Rüstungsindustrie

25. Jul. 2025 | 08:46 Uhr | von Stefan Weinzierl

Erfolg von Diehl Defence

IRIS-T SLM: Europas Antwort auf moderne Luftbedrohungen

Raketen, Drohnen, Marschflugkörper – die Luftbedrohung wächst rasant. Mit IRIS-T SLM von Diehl Defence steht Europa ein kampferprobtes System zur Verfügung, das Präzision, Mobilität und Kampferfahrung auf ein neues Level hebt.

Das Luftverteidigungssystem, oder klassisch "FlaRak"-System, IRIS-T besteht bei der Bundeswehr aus den Komponenten Gefechtsstand, Startgerät mit acht Lenkflugkörpern, Radargerät, Werkstattausstattung und Nachladefahrzeug.

Das Luftverteidigungssystem, oder klassisch "FlaRak"-System, IRIS-T besteht bei der Bundeswehr aus den Komponenten Gefechtsstand, Startgerät mit acht Lenkflugkörpern, Radargerät, Werkstattausstattung und Nachladefahrzeug. (Bild: Diehl)

Wie funktioniert das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM?

Ein System, das in zehn Minuten einsatzbereit ist und Ziele in über 20 Kilometer Höhe abfängt – IRIS-T SLM ist keine Zukunftsmusik, sondern Realität. Entwickelt von Diehl Defence, kombiniert es militärische Hightech mit europäischer Produktionskompetenz. Die Basis: der aus Luft-Luft-Raketen bekannte IRIS-T-Lenkflugkörper, weiterentwickelt für den bodengebundenen Start.

Das System agiert in der sogenannten mittleren Reichweite, also zwischen Kurzstreckensystemen wie Skynex und strategischen Schilden wie Patriot. Es ist dafür konzipiert, verschiedenste Bedrohungen abzufangen – von Jets über Drohnenschwärme bis hin zu ballistischen Kurzstreckenraketen.

Die Systemarchitektur von IRIS-T-SLM im Überblick

Eine Standard-Feuereinheit von IRIS-T SLM besteht aus:

  • Tactical Operations Centre (TOC): Zentrale für Kommando und Kontrolle.

  • Mittelbereichsradar TRML-4D: AESA-Technologie, bis zu 1.500 Ziele gleichzeitig.

  • Launcherfahrzeuge: Drei Fahrzeuge mit je acht vertikal startenden Raketen.

  • Nachlade- und Logistikmodule: Für autonome Wiederbefüllung in ca. 15 Minuten.

Diese Komponenten sind auf 20-Fuß-Containern montiert und dadurch vollständig mobil – transportierbar per LKW, Flugzeug oder Schiff. Entscheidend: In weniger als 10 Minuten ist eine Einheit einsatzbereit.

Warum gilt IRIS-T SLM als besonders effektiv?

Seit Oktober 2022 ist IRIS-T SLM in der Ukraine im Einsatz – und liefert eindrucksvolle Ergebnisse. Über 250 Luftziele, darunter Marschflugkörper und Drohnen, konnten erfolgreich abgewehrt werden. Die geschätzte Trefferquote: über 95 %.

Ein zentrales Merkmal: Salvenfestigkeit. Selbst bei koordinierten Angriffen mit mehreren Zielen, darunter auch Low-Cost-Drohnen, bleibt das System hochwirksam. Die Fähigkeit, hunderte Ziele gleichzeitig zu tracken, zeigt die Leistungsstärke des TRML-4D-Radars von Hensoldt.

Welche Rolle spielt IRIS-T SLM in der European Sky Shield Initiative (ESSI)?

Die 2022 gestartete European Sky Shield Initiative (ESSI) verfolgt ein klares Ziel: Aufbau eines gestaffelten Luftverteidigungsschirms über Europa. Dabei kommt IRIS-T SLM eine Schlüsselrolle zu.

