Künstliche Intelligenz ist aktuell in aller Munde – wie groß ist der momentane Hype in der Robotik-Branche?
Michael Mayer-Rosa: Heute stehen wir an einem Punkt, an dem KI allgemein in vielen Bereichen bereits praktische Anwendungen findet, wie zum Beispiel ChatGPT oder andere Software, die uns das Leben vereinfachen wird. Zugleich steckt KI nach wie vor in den Kinderschuhen, was ihr volles Potenzial angeht. Der momentane Hype ist aber riesig, da KI das Potenzial hat, auch die Robotik-Branche grundlegend zu verändern. Viele sehen darin die nächste große Revolution in der Technologie, vergleichbar mit der Einführung des Internets. Ziel KI-gestützter Robotik ist eine gegenüber herkömmlicher Robotik nochmals deutlich höhere Effizienz durch noch mehr Zeit- und Kosteneinsparung in der Automatisierung.
Was sind allgemein die Herausforderungen beim Einsatz von KI in der Robotik?
Mayer-Rosa: Zu den größten Herausforderungen gehören die Gewährleistung von Sicherheit und Zuverlässigkeit, die Komplexität der Datenverarbeitung und die Integration in bestehende Systeme sowie ethische und rechtliche Bedenken. Letzteres sehe ich als am kritischsten an.
Auf dem Weg von der Theorie in die Praxis gibt es zudem einige Hürden zu bewältigen. Bei komplexen Anwendungsfällen einige Zeit vergehen, bis sie es in die Produktion schaffen. Viele erfolgreiche Projekte wie z.B. ChatGPT sind jedoch der Beweis dafür, dass praktische KI gut geeignet ist, um aktuelle Herausforderungen zu bewältigen und in unsicheren Zeiten Kontinuität zu gewährleisten.
Bei Künstlicher Intelligenz den Durchblick behalten!
Das ist nicht immer einfach, doch wir wollen es Ihnen leichter machen! Daher haben wir für Sie einen praktischen Überblick zu den wichtigsten Fragen erstellt: "Künstliche Intelligenz - verständlich erklärt". Damit können Sie Ihr KI-Wissen auffrischen.
Anwendungsbeispiele, Einordnungen und vieles mehr finden Sie in unserem Fokusthema KI.
Was ist der Unterschied zwischen konventionellen und KI-basierten Cobots?
Mayer-Rosa: Im Gegensatz zu konventionellen Cobots nutzen KI-basierte Cobots maschinelles Lernen und adaptive Algorithmen, um ihre Aufgaben autonom zu optimieren und komplexere Interaktionen zu ermöglichen. Hierzu benötigt es nicht nur eine KI, sondern auch leistungsfähige CPUs wie zum Beispiel Chips von Nvidia und ein gutes Vision-System, denn ohne dies ist die KI blind und zu langsam.
Cobots übernehmen heute bereits vielfältige Aufgaben in der Produktion. Mit dem Einzug der KI in diesen Markt dürften neue Einsatzbereiche hinzukommen oder die Nutzung in bestehenden Bereichen verbessert werden.
Können Sie Beispiele für diese Aufgaben nennen?
Mayer-Rosa: In der Automobilindustrie kommen Cobots beim Montieren von Kleinteilen oder Kleben und Abdichten von Karosserieteilen zum Einsatz. Durch ihre Präzision tragen sie zur Verbesserung der Produktqualität bei.
In der Elektronikfertigung sind Cobots mittlerweile unverzichtbar beim Bestücken und Löten von größeren Bauteilen auf Leiterplatten oder dem Verpacken von Endprodukten. Sie lassen sich flexibel und schnell auf verschiedene Aufgaben umstellen und gewährleisten eine konstant hohe Produktqualität, da sie auch bei hohem Arbeitstempo präzise und fehlerfrei arbeiten.
In der Lebensmittelproduktion helfen Cobots, die strengen Hygienevorschriften einzuhalten beim Sortieren und Verpacken und sogar bei der Zubereitung und Verarbeitung von Lebensmitteln.
Lassen Sie sich von KI-Anwendungsbeispielen inspirieren!
Theorie ist gut, Praxis ist besser. Die Redaktion sucht immer wieder nach interessanten Anwendungsbeispielen und stellt sie Ihnen vor. Finden Sie Ihre KI-Idee:
- Wie Künstliche Intelligenz die Laserbearbeitung optimiert
- Maschinenbau: So bewährt sich KI im Praxiseinsatz
- Das kann künstliche Intelligenz in der Robotik (noch nicht)
- Bosch setzt auf generative KI in der Produktion
Alle Artikel zu künstlicher Intelligenz und Implementierungsmöglichkeiten in der Industrie finden Sie in unserem zugehörigen Fokusthema.
