HK416: Das neue Sturmgewehr G95 der Bundeswehr
Das G95 wird ab 2026 als G95A1 das neue Standard-Sturmgewehr (Ordonannzwaffe) der Bundeswehr. Es basiert auf dem bewährten HK416 von Heckler & Koch. Wir stellen die Waffe vor.
Das Sturmgewehr G95 - im Bild in der kurzen Variante - basiert auf dem HK416 von Heckler und Koch.
(Bild: Marko - stock.adobe.com)
Nach Jahren der Diskussionen und Ausschreibungen steht fest: Die Bundeswehr ersetzt ihr bisheriges Standard‑Sturmgewehr G36 durch ein neues Modell auf Basis des Heckler‑&‑Koch HK416. Die Dienstbezeichnung für die lange Variante lautet G95A1, die kurze Version heißt G95KA1. Ab 2026 soll das G95 sukzessive in die Truppe eingeführt werden, erste Vorserienmodelle wurden im Mai 2025 ausgeliefert. Das neue Gewehr soll die Präzisions‑ und Zuverlässigkeitsprobleme des G36 hinter sich lassen, eine höhere Modularität bieten und die Kompatibilität mit NATO‑Partnern erhöhen.
Warum ein neues Sturmgewehr?
Das G36 war Ende der 1990er Jahre als leichtes, teilweise aus Kunststoff gefertigtes Sturmgewehr eingeführt worden und ersetzte das schwere G3. Es erwies sich lange Zeit als robust und handlich, geriet aber ab 2012 wegen Präzisionsproblemen bei heißem Lauf und kritischer Behandlung von Munition in die Kritik. Daraufhin startete die Bundeswehr 2017 das Projekt „System Sturmgewehr Bundeswehr“, um eine modernere Ordonnanzwaffe zu finden. Im Frühjahr 2021 entschied sich das Bundesministerium der Verteidigung für ein Angebot von Heckler & Koch. Das HK416 A8 setzte sich gegen die Konkurrenz durch; Ende 2022 genehmigten Haushalts‑ und Verteidigungsausschuss des Bundestages die Finanzierung des Projekts.
Entwicklung und Beschaffung des G95
Auswahl und Vertrag
Die Wahl auf das HK416 A8 fiel, weil das Gewehr das bewährte Kurzhub‑Gasdrucksystem des G36 mit der aus den USA stammenden AR‑15‑Architektur kombiniert. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und Heckler & Koch unterzeichneten Anfang 2023 den Vertrag. Der Bund bestellte insgesamt 118.718 Gewehre, davon rund 85 % in der Standardausführung G95A1 mit 16,5‑Zoll‑Lauf und der Rest als Kurzvariante G95KA1 mit 14‑Zoll‑Lauf. Der Vertrag beinhaltet ferner Zubehör, Ersatzteile, Optiken und die Integration des Systems in die Soldatenausrüstung. Die Kosten der neuen Ordonnanzwaffe belaufen sich nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums auf etwa 209 Millionen Euro; damit kostet jedes Gewehr inklusive Zubehör weniger als 2000 Euro.
Erprobung und erste Auslieferung
Im Rahmen der Erprobung wurden zunächst 390 Nachweismuster an die Bundeswehr übergeben. Davon gingen 40 Waffen zur Qualifizierung an die Wehrtechnische Dienststelle 91 (WTD 91), der Rest in die Truppe für Praxistests unter verschiedenen Klimabedingungen. Heckler & Koch lieferte am 19. Mai 2025 die ersten Seriengewehre aus; dazu zählten sowohl die G95A1 als auch die G95KA1. Die ersten Empfänger sind Soldatinnen und Soldaten des Panzergrenadierbataillons 122, denen im Dezember 2025 symbolisch die neuen Waffen übergeben werden. Die Serienfertigung soll 2026 anlaufen und bis 2031 abgeschlossen sein.
