Digitalisierung, Industrie 4.0 oder die Klimadebatte sorgen in produzierenden Betrieben für Unsicherheit. Mitarbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze. Chefs haben Angst, in disruptiven Märkten den Anschluss zu verpassen. Change-Management-Methoden sollen dabei helfen, die Organisation anzupassen und dabei die Belegschaft mitzunehmen.

Digitalisierung, Industrie 4.0 oder die Klimadebatte sorgen in produzierenden Betrieben für Unsicherheit. Mitarbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze. Chefs haben Angst, in disruptiven Märkten den Anschluss zu verpassen. Change-Management-Methoden sollen dabei helfen, die Organisation anzupassen und dabei die Belegschaft mitzunehmen. (Bild: relief - stock.adobe.com)

In den letzten Jahren haben wir einige spektakuläre Veränderungen auf dem Unternehmensmarkt beobachten können, und das Change-Management war dabei zweifellos ein maßgeblicher Faktor.

Nehmen wir zum Beispiel die digitale Transformation: Unternehmen auf der ganzen Welt haben in Rekordzeit neue Technologien und Arbeitsmethoden eingeführt. Ohne eine solide Change-Management-Strategie wäre das nahezu unmöglich gewesen. Doch das Change Management ist nicht nur ein Werkzeug für große, tiefgreifende Veränderungen. Es spielt auch eine entscheidende Rolle bei kleineren, alltäglichen Anpassungen.

„Eine strategische Neuausrichtung, das Optimieren von Prozessen oder ein Wechsel in der Geschäftsführung sind die häufigsten Veränderungen, die in Unternehmen anstehen“, sagt Stefan Bald, Change-Management-Experte bei Dr. Kraus und Partner in Bruchsal.

Scheitern Change-Projekte, ließe sich das vor allem auf zwei Ursachen zurückführen: Mitarbeiter sind zu spät und nicht ausreichend informiert worden. Ziele und Visionen eines Unternehmens konnten nicht an die Belegschaft vermittelt werden. Spätestens dann holen sich viele Unternehmer externe Unterstützung ins Haus.

Schnelles Wachstum hängt Mitarbeiter ab

So wie Nina Zwiebelhofer: „Als mein Vater vor fünf Jahren plötzlich starb, ist die Firma in eine Art Schockzustand gefallen“, erinnert sich die Geschäftsführerin der König Metall Gruppe. Das blech- und rohrverarbeitende Unternehmen ist mit weltweit mehr als 1.000 Mitarbeitern in sechs Ländern vertreten.

Die Kunden kommen vorwiegend aus der Automobilindustrie und dem Maschinenbau. Durch den Verlust des charismatischen Firmenchefs, verbunden mit einem rasanten Unternehmenswachstum, schien das Vertrauen der Mitarbeiter in ihren Arbeitgeber stark gesunken zu sein. „Es war, als hätte unser Betrieb seine Identität verloren.“

Eine Befragung der Belegschaft brachte schließlich zum Vorschein, wie schlecht die Stimmung unter den Mitarbeitern wirklich ist. Die meisten hatten zusätzlich das Gefühl, nicht mehr über alles informiert zu werden. Zwiebelhofer und ihre Geschäftsführungskollegen wollten das ändern und mit den Mitarbeitern gemeinsam herausfinden, wofür König Metall steht. „Uns war dabei ein Blick von außen wichtig und ein Experte, der die hochgekommenen Themen mit uns analysiert und notwendige Veränderungen einleitet“, so die Unternehmerin.

Veränderungsprozesse lösen Ängste aus

Erfahrener Change-Management-Experte: Stefan Bald.
Erfahrener Change-Management-Experte: Stefan Bald. (Bild: Kraus & Partner)

„Schnelles Wachstum führt bei vielen Betrieben dazu, dass sie sich neu strukturieren müssen. Dabei bleibt nicht selten eine zuvor offene, wertschätzende Unternehmenskultur auf der Strecke“, weiß Stefan Bald. Bei einem neuen Auftrag geht der Consultant zunächst durch die Betriebshallen, um einen Eindruck von der Stimmung zu gewinnen. „Wie ein soziales System tickt, zeigt sich am besten in Raucherecken oder in der Kantine.“

Gemeinsam mit dem Management der König-Metall-Gruppe führte Bald Workshops mit den Angestellten durch. So kam zutage, was vorher nur unterschwellig rumorte: Mitarbeiter, die Bleche für Abgasströme herstellen, bangten durch die aufkommende E-Technologie in der Automobilindustrie um ihren Arbeitsplatz. Einige Kollegen fürchteten den Verkauf des Unternehmens.

