Verleihung Preis Deutscher Maschinenbau
Der 15. Preis Deutscher Maschinenbau geht an Hans Beckhoff
Mit Lösungen, die komplexe Automatisierung einfacher und effizienter machen, hat Hans Beckhoff dem Maschinen- und Anlagenbau das Leben erleichtert und dessen Digitalisierung vorangebracht. Für Erfindergeist und Engagement wird er mit dem Preis Deutscher Maschinenbau ausgezeichnet.
Maschinenbau-Ehre für PC-Steuerungs-Pionier: Hans Beckhoff vom gleichnamigen Unternehmen wurde gestern Abend mit dem Preis Deutscher Maschinenbau ausgezeichnet.
(Bild: Anna McMaster)
Was macht Beckhoff zur Ikone des Maschinenbaus?
„Mit seiner Idee der PC-basierten Steuerungstechnik hat Hans Beckhoff nicht einfach nur eine technische Innovation geliefert – er trug entscheidend dazu bei, dem Maschinenbau den Weg in das digitale Zeitalter zu ebnen. Und zwar nicht theoretisch, sondern ganz praktisch. Sein Prinzip: Standardhardware, offene Schnittstellen, maximale Flexibilität – das war ein Befreiungsschlag für viele Maschinenbauer, gerade im Mittelstand“, würdigte Claus Wilk, Chefredakteur der „Produktion“ und Laudator den Preisträger bei der feierlichen Abendveranstaltung des VDMA auf dem Maschinenbau-Gipfel in Berlin. Der Preis zeichnet nicht nur einzelne Leistungen, sondern ein ganzes Lebenswerk und außergewöhnliches Engagement aus.
Hans Beckhoff äußert sich nach dem Preisgewinn
Moderatorin Ursula Heller fragte nach der Laudatio noch einmal genau nach: „Claus Wilk hat erzählt, dass Sie eigentlich Rockstar werden wollten, wir hätten hier das Equipment – wie wäre es mit ‚Smoke on the Water‘?“. Beckhoff winkte lachend ab – das hätte er in seinem Leben höchstens drei Menschen erzählt. Als frischgebackener Großvater sagte Hans Beckhoff: „Ein Preis des deutschen Maschinenbaus, das ist schon was. Aber Opa zu werden ist besser!“ Abschließend wollte die Gipfel-Moderatorin noch wissen, ob Beckhoff das Geheimnis seiner Haarpracht erklären könne. „Nun ja, ich wollte ja Rocksänger werden“, antwortete der Preisträger trocken unter tosendem Applaus. „Ich möchte mich bedanken, dass ich diesen Preis bekommen habe, das ist mir eine große Ehre – auch weil es ein Preis von Maschinenbauern für einen Automatisierer ist. Der Preis drückt aus, dass wir nicht alles falsch gemacht haben!“ Beckhoff sagte auch, er würde nie hier auf der Bühne stehen, wenn es seine Firma und Mitarbeiter nicht gäbe, die eine gute und eingeschworene Gemeinschaft seien.
Dann bedankte sich Beckhoff noch bei seinen Eltern: „Ich hatte das Glück, dass ich schon früh Venture Capital hatte und Investoren, die an mich geglaubt haben – meine Eltern.“ Sie hätten damals jedoch nicht das Venture Capital verbrannt, wie man es heute tun müsse, sondern es genutzt und in zwei Jahren schwarze Zahlen geschrieben. „Der Kanzler hat das Sondervermögen. Er ist ja Sauerländer, das ist nicht weit von Ostwestfalen: Daher hoffe ich, dass er es nicht verbrennt, sondern auch nach zwei Jahren profitabel ist“, scherzte Beckhoff noch. Doch eigentlich könne die Politik nur Rahmenbedingungen setzen. „Für den eigentlichen Erfolg von Deutschland sind wir einfach selber verantwortlich!“, sagte Beckhoff unter Jubel in die Runde der 950 Maschinenbauer.
