Mit der Energiestrategie hat sich Deutschland ehrgeizige Ziele gesetzt und strebt bis 2035 eine nahezu klimaneutrale Stromversorgung an. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Integration erneuerbarer Energien deutlich erhöht und eine entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden. Die Rolle von Batterie-Energiespeichersystemen (BESS) ist dabei entscheidend gewachsen. Die Auswirkungen der US-Wahlen auf die Batterieindustrie und die Bestrebungen der Energiespeicherstrategie der Bundesregierung sind noch nicht in Gänze abschätzbar. Sicher ist jedoch, dass sie den Markt und zukünftige Förderprojekte beeinflussen werden. Für das Jahr 2025 lassen sich in diesem Zusammenhang folgende sechs Trends für die Batterieindustrie ableiten:
1: Anpassung an sinkende Energiepreise und Marktvolatilität
Sinkende Energiepreise, zumindest in einigen Märkten, üben Druck auf die Rentabilität von Batteriespeichersystemen (BESS) aus und der steigende Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung macht den Markt volatiler. Value Stacking, d.h. die gleichzeitige Optimierung von Batteriespeichern in verschiedenen Märkten, ist nach langen Vorhersagen zum Standard geworden.
Theoretisch sind hier hohe Erlöse möglich, allerdings nur mit erhöhter Komplexität im Betrieb und unter der Voraussetzung, dass das System reibungslos bei voller Leistung betrieben werden kann. Dieses Umfeld wird voraussichtlich zu einer Zunahme von Stromabnahmeverträgen (Power Purchase Agreements, PPAs) und Tolling Agreements führen, da BESS-Betreiber nach stabilen Erlösmodellen suchen, um Preisschwankungen auszugleichen. Generell werden sich die meisten Geschäftsmodelle im Bereich der Batteriespeicherung weiterentwickeln und die Erfahrungen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien angewendet werden.
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2: BESS-Landschaft und Batteriezellstoffe werden vielfältiger
Um der Forderung nach einer verbesserten und längeren Batterielebensdauer gerecht zu werden, spielt vor allem die Zellchemie eine wichtige Rolle. Lithium-Ionen-Batterien werden weiterhin dominieren, aber 2024 werden wir bereits mehr Projekte mit alternativen Technologien wie Eisen-Redox-Flow-Batterien oder Natrium-Ionen-Batterien sehen.
Diese Alternativen könnten die wachsende Nachfrage nach Anwendungen mit längerer Lebensdauer, niedrigeren Kosten und geringerer Leistungsdichte befriedigen und die BESS-Landschaft diversifizieren. Gleichzeitig bieten neue, ausgewählte Batteriechemien auch die Möglichkeit, die Sicherheit des Batteriebetriebs zu erhöhen und Risiken zu minimieren, was die Diskussion mit Versicherungspartnern und den Erhalt von Garantien erleichtern sollte.
Batteriespeicher auf Natrium-Ionen-Basis werden seit 2024 zunehmend als marktreife Produkte entwickelt und in den Markt eingeführt. Ihr Einsatz wird in Zukunft weiter zunehmen, jedoch wird diese Entwicklung zunächst in China stattfinden und vermutlich noch einige Zeit benötigen, um auch in Europa und Nordamerika Fuß zu fassen.
3: Langzeit-Energiespeicherung (LDES) und strategische Lastverschiebung
Da das Interesse an Langzeitspeichern (sechs bis acht Stunden und mehr) für die untertägige Lastverschiebung zunimmt, sind BESS-Lösungen, die längere Entladezeiten ermöglichen, gut positioniert. Dieser Trend zeigt sich auch darin, dass es bereits eine große Anzahl von 4-Stunden-Speichern auf dem Markt gibt. Kürzere Speicherdauern wie 1- und 2-Stunden-Systeme sind weiterhin verfügbar und stellen als aktueller Standard für die meisten Märkte die beste Lösung dar. Allerdings entwickeln sich 4-Stunden-Systeme langsam zu einem möglichen neuen Standard. Unerwarteterweise zeigt sich bei den Speichersystemen mit bis zu acht oder zehn Stunden Speicherkapazität, dass sich Lithium-Ionen als Technologie etabliert hat.
