Der Hyperloop TT in Toulouse

Sieht futuristisch aus, ist aber kein Science Fiction: Der Hyperloop. - (Bild: Hyperloop TT)

Ende Juli dürften in München wieder einmal die Sektkorken geknallt haben. Zum vierten Mal in Folge gewann das WARR-Hyperloop-Team der Technischen Universität die von Elon Musk 2015 ins Leben gerufene SpaceX Hyperloop Pod Competition. Die Münchner Kapsel schoss mit 463,5 km/h durch die 1,6 km lange Röhre auf der Teststrecke bei Los Angeles.

Mit diesen Prototypen bringen die Studierenden – dieses Mal waren Teams von weltweit 21 Universitäten beteiligt – ein Transportsystem voran, das sich einmal zur klimafreundlichen Alternative zum Flugzeug auf der Mittel- und Kurzstrecke entwickeln soll. Mit dem Münchner Pod ließe sich beispielsweise die Fahrt auf der Strecke von München nach Hamburg auf rund 1 h und 15 min verkürzen.

Das war bereits 2019 und wieder Ende Juli - diesmal im Jahr 2023 - freute sich das Team der TUM über die Eröffnung der 'hauseigenen' Teststrecke, auch für den Personentransport.

Wie der Hyperloop funktioniert

Doch wie funktioniert der Hyperloop – ein Konzept, das SpaceX-Gründer und Tesla-Chef Elon Musk 2013 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert hatte? Es handelt sich dabei um einen überschallschnellen Zug, der in einer Art Rohrpostsystem mit Geschwindigkeiten von bis zu 1.200 km/h 'fliegt'.

Bei konventionellen Hochgeschwindigkeitszügen begrenzen Luftwiderstand und Rollreibung der Räder die Endgeschwindigkeit für einen wirtschaftlichen Betrieb. Bei Hyperloop minimiert ein Teilvakuum in den Transportröhren, bei dem der Luftdruck auf etwa ein Prozent der normalen Atmosphärenbedingungen abgesenkt wird, nahezu alle wesentlichen Verluste.

Dabei gleiten die Kapseln entweder auf Luftpolstern durch die Röhre oder schweben elektromagnetisch angetrieben hindurch. Die aktuellen Konzepte sehen vor, dass die Röhren auf Stelzen ruhen. Speziell in dicht besiedelten und bergigen Gebieten und aufgrund der großen Kurvenradien wird man jedoch nicht um die unterirdische Verlegung umhinkommen. Experten gehen davon aus, dass rund 50 Prozent der Infrastruktur unter der Erde verlaufen müsste.

Zukunftstechnologien verstehen!

Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!

 

Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".

 

Welche Technologien zum Einsatz kommen

Was für Laien wie eine utopische Lösung für die ferne Zukunft erscheint, ist für diejenigen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, zumindest aus technologischer Sicht durchaus beherrschbar. Man werde nicht daran scheitern, dass es unmöglich ist. Die Technologie existiere, man müsse sie zusammensetzen und vor allem an offenen Regulierungsfragen arbeiten, sagte Dirk Ahlborn, CEO von Hyperloop Transportation Technologies in einem Interview. Das US-amerikanische Unternehmen baut derzeit in Toulouse eine 320 Meter lange Strecke auf.

Auch für Dominik Härtl ist Hyperloop alles andere als eine Utopie oder Science Fiction. „Wir setzen in vielen Bereichen auf bekannte und teilweise etablierte Technologien wie Magnetschwebe- oder Vakuumtechnik. Diese werden lediglich nur auf neue Weise miteinander kombiniert“, sagt der Mitarbeiter der Geschäftsentwicklung beim niederländischen Unternehmen Hardt Hyperloop.

Teststrecke in den Niederlanden

Die Ausgründung der TU Delft betreibt dort eine 30 Meter lange Teststrecke in Originalgröße mit einem Rohrdurchmesser von 3 Metern. Damit lassen sich zwar keine großen Geschwindigkeiten umsetzen, jedoch die Testung „aller relevanten Komponenten des Hyperloopsystems, wie die Magnetschwebetechnik oder die Elektroantriebe“, merkt Härtl an.

Er verweist auf das typische Henne-Ei-Problem bei der Einführung neuer Technologien. Für die Tests seien erhebliche Investitionen vonnöten, diese Gelder würden jedoch nur bei entsprechenden technischen Entwicklungen fließen. „Deshalb wollen wir mit einem möglichst geringen Investitionsaufkommen möglichst viele Ergebnisse validieren“, betont Härtl.

