Mobilität der Zukunft

Wir werden auch in der Zukunft mobil sein. Aber wie? Die Fachzeitung Produktion hat Experten gefragt.- (Bild: Daimler)

Nach dem Frühstückskaffee steht das Elektrofahrzeug schon vor der Tür. Das selbstfahrende Auto weiß anhand der Kalendereinträge des Fahrers, dass es heute nicht ins Büro geht, sondern zu einem Meeting in die Innenstadt. Nahezu lautlos setzt es sich dank seines elektrischen Antriebs in Bewegung.

Nachdem es seinen Fahrer abgesetzt hat, fährt es selbstständig zur nächsten Ladestation, um die Batterien zu füllen. So oder so ähnlich skizzieren Zulieferer und Hersteller von Elektroautos, Telekommunikationsanbieter und Autoexperten die vernetzte Mobilität der Zukunft.

Mit diesen Visionen von automatisiertem Fahren einher geht jedoch ein dramatischer Wandel der Geschäftsmodelle traditioneller Autobauer. Die E-Mobilität und das autonome Fahren könnten die Gefüge an den internationalen Automobilmärkten massiv durcheinanderwirbeln.

Der Elektromotor ist kein Differenzierungsmerkmal

Dafür spricht allein schon der Blick auf die Antriebstechnologie der E-Mobilität. Elektroautos haben grob betrachtet drei Kerneinheiten: Den Elektromotor, die Batterie und das Batteriemanagement. Dabei ist der Elektromotor – ganz im Gegensatz zum Verbrennungsmotor – reine Massenware und kein Differenzierungsmerkmal.

Die Batterie indes ist ein hochkomplexes und teures System. Dessen Produktion lohnt sich für die OEMs aktuell allerdings nicht, weil die Stückzahlen fehlen. Zumal der Zug für eine groß angelegte deutsche Batterieproduktion ohnehin schon weitestgehend abgefahren sein dürfte – ein Blick auf die gut am Markt etablierten asiatischen Player genügt. Bleibt noch das recht komplexe Batteriemanagement von Elektroautos, das viele OEMs in Eigenregie machen.

Anders formuliert, bedeutet das für die Elektromobilität: Die Komponenten eines Elektrofahrzeugs können alle zugekauft und müssen nur zusammengebaut werden. Von Wertschöpfungstiefe kann man bei Elektroautos also nicht sprechen, sondern eher von 10 bis 15 % Montage. Was also können die Automobilkonzerne tun, um weiterhin markendifferenziert mit E-Autos im Markt zu sein? Aktuell profilieren sich Daimler, VW und Co. noch mit Markennamen und Qualitätsversprechen im Sinne von Touch & Feel. Bei den autonomen Fahrfunktionen wird es jedoch keine Differenzierungsmöglichkeiten geben.

"Das Auto wird in unserer Gesellschaft einen völlig neuen Stellenwert erhalten. Es wird zu einem Puzzle-Teil in einem komplett vernetzten Mobilitäts-Ökosystem." Olvier Bahns, T-Systems

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Ohnehin wird die wesentliche Frage sein, wer in Zukunft die Kundenbeziehung hat. In einer „Shared Mobility“, in der Autofahrer kein eigenes Auto mehr kaufen, sondern nur noch Nutzer von Carsharing sind, ist der OEM nicht mehr unbedingt der erste Ansprechpartner. Vielmehr ‚kauft‘ der Autofahrer einen Service in einer ganz neuen Infrastruktur – beispielsweise von Uber. Vergleichbar ist das mit dem Kauf eines Flugtickets. Das kaufen Passagiere ja schon heute nicht bei Airbus oder Boeing, sondern bei Lufthansa oder Air France.

Autobauer bald Device-Manufacturer?

Und es interessiert den Reisenden in der Regel nicht, ob er in einem Airbus oder in einer Boeing sitzt. Daraus ergibt sich die Frage, ob einzelne Automobilmarken so stark sein können, dass in Zeiten reiner Elektromobilität und Carsharing die Marke weiter im Vordergrund stehen wird. Oder ob die Hersteller am Ende Device-Manufacturer sind, die einem Mobility Provider lediglich Fahrzeuge zur Verfügung stellen.

Wer auf jeden Fall in Zukunft gut verdienen wird, sind die Telekommunikationsunternehmen. Schließlich geht beim autonomen Fahren nichts ohne schnelle Datenübertragung. 5G-Geschwindigkeit sollte es schon sein. Und mit dem schnellen Datentransfer verdienen T-Systems, Vodafone und Co. gutes Geld. Von der Elektromobilität profitieren dürften aber auch die Anbieter der Ladeinfrastruktur. Denn E-Autos laden sollte in Zukunft ja schließlich immer und überall möglich sein.

Aber natürlich drängen sich auch Zweifel an der Marktfähigkeit autonomer Fahrzeuge und der gesamten Elektromobilität auf. Schließlich macht Fahren ja auch Spaß und es besteht die durchaus berechtigte Sorge vor Datenmissbrauch und permanenter Überwachung. Vielleicht sollten wir uns jedoch bei all den Gedanken über Fahrer und Fahren etwas von unserer europäischen Sichtweise verabschieden. In asiatischen Gigastädten macht selbst Fahren ohnehin den wenigsten Menschen Freunde, Chauffeur-Dienste mit oder vielleicht auch bald ohne Fahrer erfreuen sich großer Beliebtheit, während der Grad der Luftverschmutzung nach einer neuen Lösung schreit. Und hier scheint die Elektromobilität das Mittel der Wahl zu sein.

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