Varianten G95A1 und G95KA1
Die Bundeswehr beschafft zwei Varianten des neuen Sturmgewehrs:
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G95A1 (Standardversion) – verfügt über einen 16,5‑Zoll‑Lauf (42 cm) und ist für den allgemeinen infanteristischen Einsatz vorgesehen. Der lange Lauf erhöht die Mündungsgeschwindigkeit und verbessert die Treffergenauigkeit auf größere Distanzen.
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G95KA1 (Kurzversion) – besitzt einen 14,5‑Zoll‑Lauf (36,8 cm). Sie ist kompakter, eignet sich für enge Räume und wird vor allem von spezialisierten Kräften oder Besatzungen genutzt. Die Vorgängervariante G95K (HK416 A7) wird seit 2021 bereits von spezialisierten Kräften wie dem Kommando Spezialkräfte eingesetzt.
Beide Varianten basieren auf dem modularen HK416‑System und können mit gleichen Magazinen, Optiken und Anbauteilen genutzt werden. Die Bundeswehr spricht daher vom System Sturmgewehr Bundeswehr.
Das G95 im Detail
Technische Daten des G95
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Die folgende Übersicht fasst die wichtigsten technischen Daten des G95A1 zusammen. Die Angaben basieren auf den derzeit bekannten Daten der Bundeswehr und von Fachmedien.
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| Parameter | G95A1 (Langversion) |
| Länge | 942 mm (eingeklappt 860 mm) |
| Breite | 75 mm |
| Höhe | 237 mm |
| Gewicht (ohne Magazin) | ca. 3,6 kg |
| Kaliber | 5,56 × 45 mm NATO |
| Funktionsprinzip | Indirekter Gasdrucklader mit Kurzhub‑Kolben |
| Schussfolge | 850 Schuss/min (Einzelfeuer und Dauerfeuer) |
| effektive Reichweite | bis 450 m, Unterdrückungsfeuer bis 600 m |
| Magazin | 30‑Schuss‑Magazin aus Kunststoff |
Voll ausgerüstet, mit Visier, Licht‑/Laser‑Modulen und Munition, liegt das Gewicht laut Bundeswehr bei rund 6 kg. Für gute Schussleistungen erfordert die überwiegend aus Aluminium gefertigte Waffe eine intensivere Pflege als das G36; dafür bietet sie höhere Stabilität und Präzision.
Merkmale und Verbesserungen gegenüber dem G36
Modularität: Das G95 verfügt über standardisierte NATO‑Schienen entlang des Handschutzes und des Gehäuses. Zubehör wie Optiken, Laser‑Licht‑Module, Zielfernrohre, Zweibeine oder Unterlaufgranatwerfer lassen sich individuell anbringen. Im Unterschied zum G36 sind diese Schnittstellen fester Bestandteil des Designs und folgen der NATO‑Picatinny‑Norm.
Bedienung und Ergonomie: Durch die AR‑15‑Architektur sitzt der Ladehebel zentral über dem Schaft. Der Sicherungs‑ und Feuerwahlhebel lässt sich beidseitig bedienen und rastet im 45‑Grad‑Winkel ein. Die Schulterstütze ist in der Länge justierbar, kann aber nicht wie beim G36 seitlich weggeklappt werden. Ein durchsichtiges Polymermagazin ermöglicht die schnelle Kontrolle der Restmunition.
Präzision und Zuverlässigkeit: Das Kurzhub‑Gasdrucksystem hält Gas und Schmauch besser vom Verschluss fern, verringert Ablagerungen und erhöht die Funktionssicherheit. Im Vergleich zum G36 bestehen Lauf und Gehäuse aus mehr Metall; das verbessert die Treffgenauigkeit, insbesondere bei Dauerfeuer, macht das Gewehr jedoch schwerer.
Optik und Zubehör: Das G95A1 wird serienmäßig mit dem ELCAN Specter DR 1–4×‑Visier ausgestattet. Dieses bietet sowohl 1‑fach als auch 4‑fach Vergrößerung. Außerdem ist ein neues Laser‑Licht‑Modul vorgesehen. Für die Zukunft ist die Beschaffung von rund 4.800 Unterlaufgranatwerfern geplant.
