
Mit einem speziellen Ecodesign will Körber die Industriemaschinen-Welt verbessern. Durch innovative Techniken wird CO₂-Neutralität und Kreislaufwirtschaft zur greifbaren Realität – ein Meilenstein für nachhaltige Produktion. (Bild: Körber)
Michaela Thiel, Head of Sustainability bei der Körber AG, erklärt, wie sich das Unternehmen seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt. Im Jahr 2021 gab es einen entscheidenden Wendepunkt: Alle Geschäftsfelder des Konzerns, die zuvor unabhängig voneinander an Nachhaltigkeitsprojekten gearbeitet hatten, bündelten ihre Kräfte und starteten ein gemeinsames Programm unter dem Dach des sogenannten "Hauses der Nachhaltigkeit". Thiel betont: "Wir haben unsere Kräfte gebündelt, um uns auf wichtige Themen zu einigen, die für uns und unsere Stakeholder von Bedeutung sind. Dieses gemeinsame Engagement führen wir seitdem konsequent weiter."
Was steckt hinter Körbers Ecodesign-Ansatz?
Das Konzept des Hauses der Nachhaltigkeit umfasst insgesamt acht Fokusfelder, die sowohl ökologische als auch soziale Aspekte sowie eine verantwortungsvolle Unternehmensführung einschließen. Thiel erläutert, dass sich Körber in der Dimension Umwelt vor allem auf die Reduzierung von CO₂e-Emissionen, die Senkung des Energieverbrauchs und die Förderung der Kreislaufwirtschaft konzentriert.
Was ist das Kohlendioxidäquivalent (CO₂e)?
In der Treibhausgas-Bilanzierung liefert CO₂e eine präzisere Aussage als CO₂ allein, weil es die Treibhauspotenziale aller Treibhausgase abdeckt, die Wärme speichern und die Atmosphäre unseres Planeten erwärmen. In einem Zeitraum von 100 Jahren speichert Methan zum Beispiel 28 Mal mehr Wärme als CO₂ und hat damit ein Treibhauspotenzials (GWP) von 28 CO₂e.
"Wir müssen uns die Frage stellen, wo wir als Industrieunternehmen Emissionen verursachen und welche Maßnahmen wir ergreifen können, um diese zu reduzieren", erklärt sie. Dabei war der erste große Schritt die Verpflichtung des Unternehmens, bis 2025 CO₂e-neutral in der eigenen Produktion zu werden. Darüber hinaus hat sich Körber dazu verpflichtet, in der gesamten Wertschöpfungskette ‚Net Zero‘-CO₂e-Emissionen bis 2040 zu erreichen.


"Es reicht nicht aus, sich nur auf die eigene Produktion zu konzentrieren. Wir müssen auch Einfluss auf unsere Lieferkette nehmen und die Nutzung unserer Produkte bei den Kunden berücksichtigen", sagt Michaela Thiel, Head of Sustainability bei der Körber AG.
90 Prozent der Emissionen entstehen in der vor- und nachgelagerten Lieferkette
Thiel erklärt weiter, dass es im Rahmen der Analyse der CO₂e-Emissionen schnell deutlich wurde, dass der größte Teil der Emissionen nicht direkt aus der eigenen Produktion stammt. Stattdessen entstehen über 90 Prozent der Emissionen in der vor- und nachgelagerten Lieferkette, also in sogenannten Scope-3-Emissionen. "Diese Erkenntnis hat unsere Nachhaltigkeitsstrategie stark geprägt. Es reicht nicht aus, sich nur auf die eigene Produktion zu konzentrieren. Wir müssen auch Einfluss auf unsere Lieferkette nehmen und die Nutzung unserer Produkte bei den Kunden berücksichtigen", sagt sie.
Wie wird CO2-Neutralität in Maschinenbau umgesetzt?
Ein zentraler Hebel, um diese Emissionen zu reduzieren, liegt in der Designphase der Produkte. Bernhard Gerl, Manager Center of Excellence Ecodesign bei der Körber AG, erklärt: "Wir haben 2022 eine eigene Ecodesign-Richtlinie entwickelt. Damit haben wir erstmals festgelegt, wie wir bereits beim Produktdesign Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen können." Ein wichtiger Schwerpunkt dieser Richtlinie ist es, Produkte so zu gestalten, dass sie weniger Energie verbrauchen, länger haltbar sind und einfacher repariert werden können. "Unsere Maschinen sind in der Regel modular aufgebaut, was ihre Reparierbarkeit erleichtert. Das trägt zur Verlängerung der Lebensdauer bei und unterstützt die Kreislaufwirtschaft", erklärt Gerl.