Wie entstand die erste PC-basierte Steuerung?
Als Pionier in der PC-Control-Technologie setzte Hans Beckhoff auf den Einsatz von Standard-PCs als Steuerung für Maschinen und Anlagen, um teure und proprietäre Ansätze durch offene, flexible IT-basierte Steuerungen abzulösen. Beckhoff brachte 1986 die erste PC-basierte Steuerung auf den Markt und gilt damit als Erfinder dieser Technologie. Dann folgten in regelmäßigen Abständen weitere Innovationssprünge: 1989 mit dem Lightbus einer der ersten optischen Feldbusse in der Industrie, 1995 modulare I/O-Busklemmen, die verschiedene Feldbusse flexibel anbindbar machten und heute noch als Industriestandard gelten. Später folgten etwa Ethercat als Standard für Hochleistungs-Echtzeit-Ethernet oder das MX-System als modulare Automatisierungslösung, mit der sich Maschinen und Anlagen ohne klassischen Schaltschrank betreiben lassen.
Für Standardisierung und Offenheit
Schon in seinem Physikstudium mit Schwerpunkt Kern- und Teilchenphysik war es dem gebürtigen Ostwestfalen wichtig, im Labor den praktischen Nutzen des Gelernten zu erproben. Als er durch die Erkrankung des Vaters nach Verl zurückgerufen wurde, nahm seine Karriere einen ungeplanten Verlauf. So startete er aus einem Nebengebäude seines Elternhauses heraus – wie in vielen Bastler-Stories, die in Garagen beginnen – sein Unternehmen als Systemintegrator für High-End-Maschinen.
Mit seiner Fähigkeit, visionäre Ideen in wirtschaftlichen Erfolg zu verwandeln, konnte er sein Unternehmen zu einem führenden Technologiehersteller im Bereich der Automatisierungstechnik entwickeln. Heute sind rund 5.300 Mitarbeitende für Beckhoff New Automation Technology tätig, darunter rund 2.000 Ingenieurinnen und Ingenieure an 41 Standorten weltweit und der Zentrale in Verl. Im letzten Jahr erwirtschaftete das Unternehmen 1,17 Milliarden Euro.
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Drang zur kontinuierlichen Innovation
Für seine Leidenschaft zur Innovation wurde Beckhoff bereits mit der Rudolf-Diesel-Medaille für Erfindergeist und Innovationskraft ausgezeichnet. „Sie haben bewiesen, dass Innovation nicht im Elfenbeinturm entsteht, sondern in Werkstätten, auf Messen, im Dialog mit Menschen“, so Wilk.
Zur zentralen Vision gehört für den Unternehmer auch weiterhin, neben der evolutionären Weiterentwicklung des Produktportfolios alle fünf bis sieben Jahre eine revolutionär neue Technologie vorzustellen. Um neue Ideen frühzeitig aufzugreifen, ist es aus Beckhoffs Sicht entscheidend, eng mit den Kunden zusammenzuarbeiten und gut zuzuhören. Nur so könnten die besten Lösungen gefunden werden. Automationstechnologie ist aus Beckhoffs Sicht eine „weltweite Kultur“, in der man mittels einer gemeinsamen Sprache schnell ins Gespräch komme.
Wertebasierte Kultur und soziales Engagement
Laudator Claus Wilk lobte aber auch Beckhoffs Unterstützung für die Region, unter anderem beim Drittliga-Fußballverein Verl, bei Kindergarten, Musikschule und Kulturförderung. Insbesondere wurde Beckhoffs Haltung gewürdigt, die zeige, dass sich Technologie und Menschlichkeit sich nicht ausschließen und eine Unternehmenskultur, bei der man sich auf Augenhöhe begegnet. „Sie haben nicht nur eine Firma aufgebaut. Sie haben einen Ort geschaffen, an dem Denken erwünscht ist. An dem Ideen wachsen dürfen. An dem der Mensch zählt“, so Wilk.
überarbeitet von: Dietmar Poll