Welche Einheiten erhalten das G95?
Die Bundeswehr plant, die neuen Waffen schrittweise ab 2026 einzuführen. Das Panzergrenadierbataillon 122 wird als erster Verband mit rund 300 Gewehren ausgestattet; die symbolische Übergabe findet am 4. Dezember 2025 statt. Spezialisierte Kräfte wie das Kommando Spezialkräfte nutzen die Kurzvariante G95K bereits seit 2021. Bis 2031 sollen alle Truppenteile mit dem neuen System ausgerüstet sein.
Kosten und wirtschaftlicher Hintergrund
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Beschaffung von 118.718 Sturmgewehren genehmigt und dafür rund 209 Millionen Euro bereitgestellt. Dieser Betrag umfasst neben den Gewehren auch Zubehör, Optik und Ersatzteile. Die Summe ergibt einen durchschnittlichen Stückpreis von deutlich unter 2000 Euro; genaue Vertragskonditionen sind vertraulich. Für die erste Losgröße von 13.929 G95A1 und 3.104 G95KA1 wurden bereits 25 Millionen Euro freigegeben.
Mit dem G95 auf Basis des HK416 A8 erhält die Bundeswehr eines der modernsten Sturmgewehre seiner Klasse. Die Kombination aus Kurzhub‑Gasdruck, modularer AR‑15‑Architektur und konsequenter NATO‑Kompatibilität verspricht eine deutliche Leistungssteigerung gegenüber dem G36. Die hohe Präzision, die robuste Bauweise und die bessere Anbindung an digitale Zieloptiken werden den infanteristischen Fähigkeiten der Truppe zugutekommen. Allerdings bringt die Waffe mehr Gewicht und einen höheren Wartungsaufwand mit sich. Bis 2031 sollen alle Soldatinnen und Soldaten mit dem neuen Sturmgewehr G95 ausgestattet sein – ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der Bundeswehr.
FAQs zum Sturmgewehr G95
Wann wird das G95 eingeführt?
Die Bundeswehr erhält ab Ende 2025 die ersten Gewehre. Die Serienproduktion startet 2026; bis 2031 sollen alle Verbände ausgerüstet sein.
Was unterscheidet das G95A1 von der Kurzvariante G95KA1?
Der wesentlichste Unterschied liegt in der Lauflänge: Die Standardversion G95A1 besitzt einen 16,5‑Zoll‑Lauf und ist für die reguläre Infanterie gedacht; die G95KA1 nutzt einen 14,5‑Zoll‑Lauf und ist kompakter. Beide Varianten teilen sich die meisten Bauteile und das Zubehör.
Wie viel wiegt das G95?
Das Gewicht des G95A1 liegt ohne Magazin bei rund 3,6 kg. Mit Optik, Laser‑Licht‑Modul und voller Munition steigt das Gesamtgewicht auf etwa 6 kg.
Welche Munition verschießt das G95?
Es verwendet die NATO‑Standardpatrone 5,56 × 45 mm. Es kann Hartkern, Doppelkern, Weichkern, Übungs‑ und Manövermunition im Einzel‑ oder Dauerfeuer verschießen.
Was kostet ein G95?
Offizielle Einzelpreise werden nicht genannt. Der Gesamtvertrag über 118.718 Waffen und Zubehör hat ein Volumen von rund 209 Millionen Euro. Damit ergibt sich ein rechnerischer Stückpreis unter 2000 Euro.
Wie weit kann das G95 schießen?
Die effektive Kampfentfernung liegt je nach Optik und Munition bei bis zu 450 m, für präzises Unterdrückungsfeuer bis etwa 600 m. Mit hochwertiger Optik kann die Kurzversion G95K bei spezialisierten Kräften Reichweiten von bis zu 800 m erreichen.