4: Nutzungsabhängige Garantien und Gewährleistungen
Flexible Garantien von Systemintegratoren gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie spiegeln einen Wandel in der Strukturierung von Garantien wider und bieten den Betreibern mehr Möglichkeiten zur Risikominderung und Absicherung. Diese Flexibilität ist besonders in einem volatilen und sich ständig verändernden Markt von Bedeutung, in dem längere Garantien und anpassbare Laufzeiten eine entscheidende wirtschaftliche Unterstützung bieten können. Für Integratoren stellen flexiblere Garantien jedoch auch eine zusätzliche Herausforderung dar, da verschiedene Szenarien berücksichtigt und simuliert werden müssen.
5: Effiziente Inbetriebnahme trotz regulatorischer Verzögerungen
Der langsame Fortschritt bei der Planung und Inbetriebnahme von Speichern stellt weiterhin eine große Herausforderung für die Projektentwickler dar. Um die Projektlaufzeiten zu verkürzen, werden Lösungen benötigt, die eine korrekte Einhaltung der zuvor kommunizierten Inbetriebnahmezeiten ermöglichen. Neue Systemdesigns, bei denen die gesamte Leistungselektronik bereits in die Batteriespeichercontainer integriert ist, erhöhen die Effizienz bei der Inbetriebnahme.
Darüber hinaus zeigt sich, dass Factory Acceptance Tests, also die Prüfung der Komponenten noch im Herstellerwerk, an Relevanz gewinnen und Speicherbesitzer hier bereits tiefer in die Qualitätsprüfung einsteigen wollen. Allerdings ist dies bisher ein Feld, das vor allem von größeren Speicherbetreibern angegangen wird. Die Politik und die Regulierungsbehörden sind sich der Problematik der langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren weitgehend bewusst und versuchen, dem entgegenzuwirken. Dies ist eine Herausforderung, die nicht nur Europa, sondern auch Nordamerika betrifft.
6: Auswirkungen regulatorischer Veränderungen
Die Ergebnisse der US-Wahlen könnten sowohl Änderungen bei den Zöllen auf ausländische Batterien mit sich bringen als auch die inländischen US-Steuervorteile verändern, was die Finanzierung von BESS-Projekten neu gestalten würde. Batterien könnten vermehrt in den USA anstatt in China produziert werden. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass viele chinesische Hersteller mit sehr geringen oder sogar negativen Margen arbeiten.
Der zusätzliche Preisdruck durch die Zölle könnte damit eine Konsolidierung im chinesischen Markt beschleunigen. Dennoch haben chinesische Hersteller einen deutlichen Vorteil bei der Herstellung von Batterien, da sie auf geringe Energiekosten und langjährige Expertise zurückgreifen können. Damit können chinesische Hersteller vermutlich noch auf lange Zeit und trotz unterschiedlicher regulatorischer Hindernisse wettbewerblich erfolgreich sein.
Egal wer die Batteriezelle am Ende liefert, mit dem schnell wachsenden Markt und sich stetig verändernden Technologien ist ein tiefes Verständnis des Verhaltens und der Vor- und Nachteile unterschiedlicher Zellchemien entscheidend. Simulationsmodelle können hier die strategische Batterieauswahl in einer sich verändernden Regulierungslandschaft sinnvoll unterstützen.
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Fazit
Das Jahr 2025 steht ganz im Zeichen der zunehmenden Komplexität des Betriebs und der Notwendigkeit, die maximale Speicherleistung zuverlässig bereitstellen zu können. Sinkende Energiepreise in einigen Märkten zwingen die Speicherbetreiber, sich vorrangig um stabile Erlösmodelle zu bemühen. Dies erhöht den Druck, das eigene System mit maximaler Leistung zu betreiben. So können schon kleine Prozentsätze in der Leistung einen großen Unterschied in der Wirtschaftlichkeit ausmachen.
Derzeit dominieren noch Lithium-Ionen-Batterien, aber Alternativen wie Natrium-Ionen-Batterien könnten 2025 die steigende Nachfrage nach Anwendungen mit längerer Betriebsdauer und geringerer Leistungsdichte befriedigen und die BESS-Landschaft vielfältiger gestalten. Gleichzeitig bietet das kommende Jahr größere Chancen für mehr Flexibilität durch nutzungsbasierte Garantien. Insgesamt bleibt abzuwarten, welche weitreichenden Auswirkungen die Trump-Administration und mögliche Zollerhöhungen auf den deutschen Markt haben werden.
überarbeitet von: Dietmar Poll