Uwe Weiss ist seit 1999 CEO der Weiss GmbH. Der Diplom-Ingenieur Maschinenbau ist gleichzeitig Stiftungsratsvorsitzender der Weiss Technology Stiftung.

Uwe Weiss ist seit 1999 CEO der Weiss GmbH. Der Diplom-Ingenieur Maschinenbau ist gleichzeitig Stiftungsratsvorsitzender der Weiss Technology Stiftung. (Bild: Weiss)

Der Fachkräftemangel macht sich gerade sehr breit – wie stellen Sie sicher, dass Sie bei Weiss noch an die richtigen Leute kommen?

Uwe Weiss: Aufgrund der Marktsituation schöpfen wir unser internes Potenzial aus und setzen schon bei Berufseinsteigern an. Die Themen Aus- und Weiterbildung sind für uns sehr wichtig. Unsere Lehrwerkstatt ist die modernste im Neckar-Odenwald-Kreis. Neben klassischen Stellenausschreibungen und persönlicher Ansprache sind natürlich Social Media, Messen, Printkampagnen oder Video-Walls wichtige Recruiting-Kanäle.

Während wir bei Büroangestellten dank „New Work“ eine viel größere Flexibilität anbieten können, suchen wir gerade für die Bereiche Produktion und Logistik nach neuen Arbeitsmodellen und Möglichkeiten. Das erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Offenheit.

Was zieht besonders bei jüngeren Kollegen und wie halten Sie die älteren Kollegen?

Weiss: Das möchte ich ungern in die Stereotypen „jung“ und „alt“ unterscheiden. Wie wir als Unternehmen anerkennen, dass jeder Kunde individuelle Anforderungen hat, so hat auch jeder Mitarbeiter seine eigenen Bedürfnisse. Diese gilt es zu erfüllen. Das ist insbesondere für die Führungskräfte herausfordernd. Daher arbeiten wir verstärkt an dieser Facette der Führungskräftequalifikation.

Flexibilität ist ein großes Stichwort. So wie das Unternehmen Weiss eine gewisse Flexibilität erwartet, so flexibel gehen wir auf kurzfristige Bedürfnisse der Mitarbeiter ein. Ein wichtiger Aspekt ist die Kollegialität innerhalb der Abteilungen. Da bin ich sehr froh, ein entsprechend gutes Team zu haben.

Podcast: Deguma-Chefinnen über New Work im Maschinenbau

Sorgt die internationale Arbeitsteilung für Erleichterung bei der Stammbelegschaft und sehen Sie die Verlagerung von Tätigkeiten auch als probates Mittel für die Zukunft?

Weiss: Local for Local heißt für Weiss näher an Markt und Kunde zu sein. Genauso wie hier in Deutschland beziehungsweise Europa streben wir eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit in allen regionalen Märkten an. Mit einer internationalen Arbeitsteilung schaffen wir uns Kapazitäten, um neue Märkte optimal zu erschließen.

Ein Erfolgsbeispiel ist unsere Tochter in den USA. Aus definierten Baugruppen, die aus Deutschland geliefert werden, entstehen vor Ort die Produktvarianten. Das verkürzt den Gesamtprozess und hat positive Kosteneffekte. Zusätzlich kompensieren wir durch ein lokales Application Engineering Verzögerungen aufgrund der unterschiedlichen Zeitzonen.

Wichtig ist, dass Kunden sich weltweit auf unsere Zuverlässigkeit, Qualität und Präzision verlassen können. Um diese Anforderungen an uns selbst zu erfüllen, ist eine global enge Zusammenarbeit wichtig. In den vergangenen zwölf Monaten waren mehrfach indische und polnische Kollegen aus dem technisch-gewerblichen Bereich, der Arbeitsorganisation und dem Engineering in Buchen. Es finden Schulungen und Projektbesprechungen statt. Gleichzeitig reisen Mitarbeiter von hier aus in die Länder. Vieles ist zwar digital möglich, doch der persönliche Kontakt ist uns wichtig.

Was erwarten Sie eigentlich von einem zeitgemäßen Bildungssystem – wie würden Sie den Status quo ändern?