Warum setzt Körber auf innovative Produktionstechniken?
Ein weiterer zentraler Aspekt der Ecodesign-Richtlinie ist die Berechnung der CO₂e-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine. "Wir entwickeln derzeit eine Methodik für Life Cycle Assessments, um die Umweltauswirkungen unserer Produkte zu quantifizieren", berichtet Gerl. Dabei werden nicht nur die Emissionen berücksichtigt, die während der Produktion entstehen, sondern auch der Energieverbrauch der Maschinen beim Kunden sowie die Emissionen, die beim Transport der Maschinen anfallen.
Weil über 90 Prozent der Emissionen des Körber-Konzerns in Scope 3 fallen, bedeutet das für Gerl, dass wir großen Einfluss auf die Emissionen unserer Produkte nehmen können, indem wir bereits in der Designphase entsprechende Maßnahmen ergreifen", erklärt er. Ein großer Hebel sei dabei die Materialauswahl. "Wir arbeiten mit einem Lieferanten daran, den Kunststoff POM durch ein recyceltes Material zu ersetzen. Solche Maßnahmen tragen dazu bei, die Umweltauswirkungen unserer Produkte zu reduzieren", sagt Gerl.
Reduktion des Materialverbrauchs als Beitrag zur Nachhaltigkeit
Thiel ergänzt, dass auch die Reduktion des Materialverbrauchs ein zentraler Hebel ist. "Der größte Beitrag zur Nachhaltigkeit ist, wenn wir Ressourcen gar nicht erst verbrauchen. Deshalb prüfen wir frühzeitig, ob alle Komponenten in einem Produkt wirklich notwendig sind", erklärt sie. Ein weiteres Beispiel sei die Integration von Energierückgewinnungssystemen in Maschinen. "Bei einer Palettiermaschine haben wir ein System entwickelt, das durch das Senken des Aufzugs Energie zurückgewinnt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der digitale Produktpass. "Der digitale Produktpass wird in Zukunft eine große Rolle spielen, um die Lieferkette nachverfolgen zu können. Wir als Maschinenhersteller werden solche Produktpässe bereitstellen müssen", erklärt Gerl. Dies sei besonders wichtig, um die Reparierbarkeit der Maschinen zu erleichtern. "Unsere Kunden sollen über eine Online-Plattform Informationen zu unseren Maschinen, Umweltauswirkungen und Empfehlungen abrufen können."


"Wir haben im vergangenen Jahr Trainings zum Life Cycle Assessment gemacht, damit die Mitarbeiter sich einarbeiten, wie Emissionen überhaupt berechnet werden, um dann auch in ihren Konstruktionen dieses Wissen einfließen lassen zu können, was Material, Energie und auch Verwendung anbelangt", sagt Bernhard Gerl, Manager Center of Excellence Ecodesign bei der Körber AG.
Einfluss auf Emissionen bereits in der Designphase
Thiel betont, dass der größte Hebel zur Reduzierung von Umweltauswirkungen in der Designphase liege. "Produktlebenszyklusanalysen haben gezeigt, dass 80 Prozent der Umweltauswirkungen von Produkten bereits in der Entwicklungs- und Designphase entschieden werden", erklärt sie. Daher engagiert sich Körber intensiv in der Ecodesign-Initiative, um seine ‚Net Zero‘-Ziele in der gesamten Wertschöpfungskette zu verwirklichen.
Abschließend gehen Thiel und Gerl auf die Bedeutung von Schulungen ein. "Wir haben spezielle Trainings entwickelt, um unsere Mitarbeiter im Bereich Life Cycle Assessment weiterzubilden", sagt Gerl. Ziel sei es, das Bewusstsein für nachhaltige Praktiken zu stärken und sicherzustellen, dass diese in der gesamten Wertschöpfungskette angewendet werden.
Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Energieeffizienz gefordert
So seien auch Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Energieeffizienz miteinander zu vereinbaren. Dazu erläutert Gerl: „Wir haben im vergangenen Jahr Trainings zum Life Cycle Assessment gemacht, damit die Mitarbeiter sich einarbeiten, wie Emissionen überhaupt berechnet werden, um dann auch in ihren Konstruktionen dieses Wissen einfließen lassen zu können, was Material, Energie und auch Verwendung anbelangt.“
In diesen Trainings gehe es auch um Methoden, wie man Reparierbarkeit unterstützen könne. „Bauteile müssen leicht zu demontieren sein, es dürfen nur wenig Spezialwerkzeug notwendig sein und es soll sich möglichst um monomateriale oder leicht trennbare Verbindungen handeln. Diese Aspekte sind in unserer Guideline enthalten“, betont Gerl. Damit solch eine Guideline nicht nur ein Dokument sei, sondern auch wirklich Anwendung findet, seien Schulungen essenziell dafür.
"Nachhaltigkeit ist kein Selbstläufer", fasst Thiel zusammen. "Es erfordert ständige Anstrengungen und die Zusammenarbeit aller Beteiligten." Gerl ergänzt: "Wir haben auch erste Erfahrungen mit der Rücknahme von Maschinen gemacht. Wenn ein Kunde eine gebrauchte Maschine hat, bieten wir die Möglichkeit, diese zu modernisieren und wieder in Betrieb zu nehmen."
Circular Valley Convention: Die Plattform für industrielle Kreislaufwirtschaft

Die Circular Valley Convention, organisiert von der Messe Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Circular Valley Stiftung und dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht, findet vom 12. bis 13. März 2025 im Areal Böhler in Düsseldorf statt.
Die internationale Veranstaltung vereint Entscheidungsträger aus Industrie, Start-ups, Forschung, Politik und Gesellschaft, um innovative Lösungen und Geschäftsmodelle für eine nachhaltige Zukunft zu präsentieren. Die Convention umfasst hochkarätige Konferenzen, eine Expo und exklusive Events und bietet Raum für Wissensaustausch und Networking.
Als offizieller Medienpartner ist neue verpackung natürlich auch vor Ort präsent: Neben einem Stand im Ausstellungsbereich moderiert Chefredakteur Philip Bittermann am 12. März ein Panel zum Thema „How digitalization makes the cycle possible“.
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Wechsel von konventionellem Strom auf Grünstrom
Körber hat bereits in verschiedenen Bereichen Fortschritte erzielt. "Wir haben den Wechsel von konventionellem Strom auf Grünstrom geschafft und arbeiten daran, unsere Flotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen", erklärt Thiel. Allerdings sei dies nicht an jedem Standort sofort umsetzbar. "Es gibt Regionen, in denen Grünstrom noch nicht verfügbar ist", sagt sie.
Zusätzlich arbeitet Körber eng mit Lieferanten zusammen, um den CO₂e-Fußabdruck der eingekauften Waren und Dienstleistungen zu reduzieren. Ein Beispiel hierfür ist eine Partnerschaft mit einem Lieferanten, der Edelstahl mit einem höheren Recyclinganteil liefert. "Wir haben Studien durchgeführt, um herauszufinden, welche Materialien den geringsten CO₂e-Fußabdruck haben. Dies hilft uns, die richtige Auswahl zu treffen", erklärt Gerl.
Ein weiteres Projekt betrifft die Entwicklung von Verpackungsmaterialien. "Wir haben uns mit Lieferanten zusammengesetzt, um alternative Materialien zu finden. So haben wir zum Beispiel Graspapier als Verpackungsmaterial getestet", berichtet Thiel. Sie betont, dass es wichtig sei, in der gesamten Lieferkette innovative Lösungen zu finden.
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Wissenstransfer als Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit
"Ein wichtiger Faktor bei all diesen Maßnahmen ist das Thema Wissenstransfer," sagt Thiel. Körber habe Programme ins Leben gerufen, um sicherzustellen, dass das Wissen über nachhaltige Praktiken im gesamten Unternehmen verbreitet wird. "Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Mitarbeiter in der Lage sind, Nachhaltigkeitsaspekte in ihren täglichen Aufgaben zu berücksichtigen. Das betrifft sowohl technische Aspekte als auch Fragen der Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden", erläutert sie.
Zusammenfassend betont Thiel, dass der Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft viele Herausforderungen mit sich bringt. "Wir haben bereits viel erreicht, aber es gibt noch viel zu tun. Nachhaltigkeit erfordert ständige Anpassung und Innovation. Wir sind bereit, diesen Weg weiterzugehen", sagt sie. Gerl stimmt zu: "Unser Ziel ist es, nicht nur unsere eigenen Prozesse zu verbessern, sondern auch unsere Kunden dabei zu unterstützen, nachhaltiger zu wirtschaften. Das ist ein gemeinsames Ziel, das wir nur zusammen erreichen können."
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