Präzisionswerkzeuge von Seco Tools aus der JM100-Reihe

Der Präzisionswerkzeug-Branche drohen auch 2020 Kurzarbeit und Personalabbau. Mit einem Ende der Auftragsflaute rechnet der Branchenverband VDMA Präzisionswerkzeuge frühestens ab Mitte des Jahres. - (Bild: Seco Tools)

Es ist weiterhin kein Wachstum in Sicht in der Werkzeug-Branche: Im Jahr 2019 ging die Produktion von Präzisionswerkzeugen in Deutschland um 7 Prozent zurück, meldet der VDMA Präzisionswerkzeuge. Schuld daran: die Konjunkturabkühlung, Handelskonflikte sowie der Strukturwandel und generelle Investitionszurückhaltung in der Automobilindustrie.

Besonders der deutsche und der chinesische Markt entwickelten sich wesentlich schlechter als erwartet. Auch in den USA blieb das Geschäft insgesamt unter dem Vorjahresniveau, auch wenn die Zerspanungswerkzeuge und Spannzeuge ein leichtes Wachstum verzeichnen konnten.

Die beiden wichtigsten Abnehmerbranchen Automobil- und Maschinenbau nahmen 2019 insgesamt weniger Werkzeuge ab, als im Vorjahr. Wohingegen die Umsätze im Bereich der Luftfahrt und der Medizintechnik etwas zunahmen.

Was sind die konjunkturellen Aussichten für 2020?

Für 2020 rechnet der VDMA Präzisionswerkzeuge insgesamt noch nicht mit einer Rückkehr des Wachstums. Dennoch schätzt der Verband, dass die Nachfrage im zweiten Halbjahr 2020 wieder anziehen könnte, unter anderem da die Automobilindustrie erste Signale für einen Anstieg der Produktion im Laufe des Jahres andeutet. Doch die Aussicht für das wichtige Geschäft mit der Erstausrüstung von Werkzeugmaschinen sind schlecht, weshalb die Unsicherheit bleibt.

Dementsprechend verschieden sind auch die wirtschaftlichen Ausblicke der einzelnen Teilbranchen: Im Bereich der Zerspanungswerkzeuge rechnet der VDMA mit einem Absatzrückgang von 5 Prozent, die Spannzeug-Hersteller und Werkzeugbauer mit einem weiteren Umsatzrückgang von jeweils 7 Prozent. Die Unterschiede resultieren vor allem aus der unterschiedlich stark ausgeprägten Abhängigkeit von der Automobilindustrie und Maschinenbau-Branche. Auch die Wachstumschancen in anderen, wachsenden Branchen differieren stark.

Produktionswerte der in Deutschland hergestellten Präzisionswerkzeuge von 2008 bis 2020
So haben sich die Produktionswerte der in Deutschland hergestellten Präzisionswerkzeuge von 2008 bis 2019 entwickelt. Die Prognose für 2020 beträgt 9,8 Milliarden Euro. - Grafik: VDMA Präzisionswerkzeuge

Noch auffälliger sind die Unterschiede bei den einzelnen Unternehmen – wer hauptsächlich die Medizintechnik-Branche beliefert hat momentan gute Karten, hier ist sogar ein leichtes Wachstum möglich. Wer allerdings hauptsächlich Maschinen- und Automobilbauer als Kunden hat, muss sich auf einen Umsatzeinbruch einstellen.

Während für die einen die aktuelle Phase nur ein Konjunkturabschwung ist, ist sie für andere eine Gefährdung der Existenz: „Für einige Unternehmen unserer Branche ist die derzeitige wirtschaftliche Phase bereits eine echte Krise und für manche sogar existenzbedrohend“, Stefan Zecha, Vorsitzender VDMA Präzisionswerkzeuge.

Welche Auswirkungen hat die Flaute auf Unternehmen und deren Beschäftigte?

Einige der von der Konjunkturflaute betroffenen Unternehmen mussten bereits 2019 erste Maßnahmen ergreifen, 2020 wird sich dies weiter fortsetzen. "Aktuell fährt der überwiegende Teil der Branche noch Zeitkonten zurück", sagt Stefan Zecha. "Bei vielen Unternehmen ist aber bereits Kurzarbeit zumindest in Planung."

