Rekordgewinn bei Siemens trotz Wirtschaftskrise
Mehr als zehn Milliarden Euro Gewinn inmitten einer schwächelnden Konjunktur: Siemens trotzt der Krise mit Rekordzahlen, strategischem Umbau und ehrgeizigen Plänen für die Zukunft.
"Zum dritten Mal in Folge haben wir einen Rekord beim Gewinn nach Steuern erzielt und sind sowohl bei Auftragseingang als auch bei den Umsatzerlösen im mittleren einstelligen Prozentbereich gewachsen." - Siemens-Konzernchef Roland Busch sprach angesichts der Zahlen von einem Meilenstein.
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Was steckt hinter dem Rekordergebnis von Siemens?
Während viele Industriekonzerne angesichts globaler Unsicherheiten unter Druck geraten, glänzt Siemens mit einem historischen Abschluss: Im abgelaufenen Geschäftsjahr meldet der Münchner Konzern einen Gewinn nach Steuern von 10,4 Milliarden Euro. Damit übertrifft Siemens den Vorjahreswert um satte 16 Prozent – und schreibt damit das dritte Rekordjahr in Folge.
Getrieben wurde das Ergebnis vor allem durch zwei starke Impulse: Einerseits der milliardenschwere Sondereffekt aus dem Verkauf der Sparte Innomotics, der bereits im ersten Quartal mit einem Kapitalzufluss von 3,1 Milliarden Euro verbucht wurde. Andererseits ein starkes Geschäft der Sparte Smart Infrastructure, die ihre Rolle als Wachstumsmotor erneut unter Beweis stellte.
Auch das zuletzt schwächelnde Segment Digital Industries zeigt erste Erholungstendenzen. Im vierten Quartal konnte die Sparte mit der Automatisierungstechnik leicht zulegen.
Welche Rolle spielt Siemens Healthineers?
Ebenfalls ertragsstark: die Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers. Sie trug signifikant zum Konzerngewinn bei. Dennoch verfolgt Siemens hier eine klare Trennungslinie. Künftig will der Konzern seinen Anteil an Healthineers deutlich senken – von derzeit 67 Prozent um rund 30 Prozentpunkte. Das Aktienpaket im Wert von rund 15 Milliarden Euro soll an die Aktionäre abgegeben werden.
Hintergrund ist die strategische Neuausrichtung beider Unternehmen. Die Digitalisierung im Gesundheitssektor entwickle sich in einem anderen Tempo als in der Industrie, so die Begründung aus dem Vorstand. Die Folge: Siemens und Healthineers entfernen sich inhaltlich immer weiter voneinander. Mit der Reduzierung der Beteiligung soll Healthineers mehr Flexibilität für den Fokus auf schnell wachsende Märkte erhalten.
Was bedeutet „One Tech Company“ für die Zukunft?
Gleichzeitig wird Siemens auch intern umgebaut. Mit dem Programm „One Tech Company“ soll der Konzern agiler werden und seine Innovationskraft steigern. Ein zentraler Hebel: die Vereinheitlichung von Entwicklungsprozessen, insbesondere in der Software.
Aktuell nutzen die rund 30.000 Software-Entwickler im Unternehmen etwa 900 verschiedene Versionen von Entwicklungsprogrammen. Diese hohe Fragmentierung soll massiv reduziert werden – auf einige Dutzend standardisierte Werkzeuge. Ziel ist es, die Produktivität signifikant zu steigern und Entwicklungszyklen zu verkürzen.
Darüber hinaus will Siemens das Digitalgeschäft bis 2030 verdoppeln und seine Marktposition in strategisch relevanten Regionen wie den USA, China und Indien stärken.
Warum investiert Siemens in KI – und wo?
Mit einem Investitionspaket von einer Milliarde Euro setzt Siemens zudem auf industrielle Künstliche Intelligenz. Diese Mittel sollen in den nächsten drei Jahren fließen, wobei ein Großteil davon an der US-Westküste eingesetzt werden soll.
Im Vergleich zu den milliardenschweren Budgets von US-Tech-Giganten wirkt die Summe überschaubar. Doch Siemens verfolgt einen anderen Ansatz: Es geht nicht um teure Rechenzentren, sondern um konkrete industrielle Anwendungen. Gefragt ist ein innovationsfreundliches Umfeld – das, so die Einschätzung, sei in den USA gegeben.
Welche Risiken sieht das Management?
Trotz aller Erfolge bleibt der Blick in die Zukunft verhalten. Die Prognose für das neue Geschäftsjahr fällt vorsichtig aus. Grund ist unter anderem der schwache Dollar, der laut Finanzchef Ralf P. Thomas als „starke Bürde“ gesehen wird.
Beim Gewinn pro Aktie peilt Siemens für das laufende Geschäftsjahr denselben Korridor an wie im Vorjahr – allerdings ohne Sondereffekte wie den Verkauf von Innomotics. Damit dürfte ein erneuter Rekordgewinn zunächst außer Reichweite bleiben.
Wie reagiert der Kapitalmarkt?
Trotz der starken Zahlen zeigte sich die Börse unbeeindruckt. Die Siemens-Aktie verlor am Tag der Veröffentlichung mehr als drei Prozent und war damit der größte Verlierer im DAX.
Der Kursrückgang spiegelt offenbar die Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Dynamik im Kerngeschäft und die vorsichtige Prognose wider. Dennoch bleibt Siemens einer der stärksten industriellen Player mit globaler Reichweite – und einer klaren strategischen Ausrichtung.
Mit Material von dpa
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Siemens
Wie hoch war der Gewinn von Siemens im Geschäftsjahr?
Der Gewinn nach Steuern lag bei 10,4 Milliarden Euro, ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Was war der Haupttreiber für den Rekordgewinn?
Wesentliche Faktoren waren der Verkauf der Innomotics-Sparte und starke Ergebnisse der Smart Infrastructure.
Warum reduziert Siemens den Anteil an Healthineers?
Siemens will Healthineers mehr strategische Eigenständigkeit ermöglichen und sich selbst stärker auf industrielle Kernbereiche fokussieren.
Wofür steht das Projekt „One Tech Company“?
Es handelt sich um ein internes Transformationsprogramm zur Vereinfachung von Entwicklungsprozessen und zur Steigerung der Effizienz.
Wie viel investiert Siemens in Künstliche Intelligenz?
Geplant sind Investitionen von 1 Milliarde Euro über drei Jahre, vor allem in den USA, fokussiert auf industrielle KI-Anwendungen.