Weiss: Im Bereich Bildung wäre eine noch stärkere Kooperation mit den Unternehmen wünschenswert. Wir sollten stärker als bisher die Möglichkeiten der Arbeitswelt, die unterschiedlichen Berufe, die darin enthaltenen Aufgaben und das dazu nötige Wissen darstellen. Grundsätzlich fehlt es nach wie vor an Digital- beziehungsweise Medienkompetenz. Das sind Basics des Arbeitslebens, die in der Schule nicht immer ausreichend vermittelt werden. Es gibt Defizite bei Naturwissenschaften und Technik. Sich selbst zu reflektieren, das Eigen- und Fremdbild zu erfassen und daraus Handlungen abzuleiten, sind im Berufsleben erfolgskritische Fähigkeiten.

Einen Vorteil sehe ich nach wie vor in der Durchlässigkeit des Schulsystems. Ein Wechsel zwischen den einzelnen Schulformen ist möglich und auf einem erworbenen Abschluss kann jederzeit aufgesetzt werden. Für uns bei Weiss sind Interesse, Lernbereitschaft und die Bereitschaft, sich zu entwickeln, mindestens genauso wichtig wie Abschlussnoten. Wenn nicht sogar wichtiger.

Überhaupt die Qualität der Bewerber: Sehen Sie hier große Unterschiede zu früher?

Weiss: Die Schwerpunkte liegen heute woanders als früher. Früher war die Schulbildung rein auf technische Kompetenz ausgelegt. Heute begegnet uns eine große Bandbreite. Teilweise präsentieren sich fachlich schwache Bewerber überaus gut, während sich absolute Experten im Gespräch schwertun. Wir sehen vermehrt Quereinsteiger und geben diesen gern eine Chance, wenn wir im Bewerbungsprozess erkennen, dass der Wille da ist und die Grundlagen stimmen.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION freuen sich, wenn Sie auch 2025 in Berlin dabei sind!

 

Hier geht es zur Website des Maschinenbau-Gipfels.

Haben Sie Ihr Recruiting bereits internationalisiert?

Weiss: Da wir einen hohen Anteil an gewerblichen Mitarbeitern haben, setzen wir auf nationales Recruiting. Was wir jedoch verstärkt tun und weiter ausbauen, ist der Austausch von Mitarbeitern. Gerade zum Beispiel, weil wir Arbeitsprozesse lokalisieren. Im Sommer haben wir in Malaysia ein neues Vertriebsbüro eröffnet. Hier setzen wir auf ein lokales Management. Marktkenntnis ist das A und O, wenn wir die Bedürfnisse der Kunden verstehen wollen. Bei den Weiss internen Prozessabläufen erfolgt selbstverständlich eine enge Zusammenarbeit mit dem Headquarter.

Odenwald: Standortvorteil oder Standortnachteil?

Weiss: Der Neckar-Odenwald-Kreis ist bei weitem nicht mehr die strukturschwache Region, für die er jahrzehntelang gehalten wurde. Er gehört zur wirtschaftlich interessanten Metropolregion RheinNeckar. Die Entwicklung der DHBW Mosbach ist sehr positiv. Heilbronn mit seiner Hochschulwelt, der Programmierschule 42 und dem Zukunftspark Heilbronn sind in unmittelbarer Nähe zu uns. Infrastrukturell partizipieren wir hier.

Dennoch ist das Finden der geeigneten Fachkräfte heute und zukünftig ein Thema. Als Automationsspezialist ist Weiss sehr attraktiv. Automatisierung, Robotik, Digitalisierung haben eine hohe Anziehungskraft. Da gibt es interessante Aufgaben für IT-Spezialisten, Ingenieure, Business Development und für Mitarbeiter in der Produktion.

Durch Aufgabenvielfalt und Flexibilität schaffen wir es zum Beispiel, Führungskräfte von deutlich größeren Unternehmen und Konzernen zu überzeugen. Wir haben Menschen aus anderen Branchen für uns begeistert oder Mitarbeiter mit weiten Anfahrtswegen aus Stuttgart, München oder Frankfurt. Wir gehen diesen Weg konsequent weiter, entwickeln uns weiter. In allen Bereichen nutzen wir die positiven Effekte, die die Entwicklung der Region und die Digitalisierung mitbringen.

(Bearbeitet von Anja Ringel.)

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