Innenansicht einer Hyperloop-Röhre
Ab durch die Röhre: Mit dem Hyperloop können Menschen und Güter transportiert werden. - (Bild: Hardt Hyperloop)

Wo die technologischen Herausforderungen liegen

Wo genau die Hürden liegen, listet die gerade erschienene Studie „The Future of Hyperloop“ auf. Der vom niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Wassermanagement in Auftrag gegebene Report analysiert detailliert die einzelnen Teile eine Hyperloopsystems.

Für die Schwebeführung gelten die derzeit in Magnetschwebebahnen eingesetzte elektrodynamische (EDS) und elektromagnetische (EMS) Variante den Studienautoren der Uni Delft zufolge als die beiden vielversprechendsten Technologien. Die Eignung für die Arbeitsgeschwindigkeiten eines Hyperloops müssten beide Technologien jedoch noch nachweisen.

Bei den Elektroantrieben konkurrieren der Linear-Synchronmotor (LSM) und der Linear-Induktionsmotor (LIM) miteinander. Während der LIM die beste Leistung in Bezug auf Kosten und Zuverlässigkeit biete, hat der LSM dem Report zufolge Vorteile bei erreichbarer Geschwindigkeit und dem Energieverbrauch. Bei den druckfesten Transportkapseln empfehlen die Autoren eine Passagieranzahl von 50 und einen Poddurchmesser von 2,7 Metern, so dass pro Reihe drei nebeneinander liegende Sitze einschließlich eines Ganges möglich sind.

Fachkonferenz: Die CO2-neutrale Fabrik

Fachkonferenz: Die CO2-neutrale Fabrik
(Bild: mi conect)

Experten aus Wissenschaft, Forschung und Industrie tauschen sich jedes Jahr auf der Fachkonferenz CO2-neutrale Fabrik zu den aktuellen Themen rund um klimaneutrale Industrie aus.

 

Prof. Alexander Sauer hat 2023 einen Vortrag zum Thema "Defossilierung der Produktion" gehalten. Im Podcast Industry Insights hat er die wichtigsten Punkte zusammengefast. Hier klicken, um zur Folge zu kommen!

 

Weitere Beiträge, die sich mit den Themen der Konferenz beschäftigen, finden Sie in unserem Fokusthema CO2-neutrale Industrie. Hier geht's entlang!

 

Die nächste Fachkonferenz findet am 15. und 16. Mai 2024 in Würzburg statt. Hier kommen Sie zur Anmeldung: Fachkonferenz CO2-neutrale Fabrik

Wer gewährleistet die Sicherheit

Neben zahlreichen weiteren Aspekte wie Ausgestaltung des Vakuums, Werkstoffe für das Rohrsystem oder die passende Kommunikationstechnologie adressiert der Report vor allem das Thema Sicherheit, als wichtigsten Aspekt eines Hyperloop-Systems. Hier schlagen die Niederländer die Gründung einer europäischen Zertifizierungs-Agentur für die eingesetzten Komponenten vor.

Überhaupt treibt das Thema Standardisierung die Beteiligten ziemlich um. Ziel sei es, ein einheitliches System in Europa zu etablieren, betont Dominik Härtl. Die EU-Kommission unterstütze dies bereits. Und auch Dirk Ahlborn sieht hier besonderen Handlungsbedarf. Das größte Problem sei nicht die Technologie, sondern die Regulierung, da man Neuland betrete.

Innovation des Hyperloop ging schnell, Regulierungen nicht

Schließlich ist ein Hyperloop kein Flugzeug und auch kein Zug. Innovation könnten ganz schnell gehen, Regulierung brauche da etwas länger, so der Chef von Hyperloop TT. Entsprechend sieht Ahlborn hier großen Bedarf, hier intensiv mit der Politik zusammenzuarbeiten.

Auch Professor Walter Neu von der Hochschulen Emden/Leer und Oldenburg verweist darauf, unbedingt den Fehler zu vermeiden, den es bei der Eisenbahn mit den unterschiedlichen Schienenbreiten gab. Neu plädiert dafür, sich von Anfang an auf einen möglichst weltweit geltenden Standard zu einigen.

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Warum sich der Hyperloop für den Gütertransport eignet

Doch werden sich tatsächlich einmal Menschen in einer Röhre mit Geschwindigkeiten von 1200 km/h befördern lassen? Prof. Neu sieht zumindest anfangs die hohen Geschwindigkeiten nicht. Denn für Menschen wäre dies vergleichbar mit einem Katapultstart auf einem Flugzeugträger.

Das wolle man als Passagier nicht wirklich erleben. Deshalb setzen die aktuellen Pilotprojekte auch auf den Warentransport. Das was man dabei lerne, könne man später in der Personenbeförderung anwenden, erläutert Neu die Strategie. Auch bei Hardt Hyperloop setzt man bei der geplanten neuen Teststrecke auf kleinere Röhrendurchmesser und den Transport von Gütern.