„Wenn Berater ins Haus kommen, haben Mitarbeiter zudem häufig Angst, dass ihnen ein neues Konzept einfach übergestülpt wird“, sagt Stefan Bald. Sein Ansatz sei jedoch ein anderer: „Mir geht es darum, gemeinsam mit den Betroffenen Lösungen zu finden.“

Kommunikation statt Information beseitigt Widerstände

Während viele Unternehmensleiter der Meinung sind, ihrer Informationspflicht mit per E-Mail versendeten, aufwändigen Präsentationen oder Town Hall Meetings nachgekommen zu sein, fühlen sich von Veränderungen Betroffene häufig abgehängt. „Mitarbeiter wollen Fragen stellen können, mitreden und sich positionieren“, klärt Stefan Bald auf. „Deshalb braucht es einen Austausch in beide Richtungen.“

Um Führungsebene und Belegschaft ins Gespräch zu führen, nutzt der Wirtschaftspädagoge oft die K&P-Dialogbox: Halma-Kegel, Karten oder Legosteine sollen Teilnehmer spielerisch zu einer direkten Kommunikation anregen.

So lassen sich unterschiedliche Sichtweisen aufdecken und vorhandene Widerstände offenlegen. Ziel sei es, dass jeder Einzelne versteht, was er konkret zum Gelingen eines Veränderungsprozesses beitragen kann. „Das Ergebnis ist ein gemeinsames Verständnis, wie Herausforderungen miteinander gemeistert werden können“, so Bald.

Bei der König-Metall-Gruppe fühlen sich die Mitarbeiter inzwischen wieder mehr mitgenommen und haben verstanden, dass Ihre Meinung nicht nur erlaubt, sondern auch gewünscht ist. „Ganz perfekt sind wir noch nicht, aber wir können wieder besser miteinander reden und blicken zuversichtlich in die Zukunft“, so das Fazit von Nina Zwiebelhofer.

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FAQ zu Change-Management

Was ist Change-Management?
Change-Management bezeichnet verschiedene Methoden und Praktiken, die dazu dienen, Veränderungen in einer Organisation erfolgreich zu planen, zu steuern und umzusetzen. Dabei geht es nicht nur um die Veränderung als solche, sondern auch darum, die Mitarbeitenden richtig mitzunehmen.

Warum ist Change-Management wichtig?
Es geht darum sicherzustellen, dass Veränderungen effizient und effektiv durchgeführt werden. So können die Auswirkungen auf Mitarbeiter und Geschäftsprozesse minimiert und der gewünschte Nutzen maximiert werden.

Was sind die Hauptkomponenten des Change-Managements?
Zu den Hauptkomponenten gehören eine Änderungsstrategie, ein Änderungsmanagement-Team, Kommunikation, Schulung, Mitarbeiterbeteiligung und Überwachung des Fortschritts.

Welche Rolle spielen Führungskräfte im Change-Management?
Sie spielen eine entscheidende Rolle, da sie oft die Änderungen vorantreiben und den Ton für den Wandel setzen müssen. Die Führungskräfte sind verantwortlich für die Kommunikation der Notwendigkeit und Vorteile der Änderung, die Unterstützung der Mitarbeiter und die Sicherstellung, dass die Neuerung umgesetzt wird.

Wie misst man den Erfolg von Change-Management?
Ob eine Veränderung erfolgreich vollzogen wurde, kann mittels verschiedener Metriken gemessen werden. Dazu zählen die Mitarbeitendenzufriedenheit, die Beteiligung der Mitarbeitenden, die Zeit bis zur Umsetzung der Änderung und die Erreichung der mit der Änderung verbundenen Ziele.

Was sind die häufigsten Herausforderungen im Change-Management?
Dazu gehören beispielsweise der Widerstand gegen Veränderungen, mangelnde Kommunikation und unzureichende Führung. Auch mangelnde Klarheit über die Gründe für die Veränderung und mangelnde Ressourcen für die Durchführung gehören zu gängigen Problemen.

Überarbeitet von Julia Dusold

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