Welche KI-Technologien sind für Cobots sinnvoll?
Mayer-Rosa: Sinnvoll sind Technologien wie maschinelles Lernen, Integration in Vision-Systeme, aber auch eine Art von Fühlen/Tasten - nicht Gefühle - ist wichtig, da sie die Interaktion und Anpassungsfähigkeit der Cobots erheblich verbessern können. Mit einem guten, integrierten Vision-System lässt sich die Umgebung optisch absichern, indem die KI entscheidet, ob gerade ein Mensch oder ein Fahrzeug auf die Maschine oder den Arbeitsbereich zukommt. Ziel bei diesem Anwendungsfall ist, für ein hohes Niveau an Arbeitssicherheit zu sorgen und zugleich den Produktionsprozess nicht zu stören.
Cobots profitieren generell von KI, indem sie intelligenter und flexibler agieren können, sodass sie komplexere und variablere Aufgaben übernehmen können, ohne viel Programmieraufwand. Cobots, die künftig verstärkt KI-gestützt arbeiten werden, lassen sich flexibel, schnell und einfach programmieren und sind in der Lage, eine Vielzahl von Aufgaben zu übernehmen, die bislang von Fachkräften ausgeführt wurden. Dadurch entlasten sie die Fachkräfte und ermöglichen es ihnen, sich auf strategisch wichtige Aufgaben zu konzentrieren.
Welche KI-Technologien sind eher nicht sinnvoll?
Mayer-Rosa: Technologien, die hohe Rechenleistung und lange Trainingszeiten erfordern, wie Deep Learning in großem Maßstab, könnten weniger sinnvoll sein, wenn sie nicht effizient und kostengünstig integriert werden können. Alle diese Innovationen sollen zugleich ja auch bezahlbar sein in der Produktion. Sicherlich gibt es Anwendungen für das Deep Learning, diese sehe ich Stand heute eher in der Forschung und in speziellen Branchen.
Was muss sich noch ändern, damit die KI-basierte Robotik in der Fertigung genutzt werden kann?
Mayer-Rosa: Es bedarf zuerst mal besserer Standards für Sicherheit und Interoperabilität, effizienterer Algorithmen, die in Echtzeit arbeiten können, und klarer rechtlicher Rahmenbedingungen, um den Einsatz von KI in der Fertigung sicher und vertrauenswürdig zu gestalten. Es muss uns klar sein, dass wir, wenn wir diese KI-Technologie einsetzen, diese auf irgendeine Art kontinuierlich dazu lernen wird, zum Beispiel wie wir produzieren und wie unsere Produkte im Inneren aussehen, sogar wie unsere Produktionsprozesse aussehen – hier ist das Risiko von Datenlecks zu sehen, die verheerenden Schaden verursachen können.
Ich stelle man die Frage in Raum: Wer würde einen KI-basierten Roboter - mit Vision-System - aus China bei sich in der Fertigung einsetzen? Man kann davon ausgehen, dass die in China gefertigten Cobots mit KI sehr günstig sein werden wie die aktuellen Modelle mit Vision-Systemen, damit sie in möglichst vielen Anwendungen zum Einsatz kommen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Cobots in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Mayer-Rosa: Im Bereich des Maschinenbaus und der Automatisierungstechnik ist die kollaborative Robotik eine der am stärksten wachsenden Branchen. Die Marktforscher von Interact Analysis prognostizieren eine jährliche Wachstumsrate von rund 20 Prozent bis 2032. Mit unseren Cobots der D-Bot-Serie wollen wir diese Nachfrage befriedigen und unsere Kunden dabei unterstützen, ihre Produktionsprozesse zu optimieren, die Effizienz in der Fertigung zu steigern und dem Arbeitskräftemangel in vielen Branchen entgegenzuwirken.
Die Zukunft der Cobots in den nächsten fünf bis zehn Jahren ist also vielversprechend und geht ganz klar in Richtung kollaborativer Cobots und humanoider Robotik, vor allem in der Fertigung. Im Privatsektor dürften sich humanoide Roboter noch nicht so schnell etablieren, da es hier noch viel höhere Hürden geben wird, was das Thema Sicherheit angeht. Das Potenzial ist jedoch enorm und der Hype nicht unbegründet.