Bei der Personenbeförderung sei man „noch nicht im Stadium, in dem dies relevant ist“, sagt Härtl. Aber auch die Teststrecke für den Warentransport werde man nicht ohne einen kommerziellen Produkthintergrund entwickeln, berichtet der Business Developer. Eine Option seien etwa Dienstleistungen im Bereich E-Commerce.

Porträt von Dirk Ahlborn, Chef von Hyperloop TT
Dirk Ahlborn, Hyperloop TT: „Innovation können ganz schnell gehen, Regulierung braucht da etwas länger.“ - (Bild: Hyperloop TT)

Wo entstehen die wichtigsten Teststrecken

Während die Niederländer noch nach einem passenden Standort für ihre Aktivitäten suchen, haben die Niedersachsen bereits eine spannende Alternative fest im Blick: die Nachnutzung der Transrapid-Teststrecke in Lathen. Die 1987 in Betrieb gegangene und 2011 stillgelegte Einrichtung soll zu einem europäischen Hyperloop Forschungs- und Technologiezentrum weiterentwickelt werden.

Die grob geschätzten Kosten für den Rückbau der rund 31 Kilometer langen Stelzenbahn sollen mit 40 Millionen Euro ungefähr denen für den Ausbau und den 10-jährigen Betrieb einer Hyperloop-Teststrecke entsprechen. Unter anderem in Anbetracht der zu erwartenden Genehmigungsverfahren bezeichnet Neu Lathen als weltweilt besten Standort.

Hamburger Hafen: Containertransport durch die Röhre

Doch auch anderswo auf der Welt gibt es Aktivitäten. So ließ einst die Vereinbarung des US-amerikanische Unternehmen Virgin Hyperloop One mit der Saudi Arabischen Regierung über den Bau einer 35 km langen Teststrecke in der Nähe der noch zu errichtenden Stadt der Zukunft 'King Abdullah Economic City' aufhorchen.

Bereits Ende 2018 haben Hyperloop TT und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ein Joint Venture gegründet, mit der Maßgabe, die Idee des Containertransports mittels Hochgeschwindigkeit durch eine Röhre voranzutreiben. Dirk Ahlborn ist sich sicher: „Gemeinsam werden wir ein Transportsystem entwickeln, das nicht nur auf Geschwindigkeit und Effizienz ausgelegt ist, sondern auch die Herausforderungen der Häfen im täglichen Betrieb berücksichtigt.“

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

Der Maschinenbau-Gipfel 2023 ist vorbei - hier können Sie die Highlights Revue passieren lassen:

 

Die Veranstalter des Maschinenbau-Gipfels, VDMA und PRODUKTION freuen sich, wenn Sie auch 2025 in Berlin dabei sind!

 

Hier geht es zur Website des Maschinenbau-Gipfels.

Hyperloop: Wie hoch der Energieaufwand ist

Sind die Vorbehalte auch noch so groß, viele Pluspunkte sammelt die Technologie auf jeden Fall beim Klimaschutz – ein Thema bei dem der Verkehrssektor besonders großen Nachholbedarf hat. Denn der Energieaufwand für die Fortbewegung ist äußerst gering.

Nachdem der Elektromotor das Fahrzeug auf seine Reisegeschwindigkeit gebracht hat, benötigt er nur noch einen Bruchteil der Energie, um diese Geschwindigkeit beizubehalten. Und beim Abbremsen lässt sich wie beim Elektroauto eine beträchtliche Menge an Energie zurückgewinnen.

Dominik Härtl bestätigt dies: „Der Energieaufwand für das Schweben des tonnenschweren Fahrzeugs liegt lediglich im Bereich einer Glühbirne.“ Hier schlägt auch das Vakuum nicht übermäßig zu Buche. Energieaufwändig ist dabei vor allem dessen Aufbau, für das Aufrechterhalten werde dagegen kaum Energie benötigt, so Härtl. „Man wird ja nicht stets das Vakuum rauf- und runterfahren“, erläutert er.

Optimismus verbreitet auf jeden Fall Dirk Ahlborn. Man baue mit dem Hyperloop ein System auf, das technologisch auf dem Stand des 21. Jahrhunderts beruht. Wenn man sich heute die Fern- und Nahverkehrsverbindungen auf der Schiene anschaue, sei das dort nicht so, sagte er kürzlich in einem Interview.

Kommerzielle Hyperloop Unternehmen im Jahr 2023

  • DGWHyperloop (Indien)
  • Hardt Global Mobility (Niederlande)
  • HyperloopTT (USA)
  • Hyper Poland (Polen)
  • TransPod (Kanada)
  • Virgin Hyperloop One (USA)
  • Zeleros (Spanien)

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