Dies bestätigt auch Gerhard Knienieder, Vorsitzender der VDMA-Fachabteilung Gewindewerkzeuge: "Nur noch jedes fünfte Unternehmen agiert mit normalen Arbeitszeiten. Aktuell ist das Instrument der Stunde die Rückführung von Arbeitszeitkonten. Aber einige Unternehmen mussten auch schon Ende 2019 mit Kurzarbeit operieren." Ein erheblicher Anteil der Branche gehe sogar davon aus, dass der Personalbestand zumindest leicht reduziert werden müsse.

Auch im Bereich des Werkzeugbaus sieht es ähnlich – wenn auch etwas weniger dramatisch – aus, wie der Vorsitzende des VDMA Werkzeugbaus, Marco Schülken, berichtet: "Auch im Werkzeugbau reduziert im Moment rund die Hälfte der Unternehmen ihre Arbeitszeitkonten. In diesem Jahr wird auch hier Kurzarbeit ein Thema werden bzw. bleiben. Ein Personalabbau wird tendenziell in weniger Betrieben erwartet als in den anderen beiden Teilbranchen, aber auch im Werkzeugbau wird man voraussichtlich den heute erreichten Beschäftigungsstand nicht halten können."

Stefan Zecha, Gerhard Knienieder und Marco Schülken vom VDMA Präzisionswerkzeuge
Die Experten des VDMA Präzisionswerkzeuge (v.l.n.r.): Stefan Zecha, Vorsitzender des VDMA Präzisionswerkzeuge, Gerhard Knienieder, Vorsitzender der Fachabteilung Gewindewerkzeuge und Marco Schülken, Vorsitzender VDMA Werkzeugbau. - (Bild: VDMA Präzisionswerkzeuge)

Trotz negativer Aussichten sei diese Schwächephase aber auch eine Chance für Präzisionswerkzeuge-Hersteller: "Wir haben den Vorteil, dass Werkzeuge den Kunden die Möglichkeit geben, Produktionsgewinne mit überschaubaren Kosten zu erzielen", erläutert Stefan Zecha. "Das ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten höchst attraktiv und führt dazu, dass die Konjunkturausschläge in der Präzisionswerkzeuge-Industrie insgesamt verhältnismäßig klein ausfallen." Daher gilt es sich den aktuellen Technik-Trends zu stellen und passende Lösungen zu entwickeln.

Welchen Technik-Trends muss sich die Präzisionswerkzeuge-Branche 2020 stellen?

Vor allem im Bereich der Zerspanungswerkzeuge tut sich momentan viel: Da ist beispielsweise die weiterhin fortschreitende Automatisierung, die besondere Ansprüche an die Werkzeuge stellt. Sie müssen hochwertiger werden, um ihrem digitalen Zwilling zu entsprechen. Auch neue Materialien sind auf dem Vormarsch, zum Beispiel bleifreie Metalllegierungen, die wesentlich härtere Schneiden an den Werkzeugen erforderlich machen.

Und natürlich bringt die Mobilitätswende neue Anforderungen an die Werkzeuge mit sich, wie dieser Bericht über den Umgang der Werkzeug-Hersteller mit der Elektromobilität zeigt.

Im Bereich der Spannzeuge sehen die Herausforderungen etwas anders aus. Hier geht der Trend vor allem in Richtung Mikrozerspanung. Immer kleinere Maschinenräume und die Miniaturisierung von Werkstückkomponenten erfordern ebenfalls kleinere Werkzeugeinheiten beim Spannen der Werkstücke und sehr kleine Spannwerkzeuge.

Es gilt aber nicht nur sich an die neuen Herausforderungen anzupassen, sondern es geht auch darum, neue Technologien zu nutzen. So halten die neuen Möglichkeiten der additiven Fertigung mehr und mehr Einzug in die Werkzeugbranche. Sie ermöglichen völlig neue Werkzeug-Geometrien und Bearbeitungsstrategien.

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