Zum dritten Mal binnen kurzer Zeit muss Daimler Tausende Diesel-Autos zurückrufen - und bringt damit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf die Palme. "Der neue Daimler-Vorstandsvorsitzende Ola Källenius hat mir vor Monaten versichert, dass er bei unzulässigen Abgastechniken reinen Tisch machen wird", sagte Scheuer der 'Bild am Sonntag'. "Leider ist das Gegenteil der Fall."
Daimler hatte am Freitagabend mitgeteilt, Hunderttausende weitere Diesel-Fahrzeuge wegen einer unzulässigen Abgastechnik zurückrufen zu müssen. Einen entsprechenden Rückrufbescheid habe das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erlassen. Die Rede war von einer mittleren sechsstelligen Anzahl Mercedes-Benz-Fahrzeugen in Europa, die mit dem schon etwas älteren Euro-5-Dieselmotor mit der Bezeichnung OM651 unterwegs sind.
Genauere Angaben machte Daimler nicht. Der Motor steckt jedoch in einer ganzen Reihe von Mercedes-Fahrzeugen quer durch die Modellpalette. Es handelt sich aber um ein älteres Modell, das in aktuellen Baureihen nicht mehr zum Einsatz kommt. "Die Produktion der Fahrzeuge ist spätestens im Juni 2016 ausgelaufen", betonte Daimler. Zu den jetzt betroffenen Fahrzeugen gehören auch rund 260.000 Transporter des Modells Sprinter. Dass das KBA diese im Visier hat, war bereits eine Woche zuvor bekanntgeworden.
Wie reagiert die Politik?
Scheuer kritisierte die Haltung des Autobauers, die dem Motto folge: "Wir haben manipuliert, aber Behörden, sucht mal schön den Fehler selbst." Der Minister sprach von "Trickserei" und "Salamitaktik". "Ich empfinde den aktuellen Rückruf von 260 000 Sprinter-Mercedes-Dieselfahrzeugen als Vernebelungsaktion, wenn nach Daimler-Angaben selbst eine mittlere sechsstellige Zahl an Mercedes-Benz-Fahrzeugen in Europa betroffen sind", sagte Scheuer. Daimler müsse dem Kraftfahrt-Bundesamt Daten und Zahlen selbstständig liefern. Ein Daimler-Sprecher wollte die Aussagen des Ministers nicht kommentieren.
Das KBA hatte dem Autobauer schon 2018 auferlegt, gut 680.000 Diesel-Fahrzeuge zurückzurufen; im Juni dieses Jahres kamen dann noch einmal rund 60 000 Geländewagen des Typs Mercedes-Benz GLK dazu. Nach Ansicht der Behörden ist darin eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung im Einsatz. Daimler ist der Auffassung, dass seine Abgastechnik rechtlich in Ordnung sei, und will gegen den Rückrufbescheid vom Freitag wie auch gegen die vorherigen Widerspruch einlegen.
Daimler will mit den Behörden zusammenarbeiten
Davon unabhängig kooperiere man auch im aktuellen Fall mit den Behörden, hieß es am Freitag von Daimler. Bedeutet: Daimler wird die Rückrufe umsetzen und betroffene Kunden informieren, bleibt aber bei seiner Sichtweise. "Der Klärungsprozess mit dem KBA im Hinblick auf Funktionalitäten der Motorsteuerung bei Diesel-Fahrzeugen von Mercedes-Benz ist aus Sicht des Unternehmens weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen", hieß es. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass das KBA weitere Anordnungen erlassen werde.
Im Zusammenhang mit der Anordnung zum GLK hatte Daimler nach eigenen Angaben bereits darüber informiert, dass die beanstandete Funktionalität in verschiedenen Baureihen enthalten ist, und eine Prüfung angekündigt. Daimler selbst habe die Funktionsweise der Abgasreinigung dem KBA bereits im Mai 2018 vorgestellt und sie anschließend seit Sommer 2018 in weiteren Besprechungen eingehend erläutert.
Im September verhängte die Staatsanwaltschaft ein Bußgeld in Höhe von 870 Millionen Euro gegen Daimler. Grund war eine fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht in einer mit der Fahrzeugzertifizierung befassten Abteilung. Diese führte nach Feststellung der Staatsanwaltschaft dazu, dass die Dieselfahrzeuge Genehmigungen erhielten, obwohl der Ausstoß von Stickoxiden bei den Autos teilweise nicht den Vorschriften entsprach.
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