblere Arbeitszeit

Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber-Vereinigung BDA, Steffen Kampeter, sieht das Thema skeptisch. „Im internationalen Vergleich arbeiten wir Deutsche über das Jahr gerechnet schon heute mit am wenigsten.“ Anstatt darüber zu reden, weniger zu arbeiten, sollte man darüber reden, die Arbeitszeit zu flexibilisieren und die Stunden in einer Woche flexibler zu verteilen. „Da, wo es passt, Montag bis Donnerstag mal mehr arbeiten und Freitag frei – das sollte möglich sein, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber das vereinbaren.“

dpa

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