Der Münchner Autohersteller BMW muss für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024 einen Gewinneinbruch hinnehmen.

Der Münchner Autohersteller BMW muss für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024 einen Gewinneinbruch hinnehmen. (Bild: nmann77 - stock.adobe.com)

Jetzt hat es auch BMW erwischt: Der Münchner Autobauer muss für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Gewinneinbruch hinnehmen. Nach Steuern verdiente der Konzern 7,7 Milliarden Euro. Das klingt viel, ist aber 37 Prozent weniger als im Vorjahr und bereits der zweite deutliche Rückgang. Neben schwächelnden Verkäufen in China litten die Münchner auch unter Problemen mit Bremsen des Zulieferers Continental.

Auch der Umsatz musste einen deutlichen Dämpfer hinnehmen. 142 Milliarden Euro bedeuten ein Minus von 8,4 Prozent. Für das laufende Jahr rechnet BMW jedoch mit einer steigenden Nachfrage. Trotz der „herausfordernden“ Situation und der jüngsten Zollerhöhungen durch die USA soll das Ergebnis vor Steuern wieder auf dem Niveau von 2024 liegen. Eine Prognose für das Ergebnis nach Steuern gibt BMW nicht ab.

BMW steht mit seinem Gewinneinbruch nicht alleine da. Auch die beiden anderen großen deutschen Autokonzerne Volkswagen und Mercedes-Benz meldeten ähnliche Einbrüche. Bei VW ging der Umsatz um 31 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro zurück, bei Mercedes um 28 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Auch sie klagen unter anderem über das schwierige Umfeld in China.

Stecken die deutschen Autobauer also tief in der Krise? Das kommt auf den Blickwinkel an: Geld oder Zukunft.

Noch wird gut verdient

Um die Frage nach der finanziellen Situation richtig zu beurteilen, lohnt es sich, den Blick zu weiten. Man dürfe die aktuellen Ergebnisse nicht nur mit denen der vergangenen Jahre vergleichen, sagt Branchenexperte Frank Schwope, der an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln und Hannover Automobilwirtschaft lehrt.

„Wir sehen im Moment eine Normalisierung nach einer Sondersituation mit bisher nicht gekannten Profiten. Nach dem ersten Corona-Einbruch 2020 gab es in den folgenden Jahren - insbesondere durch den Chip- beziehungsweise Fahrzeugmangel - kaum Rabatte und eine Verschiebung hin zu teureren Modellen“, erklärt er. „Das brachte den Herstellern wie VW, Mercedes oder BMW exorbitant hohe Margen ein, die normalerweise so nicht zu erreichen sind.“

Das lässt sich auch an den Zahlen von BMW ablesen: Der bisherige Rekordgewinn von 18,6 Milliarden Euro stammt aus dem Jahr 2022. In den Jahren 2021 und 2023 waren es jeweils über 12 Milliarden. Dagegen sieht das aktuelle Ergebnis mickrig aus. Doch bevor diese drei Sonderjahre den Maßstab veränderten, lag der alte Rekordgewinn aus dem Jahr 2017 bei 8,7 Milliarden. Selbst wenn man die Inflation berücksichtigt, sieht das aktuelle Ergebnis von 7,7 Milliarden im Vergleich gar nicht so schlecht aus.

So sieht das auch Schwope, der sich damit aber auf alle drei großen Konzerne bezieht: „Die aktuellen Zahlen sind nicht schlecht. Sie sehen nur im Vergleich mit den Sonderjahren schlecht aus“, sagt er. Von Krise will er deswegen nicht sprechen. „Natürlich kommt es immer darauf an, wie man Krise definiert, aber ich denke da eher an Zeiten, in denen beispielsweise VW in die roten Zahlen gerutscht ist.“ Die aktuellen Zahlen jedenfalls seien kein Grund, zu jammern.

 

Branche blickt mit Sorge in die Zukunft

Das sei aber kein Grund zur Entwarnung: Die Zeiten seien herausfordernd, die Hersteller hätten „Sorge vor einer drohenden Krise und tun gut daran, die Strukturen frühzeitig wetterfest anzupassen“, sagt Schwope.

VW hat dies bereits getan: Unter anderem soll bei der Kernmarke VW Pkw bis 2030 fast jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland wegfallen. Auch Mercedes will in den kommenden Jahren die Kosten um mehrere Milliarden Euro senken und hat ein Abfindungsprogramm angekündigt. Die Liste ließe sich fortsetzen: Bei Porsche stehen 1900 Stellen auf der Streichliste, bei Ford in Deutschland 2900. Auch bei den Zulieferern wird gestrichen oder abgebaut: Bosch, Schaeffler, ZF, Continental, ThyssenKrupp - um nur einige zu nennen.

Diese Sorgen spiegeln sich auch in der Stimmung in der Branche wider. Und die ist schlecht - vor allem, wenn man die Zulieferer mit einbezieht. Der vom Münchner Ifo-Institut erhobene Geschäftsklimaindex für die Autoindustrie liegt derzeit mit knapp 35 Punkten tief im Minus.

Immerhin: BMW kann sich dem ein Stück weit entziehen: Die Stammbelegschaft ist zuletzt leicht gestiegen.

Verwerfungen stehen an

Auch die Unternehmensberatung AlixPartners sieht die globale Automobilindustrie besonders von Disruptionen betroffen. Die größten Probleme seien gestörte Lieferketten, steigende Materialkosten und zunehmende Unsicherheiten in den internationalen Handelsbeziehungen. Letztere werden nicht zuletzt durch die Zollpläne von US-Präsident Donald Trump bedroht.

Hinzu kommen relativ hohe Personal- und Energiekosten im eigenen Land. Und dann ist da noch China: Einerseits ist der weltgrößte Markt, der lange Zeit für rasantes Wachstum und hohe Gewinne sorgte, deutlich schwieriger geworden. Zum anderen wird die Konkurrenz von dort immer stärker - vor allem im immer wichtiger werdenden Bereich der Elektromobilität.

Letztere ist auch ein Problemfeld für sich. Noch machen die reinen Elektroautos nur einen relativ kleinen Teil des Absatzes der Konzerne aus, und das Nebeneinander von Verbrennern, Hybriden und reinen Elektroautos macht vieles komplizierter. Und der Absatz von Elektroautos kommt bei den meisten Herstellern nicht so recht voran. BMW steht zwar deutlich besser da als die anderen deutschen Hersteller und konnte den Absatz im vergangenen Jahr deutlich steigern. Doch auch die 427.000 verkauften E-Fahrzeuge machen noch nicht einmal ein Fünftel der eigenen Gesamtproduktion aus.

Dennoch bezeichnet BMW sie als wichtigsten Wachstumstreiber. Zusätzlichen Schub soll die neue Klasse bringen. Ihr erstes Serienfahrzeug soll Ende 2025 in Produktion gehen. Auch dafür hat BMW im vergangenen Jahr viel Geld in die Hand genommen. Insgesamt gab der Konzern 18 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus.

dpa

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