Zwischen Systemen wie dem Kurzstrecken-Schutzschild Skynex und dem Langstrecken-Giganten Patriot füllt IRIS-T SLM die mittlere Reichweite – modular, vernetzt und kosteneffizient. Für Länder mit begrenztem Verteidigungsetat ist es damit ein zentraler Baustein für glaubhafte Abschreckung.

Besonderer Vorteil: Die vollständige Produktion in Europa garantiert Versorgungssicherheit – ein Faktor, der in geopolitisch angespannten Zeiten an Bedeutung gewinnt.

Was unterscheidet IRIS-T SLM von anderen Systemen?

Mobilität: Während klassische Systeme oft ortsgebunden sind, erlaubt die Containerlösung von IRIS-T SLM flexible Verlegung – ob per Flugzeug, Schiff oder Bahn.

Interoperabilität: Die Anbindung an NATO-Strukturen wie das ACCS oder GBAD C2 macht es kompatibel mit multinationalen Verteidigungslösungen.

Skalierbarkeit: Durch modulare Architektur lassen sich auch kleinere Einheiten für spezifische Schutzräume oder mobile Operationen einsetzen.

Technologische Souveränität: Produktion, Entwicklung und Wartung liegen vollständig in europäischer Hand – ein zunehmend relevanter Aspekt angesichts globaler Lieferkettenrisiken.

Welche Herausforderungen gibt es?

Trotz aller Vorteile gibt es auch Hürden:

  • Kosten: Ein IRIS-T SLM-System liegt im dreistelligen Millionenbereich – nicht jede Nation kann oder will das stemmen.

  • Lieferfähigkeit: Die Nachfrage steigt schneller als die Produktionskapazitäten. Ausbau der Fertigung bei Diehl Defence ist daher zwingend notwendig.

  • Schulung und Integration: Neue Nutzer benötigen Infrastruktur und Ausbildung – der Aufbau dauert mehrere Monate.

Welche Länder setzen auf IRIS-T SLM?

Das System überzeugt nicht nur in Kampfeinsätzen, sondern auch in internationalen Beschaffungsprozessen. Ein Überblick:

Bereits im Einsatz:

  • Deutschland: Erste Einheit seit 2024, sechs weitere bestellt.

  • Ukraine: Vier Systeme geliefert, zwei weitere für 2025 geplant.

  • Ägypten: Seit 2021 im aktiven Einsatz.

Bestellt oder in Lieferung:

  • Estland & Lettland: Gemeinsame Anschaffung, Auslieferung ab 2025.

  • Slowenien: Erste Einheit bestellt, weitere ab 2027 geplant.

  • Schweden: Sieben Systeme im Rahmen von ESSI (2028–2030).

  • Bulgarien: Parlamentsbeschluss zur Anschaffung erfolgt.

In Planung:

  • Schweiz: Entscheidung zu 4–5 Einheiten für 2025 erwartet.

  • Österreich: Acht Systeme im Rahmen von EU-Initiative JAMIE.

  • Litauen, Rumänien, Dänemark: Interesse im Rahmen der ESSI bestätigt.

Technische Fakten der Lenkwaffe von IRIS-T SLM

(Bild: Diehl Defence)
  • Länge: ca. 2,9 m
  • Geschwindigkeit: > Mach 3 (rund 1.020 m/s)
  • Reichweite: bis zu 40 km
  • Flughöhe: bis zu 20 km
  • Gefechtskopf: 11,4 kg Splitterladung
  • Zielerfassung: Infrarotsensor (IIR)
  • Navigation: INS, GPS, Datenlink, TVC

Die Kombination aus Infrarot-Zielsuchkopf und Thrust Vector Control erlaubt extrem präzise Zielverfolgung – selbst bei Störungen, Tarnung oder kleinen Radarquerschnitten.

Ein Vorteil gegenüber anderen Systemen: Die finale Zielansteuerung erfolgt nicht ausschließlich über Radar, sondern auch durch IIR-Technologie, wodurch Täuschkörper oder Nebel wenig Chancen haben.

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